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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Antwort!«
    Durchdringend sah sie den Angeklagten an.
    »Wo ist es? Wo ist das Satorakt?«
     
    *
     
    Wie gebannt starrten Fiona und die beiden Wölfe in die dunkle, unergründliche Tiefe des Satorwaldes. Die Fichten warfen ihre langen Schatten über die Wiese.
    »Und wir sollen da einfach so hineingehen?«, raunte Carras schließlich dem älteren Wolfsmann zu.
    Lex zuckte mit den Achseln. »Hast du einen besseren Plan?«
    Da entdeckte Fiona vor ihren Füßen einen dünnen, seltsam gekrümmten Tannenzapfen. Sie kniete sich daneben, fuhr gedankenverloren mit den Fingern über die spitzen, rostbraunen Schuppen – und zuckte zusammen, als plötzlich aus der Ferne ein markerschütterndes Brüllen erklang.
    »Was zum …?«, hörte sie Lex knurren, als sich dem Zornesschrei immer mehr hasserfüllte Rufe anschlossen. Fiona ließ den Tannenzapfen fallen und umklammerte krampfartig ihren Holzstock.
     
    *
     
    »Das Satorakt! Wo ist es?«, flüsterten die Wölfe fiebrig vor Erwartung.
    »Also?«, fragte Dornstern ungeduldig. »Selbst, wenn wahr ist, was du uns erzählt hast, muss doch zumindest der eine Teil tatsächlich bei Pfauenauge und Basalt gewesen sein!«
    Auffordernd sah sie Serafin an, doch er schwieg.
    »Schattenklaue!«, wiederholte die Richterin lauter. »Wo ist dieser Teil?«
    Er blickte auf seine Hände. Und für einen Moment war es ihm, als würde die schmale, kunstvoll geschwungene Kralle wieder in ihnen liegen. Ihr Glanz war fesselnd schön gewesen. Ihre Macht in jeder Zelle seines Körpers spürbar.
    »Du hast sie gefunden!«, drang Dornsterns Stimme in seine Gedanken. »Und fortgeschafft! Ist es nicht so, Schattenklaue?«
    »Nein«, log er.
    »Sprich schon! Wo ist sie?«
    »Selbst, wenn ich es wüsste, ich würde es nicht sagen!«, entfuhr es Serafin. »Seht ihr es denn nicht? Dieses Artefakt hat uns alle ins Unglück gestürzt!«
    Plötzlich und zum Erstaunen aller erhob sich Alkarn von seinem Thron.
    »Schattenklaue«, sprach er beinahe väterlich. »Hast du uns nicht Offenheit versprochen – damit wir wieder auf dein Wort vertrauen können?«
    Serafin schluckte. In keinem Verhör war es vorgekommen, dass der Leitwolf selbst zum Angeklagten gesprochen hat. Noch nie.
    Alkarn blicke mahnend auf ihn nieder.
    Schattenklaue sah zu Kaltschnauze, der angespannt die Hände aufeinanderlegen. Er dachte an Basalt, an Pfauenauge und an Rotpelz, die wegen des Teufelsdings gestorben waren.
    »Alkarn«, flüsterte er. »Ich will in allem zu dir offen sein. Nur nicht darin.«
    Alkarns Miene versteinerte.
    Unter den Zuschauern machte sich Empörung breit.
    Ein Fingerzeig der Hohen Richterin und Ehrenpreis hievte ihn auf seine Beine, die vom langen Knien ganz taub geworden waren. Serafin geriet ins Taumeln und wäre umgeknickt, wäre der Griff des Wächters nicht so fest gewesen.
    Dornstern stellte sich ihm gegenüber. Er konnte ihren Atem spüren.
    »Du willst es uns nicht sagen, Schattenklaue?«
    »Nein.«
    »Obwohl dich unser Leitwolf darum bittet?«
    »Nein.«
    »Obwohl es dein Urteil mildern würde?«
    Serafin sah tief in ihre glühend-schwarzen Augen. Plötzlich durchfuhr ihn der Drang, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ihr alles, wirklich alles zu gestehen – ganz einfach, weil er weiterleben wollte.
    Er durfte kein Narr sein. Nachdem, was er gestanden hatte, töten sie ihn so oder so. Wenn er sich auch nur einen Funken Stolz bewahren wollte, musste er sein Geheimnis mit ins Grab nehmen. »Ich werde es nicht sagen«, flüsterte er, obgleich etwas in ihm gegen seine Worte rebellierte.
    Bedauern stand in Dornsterns Augen, als sie den Sicheldolch umfasste.
    »Niemals!«, rief Serafin, als sich plötzlich die Menge teilte und einem aufgebrachten Wolfsmann Platz machte, der vor dem Tribunal stehen blieb und nach Atem rang.
    »Schwalbenschwanz, du wagst es, das Gericht zu stören?«, fuhr ihn Horniss an.
    »Eindringlinge!«, keuchte der junge Wolfsmann. »Da … da sind Menschen vorm Satorwald!«
     
    *
     
    Gebückt näherten sich Fiona, Lex und Carras vorsichtig dem Gebrüll, das sich inzwischen mit Schüssen, Schmerzensschreien und bestialischem Gejaule mischte.
    Endlich, hinter einen Stein gepresst, konnten sie den Ursprung des Lärms erkennen.
    Auf derselben Wiese, nur tiefer im Tal, lieferten sich gut zweihundert Menschen einen erbitterten Kampf mit einigen Wölfen.
    Sie begriff nicht, was da vor sich ging, begriff nicht, warum sich die Männer auf die Wertiere stürzten, und nicht vor ihnen

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