Dreifach
und Premierminister solche Abteilungen gern persönlich im Auge. Der andere Grund ist, daß Geheimdienste eine Quelle der Macht sind, besonders in wenig stabilen Ländern, und daß das Staatsoberhaupt sich der Einfachheit halber diese Macht sichern will.
Der Direktor des Allgemeinen Geheimdienstes in Kairo erstattete also in der Praxis entweder dem Präsidenten oder dem Staatsminister im Amt des Präsidenten Bericht. Kawash, der hochgewachsene Araber, der Tofik verhört und getötet und Pierre Borg später das Taschendosimeter übergeben hatte, arbeitete in der Abteilung für Allgemeine Nachforschungen, der glanzvolleren zivilen Hälfte des Geheimdienstes. Er war ein intelligenter und würdevoller Mann von großer Integrität, aber er war auch tief religiös – bis hin zum Mystizismus. Es war jene unerschütterliche, machtvolle Art von Mystizismus, welche zu den unwahrscheinlichsten – um nicht zu sagen bizarrsten – Vorstellungen von der realen Welt führen kann. Er hing einer Richtung des Christentums an, die die Auffassung vertrat, daß die Rückkehr der Juden ins Gelobte Land inder Bibel prophezeit und ein Omen des Weltendes sei. Deshalb war es eine Sünde, sich dieser Rückkehr entgegenzustellen, und eine heilige Aufgabe, auf sie hinzuwirken. Aus diesem Grund war Kawash Doppelagent.
Seine Arbeit war alles, was er besaß. Sein Glaube hatte ihn diesem Leben im geheimen zugeführt, und dort hatte er sich allmählich von Freunden, Nachbarn und – mit wenigen Ausnahmen – seiner Familie gelöst. Er kannte keinen persönlichen Ehrgeiz außer dem, in den Himmel zu kommen. Da er asketisch lebte, bestand sein einziges irdisches Vergnügen darin, im Spionagespiel Punkte zu sammeln. Kawash ähnelte Borg sehr, mit dem Unterschied, daß er glücklich war. Im Moment machte er sich jedoch Sorgen. Bis jetzt verlor er Punkte in der Angelegenheit, die mit Professor Schulz begonnen hatte, und das bedrückte ihn. Sein Problem war, daß nicht die »Allgemeinen Nachforschungen« für das Kattara-Projekt verantwortlich waren, sondern die andere Hälfte der Spionageorganisation, der Militärische Geheimdienst. Kawash hatte jedoch gefastet und meditiert und in schlaflosen Nächten einen Plan entwickelt, um das Geheimprojekt zu durchlöchern.
Er hatte einen Cousin zweiten Grades, Assam, der im Amt des Direktors des Allgemeinen Geheimdienstes arbeitete – der Organisation, welche die Tätigkeit des Militärischen Geheimdienstes und der Allgemeinen Nachforschungen koordinierte. Assam hatte einen höheren Rang als Kawash, aber Kawash war klüger.
Die beiden Cousins saßen in der Mittagshitze im Hinterzimmer eines kleinen, schmutzigen Kaffeehauses an der Sherif Pasha, tranken lauwarmen Limonenlikör und bliesen Tabakrauch auf die Fliegen. In ihren leichten Anzügen und mit ihren Nasser-Schnurrbärten sahen sie wie Zwillinge aus. Kawash wollte von Assam etwas über Kattara erfahren. Er hatte sich eine plausible Methode ausgedacht, auf die Assam wahrscheinlich ansprechenwürde, aber er wußte, daß er sehr behutsam vorgehen mußte, um Assams Unterstützung zu gewinnen. Trotz der Besorgnis, die er in sich spürte, wirkte er unerschütterlich wie immer.
Er begann mit einer scheinbar direkten Frage. »Mein Cousin, weißt du, was bei Kattara geschieht?«
Assams gutgeschnittenes Gesicht wurde recht verschlossen. »Wenn du es nicht weißt, kann ich dir nichts darüber sagen.«
Kawash schüttelte den Kopf, als ob Assam ihn mißverstanden habe. »Ich will nicht, daß du Geheimnisse enthüllst. Außerdem kann ich erraten, was für ein Projekt es ist.« Das war eine Lüge. »Was mich beunruhigt, ist, daß es in Marajis Hand ist.«
»Wieso?«
»Deinetwegen. Ich denke an deine Karriere.«
»Ich bin zuversichtlich ...«
»Dazu besteht kein Anlaß. Maraji will deinen Posten, das mußt du doch wissen.«
Der Cafébesitzer brachte einen Teller mit Oliven und zwei flache Laibe Pitabrot. Kawash schwieg, bis der Mann hinausgegangen war. Er beobachtete Assam, während dessen angeborene Skepsis sich an der Lüge über Maraji nährte.
Kawash fuhr fort: »Maraji macht dem Ministerium direkt Meldung, wie ich höre.«
»Aber ich sehe alle Dokumente«, verteidigte sich Assam.
»Du kannst nicht wissen, was er dem Minister unter vier Augen mitteilt. Er hat eine sehr starke Position.«
Assam zog die Brauen zusammen. »Wie hast du eigentlich von dem Projekt erfahren?«
Kawash lehnte sich gegen die kühle Betonmauer. »Einer von Marajis Männern
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