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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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sozialen Rehabilitation – wie so viele seiner Landsleute war er letztlich der faschistischen Partei beigetreten – genoss Fossataro in der mondänen europäischen Halbwelt einen sagenhaften Ruf. Er war ein begeisterter Bücherleser, und so geschah es einmal, dass erbei einem Einbruch in Verona mittendrin aufhörte und alles wieder zurück an seinen Platz räumte, weil er festgestellt hatte, dass der Besitzer des Hauses Gabriele D’Annunzio war. Berühmt war auch die nächtliche Episode, bei der er ein Kindermädchen mit Äther betäubt hatte und dann dem Baby, als es in seiner Wiege aufwachte, das Fläschchen gab, während die Komplizen das Haus plünderten.
    »Das heißt«, fuhr Barbaresco fort, »dass Sie nicht nur liebenswürdige Umgangsformen mit Gigolo-Qualitäten haben, sondern auch mit allen Wassern gewaschen sind. Das, was die Franzosen auf ihre feinsinnige Art einen cambrioleur nennen. Einen Einbrecher im Smoking.«
    »Müsste ich jetzt ein überraschtes Gesicht machen?«
    »Nicht nötig, denn in unserem Fall ist es kein besonderes Verdienst, über Sie Bescheid zu wissen. Meinem Kollegen und mir steht der Staatsapparat zur Verfügung. Und wie Sie wissen, ist die italienische Polizei die effizienteste in ganz Europa.«
    »Gleich nach der Gestapo und dem NKWD, habe ich mir sagen lassen. Was die Effizienz angeht.«
    Barbarescos Miene verdüsterte sich.
    »Sie meinen die Leute von der OVRA, der faschistischen Geheimpolizei. Mein Freund und ich sind allerdings Carabinieri, verstehen Sie? Militärpolizei.«
    »Das beruhigt mich ungemein.«
    Während des folgenden sekundenlangen Schweigens sann Barbaresco wohl mit sichtlichem Missfallen der Ironie in Max’ Antwort nach. Doch anscheinend beschloss er, es vorerst auf sich beruhen zu lassen.
    »Es geht um Unterlagen, die für uns große Bedeutung haben«, erklärte er. »Sie befinden sich im Besitz eines in der internationalen Finanzwelt sehr namhaften Mannes. Aus vielerlei Gründen, die mit der Lage in Spanien zusammenhängen, befinden sich diese Unterlagen in einem Haus in Nizza.«
    »Und Sie wollen, dass ich die für Sie dort heraushole.«
    »Genau.«
    »Indem ich sie stehle.«
    »Sie stehlen sie nicht, Sie holen sie zurück. Sie sorgen dafür, dass ihr Eigentümer sie wiederbekommt.«
    Max tat weiter unbeteiligt, aber unwillkürlich erwachte seine Neugierde.
    »Was sind das für Unterlagen?«
    »Das erfahren Sie, wenn es so weit ist.«
    »Und warum ausgerechnet ich?«
    »Wie ich schon sagte, weil Sie für ein solches Umfeld das richtige Auftreten haben.«
    »Sie verwechseln mich wohl mit Rocambole.«
    Aus irgendeinem Grund zauberte die Erwähnung des Meisterdiebs aus den Feuilleton-Romanen ein kleines Lächeln auf Tignanellos Gesicht und erhellte für einen Augenblick seine finstere Miene, während er sich den Leberfleck auf seiner Wange kratzte. Gleich darauf sah er Max wieder an, als rechnete er jeden Moment mit einer schlimmen Nachricht.
    »Das ist Spionage ... Sie sind Spione.«
    »Das klingt so melodramatisch.« Mit zwei Fingern bemühte sich Barbaresco erfolglos, seine verschwundene Bügelfalte in Form zu zwicken. »Eigentlich sind wir einfache italienische Staatsbeamte. Mit Diäten, Spesenabrechnungen und so weiter.« Und an den anderen gewandt: »Stimmt’s, Domenico?«
    Seine eigene Rolle dagegen erschien Max nicht so einfach.
    »Auf Spionage steht in Kriegszeiten die Todesstrafe.«
    »Frankreich ist nicht im Krieg.«
    »Aber das kann sich bald ändern. Es kommen böse Zeiten.«
    »In den Unterlagen, die Sie beschaffen sollen, geht es um Spanien. Schlimmstenfalls riskieren Sie eine Ausweisung.«
    »Ich will aber nicht ausgewiesen werden. Es gefällt mir in Frankreich.«
    »Das Risiko ist minimal, das versichere ich Ihnen.«
    Max schaute ehrlich erstaunt von einem zum anderen.
    »Ich dachte, für derartige Zwecke verfügen Geheimdienste über ihr eigenes Personal.«
    »Das ist es, woran mein Freund und ich gerade arbeiten.« Barbaresco lächelte langmütig. »Indem wir versuchen, Sie anzuheuern. Wie, glauben Sie, soll das denn sonst funktionieren? Zu uns kommen keine Bewerber und sagen: Ich will Spion werden. Manche Leute überzeugt man mit Vaterlandsliebe, manche mit Geld. Sie haben bisher Sympathie für keine der beiden Seiten gezeigt, die sich in Spanien bekriegen. Tatsächlich scheint Ihnen das Ganze völlig egal zu sein.«
    »Ich bin eigentlich eher Argentinier als Spanier.«
    »Das mag ein Grund sein. Wie dem auch sei, wenn Patriotismus als

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