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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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Gesicht von Blatternarben entstellt war.
    »Erzählt den beiden Herrschaften, wo ihr Anselm gesehen habt«, forderte die Alte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung auf.
    »Na ja, wir waren am Abend des Allerheiligentages in der Kupfergasse unterwegs.« Gernot zuckte mit den Schultern.
    »Das ist die hiesige Rotlichtmeile«, erklärte Lutz Jäger an Jo gerichtet.
    »Tatsächlich? Sie sind ja wieder gut informiert«, erwiderte sie bissig. »Und was war nun mit Anselm?«
    »Er schlich sich aus einem der Häuser.«
    »Genau genommen aus einem, in dem Lustknaben ihre Dienste anbieten.« Jakob grinste verächtlich.
    »Oh …« Damit hatte Jo nicht gerechnet.
    »Habt Ihr Anselm darauf angesprochen?« Lutz Jäger sah die beiden forschend an.
    »Nein«, erklärte Gernot entrüstet. »Wir gehören doch nicht zu denen … Und wir wollen auch mit keinem von denen etwas zu tun haben.«
    »Ihr selbst wart bei den Huren?«
    »Ja, natürlich …« Die beiden lächelten stolz und zugleich verschämt.
    Jo stöhnte gereizt. »Gibt es sonst noch irgendetwas, das Ihr uns über Anselm sagen könnt?«
    »Nein …« Die beiden schüttelten unisono den Kopf.
    »Dann könnt Ihr wieder verschwinden.« Mit einer herrischen Handbewegung scheuchte die Alte sie davon.
    Für einige Momente breitete sich Schweigen in dem Planwagen aus. Jo nahm wahr, dass der köchelnde Sud nach Salbei, Thymian und Honig roch. Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass ihre Nase, die schon den ganzen Tag lang ein bisschen verstopft gewesen war, wieder frei wurde. »Was ich nicht verstehe, ist«, sagte sie schließlich langsam, »warum sich Anselm als Lustknabe verdingt haben soll. Schließlich war er ein guter Töpfer und hätte auch so sein Auskommen finden können. Und dass er in Schwester Irmhild verliebt war und sich gleichzeitig mit seinem als Töpfer verdienten Geld die Liebesdienste eines Mannes gekauft haben soll, ist auch nicht plausibel.«
    »Da bin ich einer Meinung mit Ihnen.« Lutz Jäger nickte.
    »Ich weiß kaum etwas über Anselm, außer, dass er an einer Geschlechtskrankheit litt.« Die Alte wiegte langsam den Kopf. »Aber zweimal habe ich ihm erlaubt, in meinem Wagen zu übernachten. Beide Male wurde er von Albträumen geplagt und schrie laut im Schlaf, als ob er vor etwas große Angst hätte. Ich glaube, er gehörte zu diesen tief in ihrem Inneren verletzten Menschen, die nirgends mehr Fuß fassen können und dazu neigen, ihr Leben auf die eine oder andere Weise wegzuwerfen.«
    »Ihr seid nicht die Erste, die das über den Jungen sagt.« Jo seufzte. »Ich wünschte, irgendjemand wüsste mehr über ihn.«
    »Jedenfalls ist es ein wichtiger Hinweis, dass sich der Junge wahrscheinlich Geld als Lustknabe verdient hat.« Lutz Jäger erhob sich. »Bleibt Ihr und Eure Leute noch eine Weile auf diesem Lagerplatz?«
    »Wahrscheinlich, wenn uns nicht irgendwelche ehrbaren Bürger vorwerfen, wir hätten ihre Wäsche von der Leine und ihre Hühner gestohlen, und uns vertreiben.« Die Alte lächelte schief.
    »Die Vorsehung oder die Kräfte der Welt sollen uns also gewissermaßen hierhergebeamt haben.« Jo stöhnte auf, während sie zusammen mit Lutz Jäger durch den Schnee zu ihrem Schlitten stapfte. »Aber das erklärt noch lange nicht, wie wir in diese Zeit geraten sind. Ganz zu schweigen davon, dass mich die Deutungsversuche der alten Frau sowieso nicht gerade überzeugen …«
    »Was macht es schon für einen Unterschied, ob wir wissen, warum und wie wir in diese Zeit geraten sind?« Lutz Jäger warf Jo einen Blick von der Seite zu. »Uns hat es nun einmal hierher verschlagen, und wir müssen das Beste daraus machen.«
    »Ich verfüge eben einfach nicht über Ihr Phlegma.«
    »Oh, Phlegma ist das nicht.« Er winkte lässig ab und schien nicht im Geringsten verärgert, was sie noch mehr aufbrachte. »Ich würde es eine wahrhaft buddhistische Einstellung nennen. Damit befinde ich mich völlig im Trend – mit unserer eigenen Zeit, meine ich. Hier natürlich nicht …«
    »Sind Buddhisten nicht der Ansicht, man solle sich von den irdischen Anhaftungen lösen? Also durchaus auch asketisch leben? Was ich bei Ihnen nun nicht wirklich erkennen kann …«
    »Ach, ich würde mich mehr als ein Anhänger des ›Fuck-it-Buddhismus‹ bezeichnen. Kämpfe nicht gegen das an, was du ohnehin nicht ändern kannst. Aber jetzt einmal ernsthaft: Wenn Anselm längere Zeit als Lustknabe gearbeitet hat, dürfte er eine nicht unbeträchtliche Geldsumme verdient haben. Denken Sie,

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