Dreifach
in Luxemburg zu suchen?«
»Wer weiß?«
Der Russe setzte sich wieder. »Was gibt es hier in Luxemburg? Wieso ist es wichtig? Weshalb ist zum Beispiel Ihre Bank hier?«
»Es ist eine bedeutende europäische Hauptstadt. Meine Bank ist hier, weil die European Investment Bank in Luxemburg ihren Sitz hat. Aber es gibt auch mehrere Institutionen des Gemeinsamen Marktes – drüben auf dem Kirchberg steht ein Europazentrum.«
»Welche Institutionen?«
»Das Sekretariat des Europaparlaments, der Ministerrat und der Gerichtshof. Oh, und Euratom.«
Rostow starrte Hassan an. »Euratom?«
»Das ist die Abkürzung für European Atomic Energy Community, aber jeder ...«
»Ich weiß, was es ist«, unterbrach Rostow. »Sehen Sie die Verbindung nicht? Er kommt nach Luxemburg, wo die Euratom ihr Hauptquartier hat, und dann besichtigt er einen Atomreaktor.«
Hassan zog die Schultern hoch. »Eine interessante Hypothese. Was trinken Sie da?«
»Whisky. Bedienen Sie sich. Wenn ich mich recht erinnere, halfen die Franzosen den Israelis, ihren Atomreaktor zu bauen. Jetzt haben sie ihre Hilfe wahrscheinlich eingestellt. Dickstein könnte hinter wissenschaftlichen Geheimnissen her sein.«
Hassan goß sich ein Glas Whisky ein und nahm wiederPlatz. »Wie werden wir vorgehen, Sie und ich? Ich habe Befehl, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
»Meine Leute treffen heute abend ein«, sagte Rostow. Er dachte: Zusammenarbeiten, das könnte dir so passen – du befolgst meine Befehle. »Ich verwende immer dieselben beiden Männer – Nik Bunin und Pjotr Tyrin. Wir sind bestens aufeinander eingespielt. Sie wissen, wie ich operiere. Ich möchte, daß Sie mit ihnen arbeiten, daß Sie tun, was die beiden sagen. Sie können eine Menge lernen, es sind sehr gute Agenten.«
»Und meine Leute ...«
»Wir werden sie nicht mehr benötigen«, erwiderte Rostow eilig. »Eine kleine Mannschaft ist am besten. Zuerst müssen wir sichergehen, daß wir Dickstein entdekken. Falls er nach Luxemburg zurückkehren sollte.«
»Ich habe Tag und Nacht einen Mann an Flughafen.«
»Daran wird er gedacht haben und nicht mit dem Flugzeug kommen. Wir müssen ein paar andere Möglichkeiten abdecken. Er könnte zu Euratom gehen ...«
»Das Jean-Monnet-Gebäude, ja.«
»Wir können das Alfa-Hotel überwachen, indem wir den Empfangschef bestechen, aber er wird nicht noch einmal da wohnen. Und den Nachtklub in der Rue Dicks. Sie sagten, daß er sich einen Wagen mietete.«
»Ja, in Frankreich.«
»Er wird ihn inzwischen abgestoßen haben, denn er weiß, daß Sie die Nummer kennen. Ich möchte, daß Sie die Leihfirma anrufen und herausfinden, wo das Auto abgegeben wurde. So erfahren wir vielleicht die Richtung, die er eingeschlagen hat.«
»Wird gemacht.«
»Moskau hatte ein Funkbild von ihm durchgegeben. Unsere Leute werden in jeder Hauptstadt der Welt nach ihm Ausschau halten.« Rostow trank aus. »Wir werden ihn fangen – so oder so.«
»Glauben Sie wirklich?«
»Ich habe mit ihm Schach gespielt und weiß, wie sein Geist arbeitet. Seine Eröffnungszüge sind reine Routine, durchschaubar. Aber dann tut er plötzlich etwas völlig Unerwartetes, meist etwas sehr Riskantes. Man muß darauf warten, daß er den Hals in die Schlinge steckt – und dann zuziehen.«
»Wenn ich mich nicht täusche, haben Sie die Schachpartie verloren.«
Rostow grinste raubtierhaft. »Ja, aber jetzt ist es kein Spiel mehr.«
*
Es gibt zwei Arten von Beschattern: Pflasterkünstler und Bulldoggen. Pflasterkünstler betrachten die Überwachung von Menschen als Fertigkeit höchsten Ranges, vergleichbar mit Schauspielerei oder Zellbiophysik oder Dichtkunst. Als Perfektionisten sind sie fähig, sich beinahe unsichtbar zu machen. Sie besitzen ganze Garderoben unauffälliger Kleidung, üben vor dem Spiegel, das Gesicht ausdruckslos werden zu lassen, kennen Dutzende von Tricks, bei denen sie sich Ladeneingänge, Busschlangen, Polizisten, Kinder, Brillen, Einkaufstaschen und Hecken zunutze machen. Sie verachten die Bulldoggen, die meinen, daß Beschattung nichts anderes als Verfolgung sei, und die sich an das Opfer hängen wie ein Hund an seinen Herrn.
Nik Bunin gehörte zu den Bulldoggen. Er war ein junger Schläger, der Typ, der, je nachdem, ob er Glück oder Pech hat, entweder Polizist oder Verbrecher wird. Das Glück hatte Nik zum KGB gebracht; sein Bruder dagegen zu Hause in Georgien war Rauschgifthändler, der Haschisch aus Tbilisi an die Moskauer Universität beförderte (wo es unter
Weitere Kostenlose Bücher