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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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stürzte er sich auf ihn.
    Sie rutschten beide in der Blutlache aus und gingen zu Boden. Mit allen Mitteln bemühte sich Max zu verhindern, dass Mostaza die Pistole ziehen konnte, bemerkte jedoch, dass sein Gegner stattdessen nach seinem Messer tastete. Zum Glück war die eine Hand Mostazas im Mantelärmelgefangen, was Max einen kleinen Vorteil verschaffte. Er schlug ihm mitten ins Gesicht. Knirschend zerbrach die Brille, Mostaza schnaufte, umklammerte Max mit aller Kraft und wollte sich auf ihn wälzen. Der scheinbar so schmächtige Körper erwies sich als zäh und extrem gefährlich. Wenn er das Messer zu fassen bekäme, wäre das Max’ Ende. Max konnte einen halben Treffer landen und die Gegenattacke parieren, worauf sie sich erneut ineinander verkeilten, und während der eine zupackte und drauflos prügelte und der andere versuchte, seinen Arm aus dem Mantel zu ziehen, rutschten sie immer wieder in Barbarescos Blut aus. Max spürte schon seine Kräfte schwinden, als ihm alte, lange vergessene Reflexe zu Hilfe kamen. Ihm standen der Vorstadtjunge aus der Calle Vieytes und der Legionär vor Augen, der sich in den einschlägigen Bordellen immer wieder mal mit dem Messer hatte verteidigen müssen. Er erinnerte sich daran, was er selbst getan oder andere hatte tun sehen. Und so rammte er seinem Feind mit aller Kraft den Daumen ins Auge. Drückte ihn tief hinein, bis er ein schmatzendes Geräusch hörte und Mostaza, der seinen Griff sofort lockerte, einen höllischen Schrei ausstieß. Max rappelte sich auf, glitt wieder aus, aber mit dem nächsten Versuch gelang es ihm, sich rittlings über seinen Gegner zu schwingen, der wimmerte wie ein geschundenes Tier. Mit dem rechten Ellbogen hieb er auf Mostazas Gesicht ein, der Schmerz im Arm war ihm schier unerträglich, und schließlich gab der andere jeglichen Widerstand auf, sein Kopf fiel zur Seite, das Gesicht zerschmettert und verschwollen.
    Atemlos streckte Max sich auf dem Boden aus. Lange blieb er so liegen und versuchte, wieder zu Kräften zu kommen, spürte jedoch, wie sein Bewusstsein schwand und ringsum alles in Dunkelheit versank. Als er später zu sich kam, schimmerte graues Zwielicht durch das Fenster, vielleicht begann ein neuer Tag. Er kroch von dem leblosen Körper weg undschleppte sich zum Treppenabsatz. Die Blutspur, die er hinter sich herzog, stammte – wie er unter Schmerzen und mit ungeschickt tastenden Fingern feststellte – aus einer oberflächlichen Stichwunde am Oberschenkel, die die Femoralarterie offenbar knapp verfehlt hatte. Irgendwie war es Fito Mostaza am Ende doch noch gelungen, sein Messer zu ziehen.

12 DER TRAIN BLEU
    Das Telefon klingelt. Max ist beunruhigt. Es ist schon das zweite Mal in fünfzehn Minuten. Und das um sechs Uhr morgens. Als er beim ersten Mal abgenommen hat, herrschte Stille am anderen Ende der Leitung, dann wurde aufgelegt. Diesmal geht er nicht dran, sondern lässt es klingeln. Er weiß, dass es nicht Mecha Inzunza sein kann, weil sie sich voneinander fernhalten wollen. So hatten sie es am Vorabend vereinbart, auf der Terrasse des Fauno. Die Schachpartie war um halb elf zu Ende gewesen. Wenig später mussten die Russen den Diebstahl, die zerschnittene Glastür und das vom Dach herabhängende Seil entdeckt haben. Es war bereits nach elf, als Max, geduscht und zurechtgemacht, in höchster Anspannung durch den Garten in Richtung der Piazza Tasso ging, im Gebäude der russischen Delegation jedoch völlige Ruhe zu herrschen schien. In einigen Fenstern brannte Licht, das war alles. Vielleicht war Sokolow noch gar nicht in seine Suite zurückgekehrt, dachte Max, während er auf das Gittertor zuschritt. Oder aber – und das wäre besorgniserregender als Polizeiwagen vor der Tür – die Russen hatten beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
    Mecha saß an einem der hinteren Tische und hatte die Jacke über die Stuhllehne gehängt. Max nahm wortlos neben ihr Platz, bestellte einen Negroni und sah sich um, wobei er ihren fragenden Blick mied. Sein noch feuchtes Haar war mit großer Sorgfalt gekämmt, und zwischen den Aufschlägen des marineblauen Blazers schaute ein seidenes Halstuch aus dem Hemdkragen.
    »Heute Nachmittag hat Jorge gewonnen«, sagte sie nach einer Weile.
    Max bewunderte ihren Gleichmut. Ihre heitere Gelassenheit.
    »Das ist eine gute Nachricht«, sagte er.
    Endlich schaute er sie an. Dabei lächelte er, und Mecha erriet den Grund für dieses Lächeln.
    »Du hast es«, stellte sie fest.
    Es war

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