Dreifach
Generationen lang an Mißbildungen und Erbschäden leiden würden.
Er sagte: »Ich meine immer noch, daß Frieden eine Alternative ist.«
Borg zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Ich mische mich nicht in die Politik ein.«
»Dummes Zeug.«
Borg seufzte. »Hör zu, wenn die anderen eine Bombe haben, brauchen wir doch auch eine, nicht wahr?«
»Wenn es nur darum ginge, bräuchten wir nur eine Pressekonferenz abhalten und verkünden, daß die Ägypter eine Bombe herstellen, und sie von dem Rest der Welt zur Räson bringen lassen. Aber ich glaube, daß unsere Leute die Bombe sowieso wollen. Sie freuen sich, nun einen Vorwand zu haben.«
»Und vielleicht haben sie recht!« gab Borg zurück. »Wir können nicht alle paar Jahre einen Krieg führen – vielleicht verlieren wir nämlich mal.«
»Wir könnten Frieden schließen.«
»Du bist so verflucht naiv«, schnaubte Borg.
»Wenn wir in ein paar Punkten nachgäben – die besetzten Gebiete, das Rückkehrgesetz, gleiche Rechte für Araber in Israel –«
»Die Araber haben gleiche Rechte.«
Dickstein lächelte freudlos. »Du bist so verflucht naiv.«
»Hör mich an!« Borg kämpfte um Selbstbeherrschung. Dickstein begriff seinen Zorn; es war eine Reaktion, die Borg mit vielen Israelis teilte. Sie meinten, daß es der Anfang vom Ende wäre. Wenn diese liberalen Ideen jemals Fuß fassen sollten, würde eine Konzession der anderen folgen, bis man das Land den Arabern mit Kußhand zurückgab – und diese Aussicht brachte die Grundlage ihres Selbstverständnisses ins Wanken. »Hör mich an«, wiederholte Borg. »Vielleicht sollten wir unser Geburtsrecht für ein Linsengericht verkaufen. Aber dies ist die reale Welt, und die Menschen dieses Landes werden nicht ›Frieden um jeden Preis‹ wählen. Im tiefsten Inneren weißt du doch, daß auch die Araber sich nicht gerade um einen Friedensschluß reißen. In der realen Welt müssen wir also immer noch mit ihnen kämpfen; und wenn wirmit ihnen kämpfen, sollten wir besser gewinnen. Aber damit wir unseres Sieges sicher sein können, mußt du uns etwas Uran besorgen.«
»Am meisten mißfällt mir an dir, daß du gewöhnlich recht hast«, erwiderte Dickstein.
Borg kurbelte seine Fensterscheibe herunter und warf den Zigarrenstummel hinaus. Er hinterließ eine Funkenspur auf der Straße. Die Lichter von Tel Aviv wurden vor ihnen sichtbar. Sie waren fast da. »Weißt du, mit den meisten meiner Leute muß ich nicht jedesmal über Politik diskutieren, wenn ich ihnen einen Auftrag gebe. Sie nehmen einfach ihre Befehle entgegen, wie es sich für Agenten gehört.«
»Ich glaube dir nicht«, sagte Dickstein. »Dies ist eine Nation von Idealisten. Sonst wäre sie nichts wert.«
»Vielleicht.«
»Ich kannte einmal einen Mann namens Wolfgang. Er behauptete dauernd: ›Ich führe nur Befehle aus.‹ Dann brach er mir immer wieder das Bein.«
»Ja, du hast mir davon erzählt.«
*
Wenn eine Firma einen Buchhalter einstellt, damit die Bücher geführt werden, dann verkündet er als erstes, er habe so viel für die allgemeine Finanzpolitik der Firma zu tun, daß er einen Hilfsbuchhalter einstellen müsse, damit die Bücher geführt werden. Ähnliches trifft auf Spionage zu. Ein Land richtet einen Geheimdienst ein, um herauszufinden, wie viele Panzer sein Nachbar besitzt und wo sie stationiert sind, und bevor man sich versieht, verkündet der Geheimdienst, er sei so sehr davon in Anspruch genommen, subversive Elemente im eigenen Land zu überwachen, daß man einen separaten Dienst brauche, der sich der Abwehr widmen müsse.
Genau das geschah in Ägypten im Jahre 1955. Der geradeflügge gewordene Geheimdienst des Landes wurde in zwei Abteilungen untergliedert: Der »Militärische Geheimdienst« hatte die Aufgabe, die israelischen Panzer zu zählen, und die Abteilung »Allgemeine Nachforschungen« heimste den Ruhm ein.
Der Mann, der beide Abteilungen leitete, trug den Titel Direktor des Allgemeinen Geheimdienstes, um alles noch komplizierter zu machen. Theoretisch hatte er dem Innenminister Bericht zu erstatten. Aber eine andere Tatsache, mit der Spionageabteilungen sich immer herumschlagen müssen, ist die, daß der Staatschef versucht, sie unter seine Kontrolle zu bekommen. Dafür gibt es zwei Gründe. Einer ist, daß die Spione ständig wahnsinnige Mord-, Erpressungs- und Invasionspläne ausbrüten, die schrecklich peinlich werden können, wenn sie in die Tat umgesetzt worden sind; deshalb behalten Präsidenten
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