Dreifach
persönliche Vorsichtsmaßnahmen gehörten nicht mehr zu seinem Stil. Er hatte nicht einmal eine Pistole bei sich, um nicht aufzufallen, wenn sein Gepäck an Flugplätzen von Zollbeamten durchsucht wurde. Aber es gab Vorsichtsmaßnahmen und Vorsichtsmaßnahmen, Waffen und Waffen: Er hatte ein paar sorgfältig versteckte KGB-Geräte, darunter eine elektrische Zahnbürste, deren Summen Abhörgeräte ausschaltete, eine Miniatur-Polaroidkamera und eine Garotte aus Schnürsenkeln. Rasch packte er seinen kleinen Koffer aus, der nur wenig enthielt: einen Rasierapparat, die Zahnbürste, zwei bügelfreie amerikanischeHemden und etwas Unterwäsche. Er schenkte sich einen Drink aus der Zimmerbar ein – schottischer Whisky war einer der Vorzüge, wenn man im Ausland arbeitete. Nach genau zehn Minuten wurde an die Tür geklopft. Rostow öffnete sie, und Yasif Hassan kam herein.
Hassan lächelte breit. »Wie geht’s?«
»Guten Tag«, sagte Rostow und schüttelte ihm die Hand. »Es ist zwanzig Jahre her ... Wie ist’s Ihnen ergangen?«
»Ich hatte viel zu tun.«
»Daß wir uns nach so langer Zeit wiedertreffen, und dann noch Dicksteins wegen!«
»Ja. Setzen Sie sich. Lassen Sie uns über Dickstein reden.« Rostow ließ sich nieder, und Hassan folgte seinem Beispiel. »Bringen Sie mich auf den laufenden Stand. Sie entdeckten Dickstein, dann nahmen Ihre Leute am Flughafen von Nizza seine Spur auf. Was geschah danach?«
»Er nahm an der Besichtigung eines Atomkraftwerks teil und schüttelte dann die Verfolger ab«, sagte Hassan. »Wir haben ihn also wieder aus den Augen verloren.«
Rostow grunzte mißmutig. »Wir brauchen bessere Ergebnisse.«
Hassan lächelte. Wie ein Vertreter, dachte Rostow. »Wenn er nicht einmal merkte, daß er beschattet wird, und seine Beobachter nicht abschütteln könnte, wäre er wohl kaum ein Agent, um den wir uns Sorgen machen müßten.«
Rostow ignorierte den Einwurf. »Benutzte er ein Auto?«
»Ja. Er mietete sich einen Peugeot.«
»In Ordnung. Was wissen Sie über seine Schritte davor, das heißt, als er hier in Luxemburg war?«
Hassan übernahm Rostows geschäftsmäßige Art und sprach rasch. »Er wohnte eine Woche unter dem Namen Ed Rodgers im Alfa-Hotel. Als Adresse nannte er das Pariser Büro der Zeitschrift Science International. Diese Zeitschrift existiert tatsächlich. Sie hat auch eine Pariser Adresse, aber nur zum Nachsenden von Korrespondenz.Ein freier Journalist namens Ed Rodgers arbeitet für die Zeitschrift, doch er hat seit mehr als einem Jahr nichts von sich hören lassen.«
Rostow nickte. »Wie Sie wissen, ist das eine typische Mossad-Tarnung. Kaum zu erschüttern. Sonst noch etwas?«
»Ja. Am Abend bevor er abreiste, gab es einen Zwischenfall in der Rue Dicks. Zwei Männer wurden übel zugerichtet. Es sah nach Profiarbeit aus – glatt gebrochene Knochen, Sie wissen schon, was ich meine. Die Polizei stellt keine Nachforschungen an, da die Männer als Diebe bekannt sind. Man glaubt, daß sie in der Nähe eines Nachtklubs für Homosexuelle auf der Lauer lagen.«
»Um die Schwulen auszurauben, wenn sie herauskamen?«
»Das muß ihre Absicht gewesen sein. Jedenfalls gibt es nichts, was Dickstein mit der Sache in Verbindung bringt, abgesehen davon, daß er dazu fähig wäre und zu dem Zeitpunkt hier war.«
»Das genügt für eine handfeste Vermutung«, sagte Rostow. »Meinen Sie, daß Dickstein homosexuell ist?«
»Möglich, aber Kairo hat nichts Derartiges in seiner Akte. Er müßte also in all den Jahren sehr diskret gewesen sein.«
»Also zu diskret, um einen Schwulenklub zu besuchen, während er einen Auftrag ausführt. Ihr Verdacht ist damit widerlegt.«
Eine Spur von Ärger zeigte sich in Hassans Miene. »Und was meinen Sie?«
»Ich nehme an, daß er einen Informanten hatte, der schwul ist.« Rostow stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Es war richtig gewesen, Hassan gleich in die Schranken zu verweisen, aber er durfte nicht übertreiben. Es hatte keinen Zweck, den Mann zu verstimmen. Deshalb wollte er ihn jetzt etwas sanfter anfassen.»Lassen Sie uns spekulieren. Weshalb würde er ein Atomkraftwerk besichtigen?«
»Die Israelis stehen mit den Franzosen seit dem Sechstagekrieg in gespanntem Verhältnis. De Gaulle hat die Waffenlieferungen eingestellt. Vielleicht plant der Mossad einen Racheakt – die Sprengung des Reaktors?«
Rostow schüttelte den Kopf. »Nicht einmal die Israelis sind so verantwortungslos. Außerdem, was hätte Dickstein dann
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