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Dreikönigsmord (German Edition)

Dreikönigsmord (German Edition)

Titel: Dreikönigsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bea Rauenthal
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man ihm in die Quere kommt. Steck deine Nase also nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen. Sonst wird dir noch etwas viel Schlimmeres zustoßen.« Ein letzter Tritt knallte gegen seinen Kopf. Dann verlor Lutz die Besinnung.
    Jo nahm ein Paar Wollsocken aus der großen Truhe in ihrem Schlafzimmer und legte es auf den Bretterboden. Dort war bereits ein gutes Dutzend weiterer Socken aus grauer und brauner Wolle verstreut. Außerdem Umschlagtücher, Mützen und schmale bunte Seidenbänder.
    Nach dem Abendessen hatte Katrein sie beiseitegenommen und gefragt, ob denn das Weihnachtsfest mit dem Gesinde dieses Jahr so wie immer gefeiert werden solle – oder ob Jo irgendwelche Änderungen vorzunehmen gedenke. Die Köchin müsse allmählich über die Speisenfolge Bescheid wissen. Da Jo ein völlig entgeistertes Gesicht gemacht hatte, hatte die Magd erschrocken wissen wollen: »Aber Herrin, Ihr habt doch sicher schon Geschenke für die Bediensteten besorgt?«
    »Nicht, dass ich wüsste …«, hatte Jo gemurmelt. Daraufhin war Katrein mit ihr in das Schlafzimmer marschiert und hatte die große Truhe in der Ecke geöffnet. Zufrieden hatte sie auf all die Dinge darin gedeutet und gemeint, ihre Herrin habe sich nur wegen ihrer Krankheit nicht mehr daran erinnern können. Schließlich fange sie schon immer während des Sommers an, sich um die Gaben zu kümmern.
    Socken … Jo lächelte. An den Weihnachtsgeschenken für Männer hatte sich im Lauf der Jahrhunderte nicht viel geändert. Nur gut, dass die Krawatten noch nicht erfunden waren. Tatsächlich hatte ihre Ahnin, soweit sie das sehen konnte, bereits alle Geschenke für die Bediensteten besorgt. Sie selbst hetzte, trotz bester Vorsätze, immer erst ein, zwei Tage vor Heiligabend durch die Geschäfte.
    Es wird seltsam sein , ging es Jo durch den Kopf, Weihnachten mit mehr als vierzig Menschen zu feiern. Trotzdem war das auf jeden Fall besser, als den Heiligen Abend zusammen mit ihrer Mutter und Großmutter zu verbringen. Ob ihr wirkliches Ich wohl irgendwo in einem Krankenhausbett lag? Und ob die beiden sich in dem Esszimmer ihrer Großmutter gegenübersitzen und anschweigen würden? Und wie es Friedhelm wohl ging? Ihr wurde klar, dass sie in den vergangenen Tagen kaum an ihn gedacht hatte, und sie fühlte sich plötzlich schuldig.
    Eilige Schritte draußen auf dem Gang ließen Jo aufschrecken. Hastig häufte sie einige Sockenpaare über ein Umschlagtuch aus besonders feiner roter und blauer Wolle. Dies war das Geschenk, das ihre Ahnin Katrein zugedacht hatte, vermutete sie.
    Tatsächlich steckte nun die Magd ihren Kopf zur Tür herein. Ihre Miene wirkte überrascht und besorgt. »Herrin, am Hintereingang steht ein Mann. Er behauptet, er müsse Euch ganz dringend sprechen. Wegen des Wirts der Grünen Traube … Ach, Herrin, was habt Ihr denn mit diesem übel beleumdeten Mann zu schaffen?«
    Ob Lutz etwas zugestoßen ist?, durchfuhr es Jo. Hastig fragte sie: »Hat jemand vom Gesinde diesen Mann gesehen?«
    »Nein, ich hielt mich zufällig im Flur vor dem Hintereingang auf, als er klopfte, und habe ihn dort warten lassen. Es muss ja niemand wissen, dass Ihr etwas mit diesem Lutz Jäger zu tun habt.«
    Der Hintereingang … Auf der Rückseite ihres Heims befand sich ein Garten . Jo glaubte sich zu erinnern, dass von dort eine Tür auf eine der Gassen führte. Am besten, sie und Lutz’ Bote wählten diesen Weg.
    »Was haben Sie denn jetzt schon wieder angestellt!«, fuhr Jo ihren Kollegen an. Seit sein Freund Herbert bei ihr aufgetaucht war und ihr mitgeteilt hatte, dass Lutz übel zusammengeschlagen worden war, war sie außer sich vor Sorge gewesen.
    Diese Sorge hatte sie auf dem ganzen Weg über die verschneiten Straßen bis zu der Kneipe nicht losgelassen. Zu ihrer Erleichterung war Lutz bei Bewusstsein, auch wenn er wirklich schlimm aussah: Sein linkes Auge war völlig zugeschwollen, und die Wange darunter war aufgeschürft. Um den Kopf trug er einen blutgetränkten Verband, und seine Brust unter dem zerrissenen Kittel war von blauen Flecken übersät.
    »Ich habe gar nichts angestellt. Man hat etwas mit mir angestellt. Und überhaupt: Waren wir eigentlich nicht per Du?« Lutz, der auf Kissen gestützt in seinem Bett lag, stöhnte und hob die Braue über dem unverletzten Auge.
    »Oh, das mit dem Du hatte ich ganz vergessen.« Ein wenig zerknirscht ließ sich Jo auf einen Stuhl neben seinem Bett sinken.
    »Tut mir leid, dass ich Herbert zu dir geschickt habe. Aber ich

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