Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
anderes jemals angeschaut hat, und er spürt einen warmen Atem, der seine Lippen streift, hört eine Stimme alte Worte flüstern, die klingen, als wären sie neu, die Balsam sind für alte Wunden und ihm Absolution erteilen, ihn befreien von den Lügen, Ungewissheiten und kleinen Katastrophen, den Pensionszimmern und finsteren Absteigen, falschen Pässen, Polizeirevieren, Gefängniszellen, den Demütigungen derletzten Jahre, von Einsamkeit und Misserfolg im fahlen Licht unzähliger Morgendämmerungen ohne Zukunft, in denen die charismatische Ausstrahlung, die der Knabe am Ufer des Riachuelo und der Soldat unter der sengenden Sonne und der adrette junge Tanzpartner schöner Frauen in den luxuriösen Salons von Überseeschiffen und großen Hotels einst besaßen, allmählich verglommen ist.
Und während noch immer der Hauch eines Lächelns seine Lippen umspielt und Max träumerisch dem fernen Widerhall seiner vielen Leben lauscht, schiebt er das Perlencollier zur Seite, nimmt den Handschuh und steckt ihn in die Brusttasche seiner Jacke, zupft ihn zurecht, bis die Finger herausschauen wie die Zipfel eines Einstecktuchs oder die Blütenblätter einer Blume. Mit einem letzten Blick prüft er, ob alles in Ordnung ist, einen Moment lang ruhen seine Augen noch auf dem Collier, das er auf der Kommode zurückgelassen hat, und dann verabschiedet er sich mit einer kleinen zum Fenster hin gerichteten Verbeugung von einem unsichtbaren Publikum, das ihm von dort draußen imaginären Beifall spendet. Um mit der angemessenen Nonchalance von der Bühne abzutreten, überlegt er, während er den Blazer zuknöpft und glattstreicht, hätte dieser Anlass vielleicht nach dem Tango de la Guardia Vieja verlangt. Nein, denkt er, das wäre wohl doch übertrieben. Zu abgedroschen. Also greift er nach seinem Koffer, öffnet die Tür und geht über den Flur davon ins Nichts. Dabei pfeift er The Man Who Broke the Bank at Monte Carlo .
Madrid, Januar 1990
Sorrent, Juni 2012
DANKSAGUNG
Es gibt viele, ohne deren Unterstützung dieser Roman nicht existieren würde. Beim Thema Tango leisteten mir Horacio Ferrer, José Gobello, Marcelo Oliveri und Óscar Conde entscheidende Hilfestellung. Gabriel di Meglio vom Kulturreiseveranstalter Eternauta verdanke ich meine ersten Eindrücke des Stadtteils Barracas, später vertieft durch Gabriela Puccia, die mir die Memoiren ihres Vaters Enrique Puccia zur Verfügung stellte, sodass ich mir Max Costas Vorstadtkindheit ausmalen konnte. Marco Tropea steuerte interessante Informationen zum Italien der Sechzigerjahre bei, und von meinem Freund Étienne de Montery erfuhr ich einige wichtige Details zum Frankreich des Jahres 1937. Von Michele Polak und seinem Antiquariat in Paris erhielt ich Bücher und Prospekte, um das Leben an Bord des Überseedampfers Cap Polonio schildern zu können. Zum Duell zwischen Keller und Sokolow trug die begeisterte Mitarbeit Leontxo Garcías viel bei, der mit gewohnter Großzügigkeit schwierige taktische Probleme lösen half und mir Zugang zu den weniger öffentlichen Aspekten der Schachelite verschaffte. Conchita Climent und Luis Salas lieferten den Stoff für das Berufsleben des Komponisten Armando de Troeye, Botschafter Julio Albi erläuterte mir bestimmte diplomatische Gepflogenheiten in der Zeit zwischen den Kriegen, Kommissar Antonio Calabria klärte mich bezüglich der Fragen zur Polizei auf, Asya Goncharova half mir bei den sprachlichen und charakterlichen Besonderheiten der sowjetischen Schachspieler, und unter der fachmännischen Anleitung von José López und Gabriel López öffnete ich meinen ersten Safe. Diese Danksagung bliebe unvollständig ohne die Erwähnung meiner Freunde, des argentinischen Schriftstellers und Journalisten Jorge Fernández Díaz und des uruguayischen Verlegers Fernando Esteves.
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