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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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teuflisch.
    »Es tut sehr weh«, sagte er.
    »Ich habe dich gewarnt.«
    Sie saß neben ihm auf einem leinenbezogenen Stahlrohrsofa im Salon der Villa in Antibes, barfuß, bekleidet mit einem langen, eng gegürteten Morgenmantel, der ein dünnes seidenes Nachthemd und einen Teil ihrer nackten Beine sehen ließ. Ihr Körper verströmte einen behaglichen schläfrigen Duft. Sie hatte fest geschlafen, als Max an die Tür geklopft und zuerst das Hausmädchen und dann sie aufgeweckt hatte. Das Hausmädchen war inzwischen wieder in ihr Zimmer gegangen, und er lag auf dem Sofa in wenig heldenhafter Pose: Hose und Unterhose bis zu den Knien heruntergezogen, das Geschlecht entblößt und im rechten Schenkel die nicht sehr tiefe, eine halbe Spanne lange Wunde von Mostazas Messer.
    »Wer immer das getan hat, es war auf jeden Fall knapp. Ein bisschen tiefer, und du hättest verbluten können.«
    »Tja.«
    »War es derselbe, der dein Gesicht so zugerichtet hat?«
    »Genau der.«
    In seinem Zimmer im Negresco hatte er zwei Stunden zuvor in den Spiegel gesehen – ein blaues Auge, eine blutverkrustete Nase und eine aufgequollene Lippe –, sich notdürftig verarztet, zwei Veramon-Tabletten geschluckt und hastig seine Sachen gepackt. Nachdem er die Rechnung beglichen und ein üppiges Trinkgeld draufgelegt hatte, stand er eine Weile unter dem Glasdach des Portals, auf das noch immer der Regen fiel, und beobachtete misstrauisch das Treiben auf der Straße. Schließlich fasste er sich ein Herz, verstaute sein Gepäck im Kofferraum des Peugeots, ließ den Motor an und fuhr in die Nacht. Die weißgestrichenen Pinienstämmean der Straße nach Antibes und La Garoupe leuchteten im Scheinwerferlicht auf.
    »Warum bist du hierhergekommen?«
    »Ich weiß nicht. Oder doch. Ich musste mich ein wenig erholen. Nachdenken.«
    Das war tatsächlich der Grund gewesen. Viele Fragen gingen ihm durch den Kopf. Ob Mostaza tot war oder nicht, zum Beispiel. Auch ob er allein agiert oder Hintermänner hatte, die Max jetzt auf den Fersen waren. Dasselbe galt für die Italiener. Lauter denkbare Folgen, unmittelbare und spätere, denen beim besten Willen keine angenehme Perspektive abzugewinnen war. Dazu kam die natürliche Wissbegierde der Behörde, auf die er gefasst sein musste, sobald jemand die Leichen – mindestens zwei, vielleicht auch drei – in dem Haus der Rue de la Droite fände. Sodass sich also zwei Geheimdienste und die französische Polizei fragen würden, wessen Werk das sein mochte. Und als Sahnehäubchen fehlte nur noch die gänzlich unabsehbare Reaktion Tomás Ferriols, wenn er erfuhr, dass die Briefe des Grafen Ciano davongeflattert waren.
    »Warum ich? Warum bist du zu mir gekommen?«
    »Ich kenne sonst niemanden in Nizza, dem ich vertrauen kann.«
    »Ist die Polizei hinter dir her?«
    »Nein. Das heißt, noch nicht. Aber es ist nicht die Polizei, die mir heute Nacht Sorgen bereitet.«
    Sie musterte ihn aufmerksam. Misstrauisch.
    »Was haben sie mit dir vor? Und warum?«
    »Es geht nicht um das, was sie mit mir vorhaben. Sondern darum, was ich getan habe, und darum, was sie glauben, dass ich getan hätte ... Ich brauche ein paar Stunden Schlaf. Und einen Verband. Danach verschwinde ich. Ich will dir keine Umstände bereiten.«
    Kühl deutete sie auf die Wunde, die Flecken von Blut undJod auf dem Handtuch, das sie auf dem Sofa ausgebreitet hatte, ehe sie ihn geheißen hatte, sich dort hinzulegen.
    »Du tauchst mitten in der Nacht hier auf, mit einem Messerstich im Bein, versetzt mein Dienstmädchen in Angst und Schrecken ... Nennst du das keine Umstände?«
    »Ich habe doch gesagt, dass ich bald wieder verschwinde. Sobald ich klar denken kann und weiß wohin.«
    »Du hast dich kein bisschen verändert, was? Und ich bin eine Gans. Ich wusste es sofort, als ich dich bei Suzi Ferriol gesehen habe. Derselbe Max wie in Buenos Aires. Wessen Perlenkette lässt du diesmal mitgehen?«
    Er legte ihr die Hand auf den Arm. Seine Miene, offen, erbarmungswürdig, gehörte zu den wirksamsten seines Repertoires. Jahre der Übung. Und des Erfolgs. Er hätte damit einen hungrigen Hund bewogen, ihm seinen letzten Knochen zu überlassen.
    »Manchmal bezahlt man für etwas, das man nicht getan hat«, sagte er und hielt ihrem Blick stand.
    »Ach, verflucht.« Wütend schüttelte sie seine Hand ab. »Ich bin sicher, dass du nicht mal für die Hälfte zahlst. Und fast alles getan hast.«
    »Eines Tages erzähle ich es dir. Versprochen.«
    »Diesen Tag wird es nicht

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