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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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wie lange ist mein … mein Gatte«, es widerstrebte Jo, das Wort auszusprechen, »schon tot?«
    »Habt Ihr das etwa auch vergessen?« Die Magd seufzte. »Gerhardt, Euer Gemahl, starb im letzten Sommer an einem Fieber.«
    Jetzt war es Winter … »Welches Datum haben wir eigentlich?«
    Die Magd blickte sie wieder einmal irritiert an.
    »Ich meine: Welcher Tag ist heute?«
    »Der Tag der heiligen Barbara.«
    Jo forschte in ihrem Gedächtnis. War das nicht der vierte Dezember? Als sie noch klein gewesen war, hatte ihr Kindermädchen an diesem Tag immer Zweige abgeschnitten, die sie in Jos Zimmer gestellt hatte. Während der nächsten Wochen war sie immer wieder zu der Vase gerannt und hatte gehofft, dass die Zweige endlich Blüten treiben würden. So lange hatte sie nicht mehr daran gedacht. Dann durchfuhr es sie. Der Tag, an dem sie und Lutz Jäger auf dem Rückweg vom Kloster Waldungen verunglückt waren, war der zweite Dezember gewesen. Dies musste der Tag gewesen sein, an dem sie das erste Mal aus ihrer Krankheit erwacht war.
    »Herrin, hört doch …« Katrein blickte sie erschrocken an.
    Jo horchte. Irgendwo in dem Haus erklangen wütende Männerstimmen. Waren etwa die Brüder ihres Gatten schon angerückt? Nein, eine der Stimmen kam ihr bekannt vor. Sie lauschte noch einmal.
    »Nimm deine dreckigen Hände von mir!«, brüllte nun einer der Männer. Zweifellos war dies die Stimme Lutz Jägers. War etwa auch er Teil dieses irren Traums?
    Jo raffte die Decke um ihre Schultern, sprang auf und hastete aus dem Zimmer.
    Der Flur war dämmrig und schmal. Jo folgte dem Geschrei durch eine offenstehende Tür am anderen Ende des Gangs, die auf einen Treppenabsatz führte. Von hier aus konnte sie in eine kleine Halle hinunterblicken. Lutz Jäger rang mit zwei Männern. Ein drahtiger blonder Kerl, der um die zwanzig Jahre alt sein mochte, versuchte, ihm den rechten Arm auf den Rücken zu drehen, während der andere Mann – er war etwas älter, dunkelhaarig und breitschultrig – ihren Kollegen an der Schulter gepackt hatte und schüttelte. »Hau ab, du Mistkerl!«, brüllte er.
    »Ihr Schwachköpfe, lasst mich in Ruhe. Ich muss Eure Herrin sehen.« Lutz Jäger trat dem Blonden gegen das Bein, woraufhin dieser ihn losließ und in die Knie sackte. Mit einem Wutschrei schlug der andere Mann noch heftiger auf Lutz Jäger ein. Der packte ihn seinerseits um den Oberkörper. Ineinander verkeilt, schwankten die beiden ächzend durch den Raum, bis sie gegen eine Truhe krachten.
    »Aufhören! Sofort aufhören!«, schrie Jo und hastete die Holzstufen hinunter.
    Keuchend ließen Lutz Jäger und sein Gegner einander los. Auch der Blonde, der sich wieder aufgerappelt hatte, wich zurück. Irgendwie hatte sich Jäger verändert … Doch bevor Jo realisierte, was genau sie an ihm irritierte, wandte sich schon der Breitschultrige an sie.
    »Herrin!« Anklagend deutete er auf ihren Kollegen. »Dieser Kerl ist hier einfach hereinspaziert und hat behauptet, Euch sehen zu wollen. Was ja ganz bestimmt eine Lüge ist …«
    Jo musterte ihren Kollegen. Jetzt erkannte sie, dass er schlanker geworden war und um einiges jünger wirkte als sein reales Ich. Auf seiner linken Wange befand sich eine Narbe wie von einem Messerschnitt. Er grinste leicht. Einer seiner oberen Eckzähne fehlte, was ihm ein piratenhaftes Aussehen verlieh. Allem Anschein nach hatte ihm die Prügelei auch noch Spaß gemacht. Eben war sie fast erleichtert gewesen, seine Stimme in ihrem Traum zu hören. Dieses Gefühl verschwand nun schlagartig.
    »Sie beide«, Jo sah den Blonden und den Breitschultrigen an – offenbar waren sie irgendwelche Bediensteten –, »gehen jetzt wieder an Ihre Arbeit. Mit diesem Mann werde ich schon fertig. Und wir zwei«, sie drehte sich zu ihrem Kollegen um, »müssen miteinander reden.«
    »Mistkerl«, zischte der Breitschultrige, wohl in der Annahme, dass Jo ihn nicht hörte. Die Männer bedachten Lutz Jäger mit bösen Blicken, trollten sich jedoch.
    Gegenüber der Treppe befand sich eine Tür. Jo stieß sie auf. Der Raum dahinter war düster und klein, aber für ihre Zwecke ausreichend. »Hier hinein.« Jo wies mit dem Kopf über ihre Schulter.
    »Aber Herrin.« Katrein stürzte auf sie zu. »Ihr könnt Euch unmöglich allein mit einem fremden Mann in einem Zimmer aufhalten. Noch dazu in Eurem Aufzug. Denkt doch an Euren guten Ruf!«
    Erst jetzt nahm Jo wahr, dass sie immer noch das Nachthemd trug. Sie versuchte, die Wolldecke enger um sich zu

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