Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
Motiv ausscheidet, bleibt das Geld. Und dabei haben Sie sehr wohl Prinzipientreue bewiesen. Wir sind bevollmächtigt, Ihnen eine beträchtliche Summe in Aussicht zu stellen.«
Max faltete die Hände und legte sie auf das obere Knie seiner gekreuzten Beine.
»Wie beträchtlich?«
Barbaresco beugte sich über den Tisch und senkte die Stimme.
»Zweihunderttausend Francs in der Währung, die Ihnen am meisten zusagt, und zehntausend als Vorschuss für Ihre Auslagen in Form eines Schecks der Crédit Lyonnais in Monte Carlo ... Über den Scheck können Sie umgehend verfügen.«
Zerstreut betrachtete Max das Schild des benachbarten Juwelierladens, dem er beruflich wärmstens verbunden war. Der Inhaber, ein Jude namens Gompers, mit dem er ab und zu Geschäfte machte, kaufte denen, die abends aus dem Kasino kamen, einen Gutteil des Schmucks wieder ab, den er ihnen morgens verkauft hatte.
»Ich bin mit eigenen Projekten beschäftigt. Die müsste ich dafür aussetzen.«
»Wir denken, mit der angebotenen Summe sind Sie mehr als entschädigt.«
»Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken.«
»Dafür bleibt keine Zeit. Die Sache muss in spätestens drei Wochen erledigt sein.«
Max’ Blick schweifte von links nach rechts, von der Fassade des Kasinos über das Hotel de Paris zum Gebäude des Sporting Club, entlang der Reihe funkelnder Rolls-Royce, Daimler und Packard, die dort geparkt waren, und über die Chauffeure, die in Grüppchen plaudernd am Fuß der großen Treppe standen. Drei Nächte zuvor war ihm dort eine doppelte Glückssträhne vergönnt gewesen: eine reife, aber noch sehr schöne, von einem Kunstlederfabrikanten geschiedene Österreicherin aus Klagenfurt, mit der er in vier Tagen eine Verabredung im Train Bleu hatte, und ein cheval im Sporting Club, als das Elfenbeinkügelchen auf der 26 liegenblieb und Max einen Gewinn von siebzehntausend Francs bescherte.
»Anders ausgedrückt: Ich komme sehr gut allein zurecht. Ich lebe, wie es mir passt, und käme nie auf die Idee, für eine Regierung zu arbeiten. Weder für die Faschisten noch für die Nationalsozialisten, die Bolschewisten oder Doktor Fu Manchu.«
»Ob Sie akzeptieren oder nicht, liegt selbstverständlich ganz bei Ihnen.« Barbarescos Miene legte das völlige Gegenteil nahe. »Doch sollten Sie ein paar Aspekte bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen. Eine Absage würde das Missfallen unserer Regierung erregen. Stimmt’s, Domenico? Und zweifellos müsste man mit einer anderen Vorgehensweise unserer Polizei rechnen, für den Fall, dass Sie noch einmal italienischen Boden betreten wollen.«
Rasch wägte Max die Tragweite ab. Italien meiden zu müssen würde bedeuten, auf die exzentrischen Amerikanerinnen in Capri und an der Amalfi-Küste zu verzichten, auf die gelangweilten Engländerinnen in den angemieteten Villen rund um Florenz und auf die neureichen Deutschen und Italiener, die Stammgäste des Kasinos und der Hotelbar waren und ihre Frauen in Cortina d’Ampezzo und am Lido von Venedig allein ließen.
»Und das ist noch nicht alles«, fuhr Barbaresco fort. »Mein Land unterhält ausgezeichnete Beziehungen zu Deutschland und anderen mitteleuropäischen Staaten. Ganz zu schweigen von dem mehr als wahrscheinlichen Sieg General Francos in Spanien ... Wie Sie wissen, ist die Polizei effektiver als der Völkerbund. Manchmal kooperiert sie grenzübergreifend. Ein erhöhtes Interesse an Ihrer Person würde gewiss auch in anderen Ländern Resonanz finden. Und dann könnte das Territorium, auf dem Sie, wie Sie sagen, sehr gut allein zurechtkommen, auf ein ärgerlich geringes Maß schrumpfen. Können Sie sich das vorstellen?«
»Ich kann es mir vorstellen«, gab Max zu.
»Gut, dann stellen Sie sich jetzt das Gegenteil vor. Eine mögliche Zukunft. Gute Freunde und ein immenses Jagdgebiet. Abgesehen von dem Geld, das Sie kassieren werden.«
»Ich müsste mehr Einzelheiten wissen. Abschätzen können, inwieweit das durchführbar ist, was Sie von mir verlangen.«
»Weitere Informationen erhalten sie übermorgen in Nizza. Man hat Ihnen dort für drei Wochen ein Zimmer im Negresco reserviert. Wir wissen ja, dass Sie dort Stammgast sind. Es ist immer noch ein gutes Hotel, nicht wahr? ... Obwohl wir persönlich das Ruhl vorziehen.«
»Werden Sie im Ruhl absteigen?«
»Nichts lieber als das. Aber unsere Vorgesetzten sind der Meinung, dass Luxus den Stars wie Ihnen vorbehalten seinsollte. Wir wohnen zur Miete in einem bescheidenen Haus in Hafennähe.
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