Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
suchten, hatte mit diesen Menschen jedoch nichts gemein. Sie machten es sich hier bequem, in einem Klima, das dem ihrer Heimat so ähnlich war, mieteten Villen, Appartements oder Hotelzimmer, ließen sich von der Sonne bräunen und speisten in teuren Restaurants. Und nicht nur in Nizza. Vier Wochen zuvor hatte Max während der Vorbereitungen zu einer Sache, die dann keinen befriedigenden Abschluss gefunden hatte – nicht alle seine Unternehmungen waren von Erfolg gekrönt –, in Florenz mit einigen dieser Exilanten zu tun gehabt: Aperitif im Casone, Abendessen im Picciolo oder im Betti. Für die, die sich in Sicherheit bringen konnten und ihre Bankkonten im Ausland hatten, war der Bürgerkrieg nichts als eine vorübergehende Belästigung. Ein fernes Gewitter.
»Kennst du auch Tomás Ferriol?«
»Natürlich. Und hüte dich«, warnend hob sie einen Zeigefinger, »der ist mit Vorsicht zu genießen.«
Max entsann sich der Unterhaltung, die er am Morgen mit den italienischen Agenten im Café Monnot an der Place Masséna in der Nähe des städtischen Kasinos geführt hatte. Die beiden, die sich Barbaresco und Tignanello nannten, saßen vor schlichten Zitronensorbets, während Barbaresco Max über die Einzelheiten seiner Aufgabe ins Bild gesetzt und Tignanello ebenso melancholisch geschwiegen hatte wie in Monte Carlo. Susana Ferriol sei die Schlüsselfigur, hatte ihm Barbaresco erklärt. In ihrer Villa am Fuß des Mont Boron unterhalte ihr Bruder eine Art Büro für seine vertraulichen Angelegenheiten. Dort residiere Tomás Ferriol, wenn er sich an der Côte d’Azur aufhalte, und im Safe dieses Büros seien die fraglichen Unterlagen verwahrt. Von Max erwarteten sie nun, dass er sich in den Bekanntenkreis der Ferriols einschleuse, die Örtlichkeiten auskundschafte und ihnen das Gewünschte beschaffe.
Asia Schwarzenberg musterte Max, als erwöge sie seine Chancen. Allem Anschein nach hätte sie keine fünf Francs auf ihn gesetzt.
»Ferriol«, sagte sie nach einer Weile, »wird nicht zulassen, dass sich jemand an sein Schwesterchen ranmacht.«
Gelassen nahm Max die Warnung entgegen.
»Ist er zur Zeit in Nizza?«
»Er kommt und geht. Vor einem Monat sind wir uns zweimal begegnet, beim Abendessen in La Réserve und auf einem Fest in dem Haus, das Dulce Martínez de Hoz diesen Sommer in Antibes gemietet hat. Aber die meiste Zeit ist er in Spanien, in der Schweiz oder in Portugal. Zur Regierung in Burgos unterhält er sehr enge Beziehungen. Wie es heißt, und ich glaube das, ist er nach wie vor der Chefbankier von General Franco. Alle Welt weiß, dass er das Startkapital für den Militäraufstand in Spanien bereitgestellt hat.«
Max hob den Blick über die Terrasse hinaus und betrachtete die am Straßenrand geparkten Autos und die noch immer vorbeidefilierenden Schatten. An einem anderen Tisch saß ein Paar mit einem mageren, zimtbraunen Hund mit aristokratischer Schnauze. Sein Frauchen, eine junge Dame in einem leichten Kleid und mit einem Seidenturban auf dem Kopf, zerrte an der Leine, um das Tier davon abzubringen, dem Mann, der sich am Nebentisch die Pfeife stopfte und verträumt auf das Schild des Reisebüros Cook starrte, die Schuhe zu lecken.
»Gib mir ein paar Tage«, sagte die Baronin. »Ich muss mir etwas ausdenken.«
»Ich habe nicht viel Zeit.«
»Ich werde tun, was ich kann. Für die Kosten kommst du auf, nehme ich an.«
Er nickte geistesabwesend. Der Mann hatte inzwischen seine Pfeife angezündet und schaute jetzt zu ihnen herüber, zufällig vielleicht, doch Max fühlte sich unbehaglich. Irgendetwas an dem Fremden kam ihm bekannt vor, ohne dass er hätte sagen können, was es war.
»Billig kommt dich das nicht«, betonte die Baronin. »Suzi Ferriol ist schließlich ein gewaltiges Kaliber.«
Max sah sie wieder an.
»Wie gewaltig? Ich hatte an sechstausend Francs gedacht.«
»Achttausend, mein Lieber. Es ist alles furchtbar teuer geworden.«
Der Mann mit der Pfeife schien das Interesse an ihnen verloren zu haben und betrachtete nun die Passanten. Max bückte sich, um, halb unter dem Tisch verborgen, diskret den vorbereiteten Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke zu ziehen und tausend Francs aus seiner Brieftasche dazuzustecken.
»Mit siebentausend wirst du wohl hinkommen.«
»Ja«, lächelte die Baronin, »damit komme ich hin.«
Sie schob den Umschlag in ihre Handtasche, und sie verabschiedeten sich voneinander. Er blieb stehen, während sie sich entfernte, zahlte die Rechnung, setzte den
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