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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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dass wir uns wie Idioten aufführen sollen. Mit diesen Briefen, in denen Ciano seine Provision für die Flugzeuge verlangt, hätten meine Vorgesetzten einen hübschen Trumpf auf der Hand, denke ich. Damit könnten sie den Italienern oder ihrem Außenminister ein bisschen Dampf machen.«
    »Und warum haben sie Ferriol nicht direkt danach gefragt? Immerhin ist er ihr Bankier.«
    »Keine Ahnung. Ich empfange Befehle, keine Vertraulichkeiten. Auch Ferriol wird sich wohl selbst der Nächste sein, nehme ich mal an. Vielleicht will er sich auf andere Weise schadlos halten. An Italienern und Spaniern. Er ist ja schließlich Geschäftsmann.«
    »Und was war das für eine seltsame Geschichte mit dem Schiff?«
    »Der Luciano Canfora? Ein Zweifel, den zu beseitigen Sie mir geholfen haben. Es ist wahr, dass der Kapitän und der Schiffsingenieur vorhatten, die Ladung zu einem Hafen der Regierung zu bringen. Ich selbst hatte sie überredet, nachdem ich mich als republikanischer Agent vorgestellt hatte. Sie waren verdächtig, und ich hatte den Auftrag, ihre Loyalität auf die Probe zu stellen. Dann habe ich Sie benutzt, um es den Italienern zu stecken, die sofort reagierten. Die Verräter wurden verhaftet, und das Schiff nahm den geplanten Kurs.«
    Wieder deutete Max auf Tignanello.
    »Und die beiden? Stellten sie ein solches Problem dar, dass Sie sie umbringen mussten?«
    »Ein technisches, ja. Ich konnte nicht drei Personen zugleich unter Kontrolle halten, von denen obendrein zwei Profis waren ... So musste ich notgedrungen einen Teil aus dem Verkehr ziehen.«
    Er nahm die Pfeife aus dem Mund. Sie schien erloschen. Sacht klopfte er den Pfeifenkopf auf der Tischplatte aus. Dann zog er noch einmal und verstaute die Pfeife wieder.
    »Bringen wir es zu Ende«, sagte er. »Geben Sie mir die Briefe.«
    »Sie haben ja gesehen, dass ich sie nicht bei mir habe.«
    »Und Sie haben gesehen, wie bei mir der Hase läuft. Wo sind sie?«
    Es war unsinnig, sie ihm vorzuenthalten, dachte Max. Und gefährlich. Allenfalls könnte er noch versuchen, etwas Zeit zu schinden.
    »An einem sicheren Ort.«
    »Bringen Sie mich hin.«
    »Und dann? Was geschieht dann mit mir?«
    »Nichts weiter.« Max’ Misstrauen schien Mostaza zu kränken. »Wie gesagt, dann gehen Sie Ihrer Wege und ich meiner. Jeder Ochse auf seinen Acker.«
    Max fröstelte; er fühlte sich so ausgeliefert, dass ihn fast Selbstmitleid überkam, und für einen Moment schienen die Beine unter ihm nachzugeben. Er hatte im Lauf seines Lebens selbst genug gelogen, um Lügen mühelos zu erkennen. In Mostazas Blick las er die Fragwürdigkeit seiner eigenen Zukunft.
    »Ich traue Ihnen nicht«, protestierte er schwach.
    »Das macht nichts, Sie haben ja keine Wahl.« Der andere tätschelte seine Tasche, um ihn an die Pistole zu erinnern. »Auch wenn Sie glauben, dass ich Sie sowieso töten werde, können Sie immerhin noch entscheiden, ob ich Sie sofortoder später töten soll. Obwohl das, wie gesagt, nicht in meiner Absicht liegt. Sobald ich die Briefe in der Hand habe, gäbe es dafür keinen Grund mehr. Es wäre ein unnötiger Gewaltakt. Überflüssig.«
    »Und was ist mit meinem Geld?«
    Es war nichts weiter als ein verzweifelter Kampf um Aufschub. Ein Versuch, die Sache hinauszuzögern. Für Mostaza jedoch war damit das Gespräch beendet.
    »Dafür bin ich nicht zuständig.« Er griff nach Mantel und Hut, die auf einem Stuhl lagen. »Gehen wir.«
    Wieder streichelte er seine Tasche, während er mit der anderen Hand auf die Tür wies. Plötzlich wirkte er angespannt und ernst. Max wich Tignanellos Leiche und der Blutlache aus, ging voran durch den Flur und kam wieder an dem toten Barbaresco vorbei. Als er nach der Türklinke fasste, Mostaza unmittelbar hinter sich, warf er einen letzten Blick auf die verdrehten Augen und den offenen Mund des Italieners, und wieder überkam ihn ein Gefühl der Trostlosigkeit, wie er es schon zuvor empfunden hatte. Er hatte angefangen, die beiden zu mögen. Nasse Hunde im Regen.
    Die Tür klemmte ein wenig. Max zog stärker an der Klinke, und als die Tür mit einem Ruck aufging, fiel er nach hinten. Mostaza, der dabei war, seinen Mantel anzuziehen, wich ebenfalls zurück, einen Arm im Ärmel und eine Hand halb in der Tasche, in der die Pistole steckte. Dabei trat er in die Lache aus halb getrocknetem Blut und glitt aus. Ganz wenig, ein kurzes Wanken nur, aber Max wusste instinktiv, dass dieser Augenblick seine einzige Chance war. Mit verzweifelter Entschlossenheit

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