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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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verbrachten einen Tag in einem Mossad-Unterschlupf in der Stadt Ramat Gan, etwas außerhalb von Tel Aviv. Mossad-Angestellte, die einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden waren, kochten Kaffee, servierten Mahlzeiten und patrouillierten durch den Garten mit Revolvern unter den Jacken. Am Morgen unterhielt Dickstein sich mit einem jungen Physikdozenten vom Weizmann-Institut in Rehovot. Der Wissenschaftler hatte lange Haare und eine geblümte Krawatte; er erklärte die chemische Beschaffenheit von Uran, das Wesen der Radioaktivität und das Funktionieren eines Atomreaktors mit höchster Klarheit und endloser Geduld. Nach dem Mittagessen sprach Dickstein mit einem Verwaltungsangestellten aus Dimona über Uranbergwerke, Anreicherungsanlagen, Brennstoffherstellungswerke, Lagerung und Transport; über Sicherheitsvorkehrungen und internationale Verordnungen; über die Internationale Atomenergieagentur, die Atomenergiekommission derVereinigten Staaten, die Atomenergiebehörde des Vereinigten Königreichs und über Euratom.
    Am Abend nahmen Borg und Dickstein ihre Mahlzeit gemeinsam ein. Borg folgte wie gewöhnlich einer halbherzigen Diät: Er aß kein Brot zu seinem Lammfleischspieß, aber er trank die ganze Flasche des roten israelischen Weines fast allein aus. Seine Entschuldigung war, daß er seine Nerven beruhigen müsse, um Dickstein gegenüber seine Besorgnis nicht zu zeigen.
    Nach dem Essen gab er Dickstein drei Schlüssel. »In Schließfächern in London, Brüssel und Zürich findest du zusätzliche Papiere. In jedem befinden sich ein Paß, ein Führerschein, Bargeld und eine Waffe. Wenn du die Identität wechseln mußt, läßt du die alten Dokumente im Fach.«
    Dickstein nickte zustimmend.
    »Erstatte ich dir oder Mike Bericht?«
    Borg dachte: Du erstattest ja doch nie Bericht, du Lump. »Mir, bitte. Wenn möglich, ruf mich direkt an und benutze unseren Jargon. Wenn du mich nicht erreichen kannst, nimm mit einer beliebigen Botschaft Verbindung auf und verwende den Code für ein Treffen – ich werde dann versuchen, zu dir zu kommen, wo du auch bist. Im äußersten Notfall kannst du verschlüsselte Briefe mit der Diplomatenpost schicken.«
    Dickstein nickte ausdruckslos: All das war Routine. Borg starrte ihn an und versuchte, seine Gedanken zu lesen. Wie fühlte er sich? Glaubte er, daß er es schaffen könnte? Hatte er irgendwelche Pläne? Wollte er einfach nur so tun, als habe er es versucht, und dann melden, daß es unmöglich sei? War er wirklich davon überzeugt, daß Israel die Bombe benötigte?
    Borg hätte fragen können, aber er würde keine Antwort erhalten haben.
    »Vermutlich gibt’s einen letzten Termin«, sagte Dickstein.
    »Ja, aber wir kennen ihn noch nicht.« Borg begann,Zwiebelstücke aus dem Salatrest zu stochern. »Wir müssen unsere Bombe haben, bevor die Ägypter ihre kriegen. Das bedeutet, daß dein Uran in den Reaktor eingegeben werden muß, bevor der ägyptische Reaktor betriebsfähig ist. Danach hängt alles von der Chemie ab – keine Seite kann subatomare Teilchen schneller machen. Wer als erster anfängt, wird auch als erster fertig.«
    »Wir brauchen einen Agenten in Kattara«, meinte Dickstein.
    »Daran arbeite ich.«
    Dickstein nickte. »Wir benötigen einen sehr guten Mann in Kairo.«
    Borg wollte über andere Dinge sprechen. »Was willst du – möchtest du mich etwa aushorchen?« fragte er mürrisch.
    »Ich habe nur laut gedacht.«
    Sie schwiegen ein paar Sekunden lang. Borg zermalmte weitere Zwiebelstücke.
    »Ich habe dir gesagt, was ich will, aber ich habe dir alle Entscheidungen darüber überlassen, ganz wie du es schaffst.«
    »Oh ja, das hast du.« Dickstein stand auf. »Ich lege mich jetzt am besten hin.«
    »Hast du schon eine Vorstellung, wo du anfangen willst?«
    »Ja, gute Nacht.«

3
    N AT DICKSTEIN
HATTE sich nie daran gewöhnen können, Geheimagent zu sein. Das dauernde Sichverstellenmüssen machte ihm zu schaffen. Er mußte ständig Menschen belügen, sich verstecken, sich für einen anderen ausgeben, sich verstohlen an die Fersen anderer heftenund Beamten an Flugplätzen falsche Papiere zeigen. Er wurde die Angst nicht los, daß man ihn entlarven könnte. Tagsüber hatte er oft einen Alptraum, in dem er plötzlich von Polizisten eingekreist wurde. Sie riefen: »Du bist ein Spion! Du bist ein Spion!« und brachten ihn ins Gefängnis, wo sie ihm das Bein brachen.
    Auch jetzt fühlte er sich unbehaglich. Er befand sich im Jean-Monnet-Gebäude auf dem

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