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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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Ferse durchgescheuert.
    »Sie haben sie nicht mit dieser Pistole getötet«, sagte er.
    Mostaza rauchte seine Pfeife an und betrachtete Max durch die Rauchschwaden, während er das Streichholz ausschüttelte.
    »Selbstverständlich nicht«, bestätigte er. »Eine Pistole, selbst ein so kleines Kaliber wie diese, macht Krach. Ich wollte ja die Nachbarn nicht aufschrecken.« Er schlug ein wenig die Jacke auf und zeigte Max den Griff eines Messers, der neben den Hosenträgern zum Vorschein kam. »Das ist unappetitlicher, klar. Aber auch diskreter.«
    Dann blickte er auf das Blut zu seinen Füßen. Er schien zu überlegen, ob unappetitlich das richtige Wort war.
    »Es war kein Vergnügen, das versichere ich Ihnen«, setzte er nach einer Weile hinzu.
    »Warum?«, wollte Max wissen.
    »Darüber können wir uns später unterhalten, wenn Sie Lust haben. Jetzt sagen Sie mir erst einmal, ob Sie die Briefe von Ciano beschaffen konnten. Haben Sie sie bei sich?«
    »Nein.«
    Mostaza rückte mit einem Finger seine Brille zurecht und taxierte ihn einige Sekunden lang.
    »Ach ...«, sagte er schließlich. »Ist das eine Vorsichtsmaßnahme, oder ist es schiefgegangen?«
    Max blieb stumm. Er dachte darüber nach, wie viel sein Leben wohl noch wert wäre, wenn er die Briefe abliefern würde. Wahrscheinlich nicht mehr als das der armen Teufel, die dort auf dem Boden verblutet waren.
    »Aufstehen und umdrehen«, befahl Mostaza.
    Sein Ton war ein wenig gereizt, doch nicht drohend. Er klang, als gälte es nur noch, etwas Lästiges zu erledigen, das aber notwendig war. Max leistete Folge, und der andere hüllte ihn in eine Qualmwolke, als er von hinten an ihn herantrat und ihn ohne Ergebnis filzte und Max sich insgeheim zu der ihm eigenen Voraussicht gratulierte, die ihn bewogen hatte, die Unterlagen unter dem Autositz zu verstecken.
    »Sie können sich wieder umdrehen. Wo sind sie?«, nuschelte Mostaza, die Pfeife zwischen den Zähnen, während er sich die Hände an seiner Jacke abwischte. »Sagen Sie mir wenigstens, ob Sie sie haben.«
    »Ich habe sie.«
    »Großartig. Freut mich, das zu hören. Jetzt sagen Sie mir, wo sie sind, damit wir das hier endlich zu Ende bringen.«
    »Was verstehen Sie unter zu Ende bringen?«
    »Seien Sie doch nicht so misstrauisch, Mann. So wortklauberisch. Nichts hindert uns daran, auseinanderzugehen wie zivilisierte Menschen.«
    Max betrachtete Tignanellos Leiche. Er erinnerte sich an dessen verschlossene, melancholische Miene. Ein trauriger Mensch. Fast rührte es Max, ihn so zu sehen, bäuchlings in seinem eigenen Blut liegend. So still und wehrlos.
    »Warum haben Sie sie umgebracht?«
    Mostaza legte missbilligend die Stirn in Falten, und sein Gesichtsausdruck schien die Narbe an seinem Unterkiefer zu vertiefen. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas Unfreundliches sagen, schien es sich aber anders zu überlegen. Nachdem er sich mit einem raschen Blick in seinen Pfeifenkopf überzeugt hatte, dass der Tabak gut brannte, schaute er auf den toten Italiener hinunter.
    »Das ist doch kein Roman.« Es klang fast langmütig. »Also werde ich mich auch nicht hinsetzen und im letzten Kapitel erklären, wie alles gekommen ist. Zum einen brauchen Sie das gar nicht zu wissen, und zum anderen habe ich keine Zeit für einen Plausch über Detektive ... Sagen Sie mir, wo die Briefe sind, damit das endlich erledigt ist.«
    Max zeigte auf die Leiche.
    »Werde ich dann auch auf diese Weise erledigt?«
    Mostaza schien sich die Bemerkung durch den Kopf gehen zu lassen.
    »Sie haben recht«, gab er zu. »Ihnen gibt freilich niemand irgendeine Garantie. Und mein Ehrenwort wird Sie wohl kaum überzeugen, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Klar.«
    Er saugte hörbar an seiner Pfeife.
    »Ich sollte ein paar Details meiner Biografie richtigstellen«, sagte er dann. »In Wahrheit arbeite ich nicht für die spanische Republik, sondern für die Regierung in Burgos. Für die andere Seite.«
    Verschmitzt zwinkerte er Max zu. Er genoss die Verwirrung seines Gegenübers sichtlich.
    »So bleibt auf die eine oder andere Weise alles in der Familie«, setzte er hinzu.
    Max sah ihn noch immer perplex an.
    »Aber sie waren Italiener ... Faschistische Agenten. Sie waren Ihre Verbündeten.«
    »Passen Sie mal auf. Sie sind ein wenig einfältig, wie mir scheint. Auf dieser Ebene gibt es keine Verbündeten. Die beiden wollten die Briefe für ihre Chefs, und ich will sie für meine ... Jesus Christus predigte Brüderlichkeit, aber er hat nie gesagt,

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