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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Glas eingefassten Kasten, in dessen Innerem Blitzschweif ein paar tote bunte Schmetterlinge wie Trophäen aufbewahrte, mit weit ausgestreckten Armem von der Wand genommen. Er hatte ihn in die hinterste Ecke des Zimmers geschafft, die filzige Bettdecke darüber gefaltet, und sich so fest er konnte auf den Kasten gestemmt, bis das Glas kaum hörbar unter seinem Gewicht zu Bruch gegangen war.
    Jetzt suchte er vorsichtig nach der größten Scherbe und entdeckte ein langes, spitzes Stück, das im Zersplittern dem größten und schönsten Schmetterling im Kasten einen zarten Flügel vom Körper gerissen hatte. Traurig besah Carras den pudrigen Schmetterlingsstaub, der nun an dem Glas klebte, holte tief Luft und griff nach dem Splitter.
    Er probierte, wie er die längliche Scherbe am besten unter seinen Kleidern verbergen konnte, als leise Stimmen vom Treppenaufgang zu ihm drangen. Mit wem sprach der Türwächter? Was bedeutete das dumpfe Geräusch, das folgte?
    Carras hielt den Atem an. Das ging zu schnell, er war noch nicht bereit jetzt anzugreifen!
    Aber vielleicht war es das letzte Mal vorm Vollmond, dass jemand in sein Zimmer kam.
    Ohne weiter nachzudenken, presste er sich hinter die hölzerne Tür, die sich im selben Augenblick öffnete. Der Eindringling sah sich um, ging weiter in den Raum.
    Carras sprang aus seinem Versteck und stürzte sich, mit der Scherbe zustoßend, auf ihn.
    Neuschnee fuhr herum, und warf sich rückwärts gegen die Tür, die scheppernd ins Schloss fiel.
    Er erschrak, als er sah, dass er die Wolfsfrau tatsächlich getroffen hatte. Ein schmaler, blutiger Ritz zog sich über ihren Unterarm, den sie schützend vor sich gehalten hatte. Doch Neuschnees Züge verrieten keinen Schmerz, als sie ihn streng und durchdringend anblickte.
    »Lass mich raus!«, rief Carras heiser, seine Waffe drohend auf sie gerichtet.
    »Sei nicht dumm«, entgegnete sie mit ernster Stimme.
    »Du sollst mich rauslassen!«, verlangte Carras noch einmal. »Sonst tu ich dir was!«
    Neuschnees Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Oder … oder ich tu mir was!«
    Carras hielt kurz entschlossen die Scherbe an seinen Hals.
    »Beruhige dich!«, beschwor sie ihn erschrocken. »Ich bin doch hier, um dir zu helfen!«
    »Dann mach die Tür auf!«
    Ohne die grünen Augen von ihm zu lassen, griff Neuschnee nach hinten, umfasste die Klinke, öffnete langsam die Tür und ging zur Seite. »Sieh genau hin«, sagte sie leise.
    Carras’ lief es kalt über den Rücken, als er sah, was die verschlossene Tür verborgen hatte. Der Wächter lag wie tot im Treppenhaus.
    »Was zum …?«
    »Ein Schlaftrunk«, sagte Neuschnee. »Aber gib acht, nur die Wölfe im Turm haben ihn getrunken.«
    Carras ließ den Glassplitter ein Stück sinken, sah verwirrt von dem bewusstlosen Wächter zur weißen Wölfin.
    »Warum willst du mir helfen?«
    Sie seufzte, so als hätte sie lang und verzweifelt nach einem anderen Weg gesucht.
    »Nur so«, war schließlich ihre Antwort, »wird er mich anhören.«
     
    *
     
    »Komm schon, Serafin!«
    Voller Ungeduld fixierte Fiona den Wolfsmann. Wind peitschte durch ihr Haar. Sie hatten das ganze Tal abgesucht, waren durch den hohen Farn, die dürren Dornbüsche gekrochen, und gelangten immer wieder zu den Rissen im Gestein, die sich in die Felswand gruben. Immer wenn Fiona und die Wölfe diesen schmalen Einschnitten in der Hoffnung gefolgt waren, das Geröll hätte in einer verborgen gebliebenen Ecke vielleicht unbemerkt einen Aufstieg geschaffen, fanden sie sich schon nach wenigen Schritten vor einer blanken, starren Felswand wieder, die jedes Emporkommen unmöglich machte.
    »Denk nach, Serafin! Irgendwo muss es einen Ausgang geben!«, drängte Fiona den Schwarzen, so als wäre sie der Meinung, die Felsen würden sich wie durch Zauberhand auftun, sobald sie nur alle fest genug daran glaubten.
    Lex allerdings war weniger hoffnungsvoll,
    »Sieh es ein. Wir haben überall nachgesehen …«
    Fiona blickte zum wolkenbedeckten Düsterhimmel, der es ihr beinahe unmöglich machte, die Zeit abzuschätzen.
    Wie lange war es noch bis zum Vollmond …?
    »Keine Stunde mehr«, sagte Serafin, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    Fiona fröstelte. Es war kalt geworden.
    »Ich werde an deiner Seite kämpfen«, versprach Lex seinem Leitwolf.
    Serafin nickte.
    »Ich …«, setzte Fiona entschlossen an.
    »Nichts da Kleine«, fiel ihr Lex ins Wort, »du wirst gar nichts tun. Du wirst dich schön still verhalten!«
    Voller Empörung sah sie ihn

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