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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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stille Verachtung, den anklagenden Blick, der sie so hässlich machte, den war er schon gewohnt. Aber seit sie ahnte, was oben bei Fiona geschehen war, ging das Weib eindeutig zu weit. Sie verweigerte sich ihm! Schenkte ihm keine Wärme mehr, stellte kein Essen auf den Tisch! Zum Henker, wozu sonst war sie gut?
    Er versetzte dem Dorfbrunnen einen heftigen Tritt, lief rastlos weiter über den Platz und aus dem Dorf hinaus.
    Rosa wollte ihn verlassen, dessen war er sich sicher. Warum sonst teilte sie nicht mehr das Bett mit ihm? Seit Wochen schlief sie auf der Küchenbank.
    »Soll sie doch der Teufel holen«, brüllte Zwieker dem grellen Mond entgegen. Er musste hämisch glucksen bei dem Gedanken daran, wie dumm die ach so gottgefällige Rosa dreinschauen würde, hätte sie das gehört.
    Noch einen und dann noch einen kräftigen Schluck Schnaps schüttete er hinunter, als er mit einem Mal irritiert die Flasche absetzte. Was war das? Kam von dort oben, wo die dürre Göre lebte, nicht irgendjemand, irgendetwas auf ihn zu? Das hast du dir eingebildet, Zwieker, wie schon beim letzten Mal , sagte er sich. Der Schnaps hat dir wieder mal einen Streich gespielt.
    Doch der silberne Schein des Mondes belehrte ihn bald eines Besseren. Das war keine Einbildung. Vom Hang her kam ihm ein Wolf entgegen!
    »Komm doch, Köter«, lallte er und hob drohend die Faust. »Dir zieh ich’s Fell ab! Beim letzten Mal bist du mir viel zu glimpflich davongekommen.«
    Unbeirrt lief das Vieh weiter. Je näher es kam, desto klarer sah Zwieker die funkelnden Augen, das rotbraune Fell. Das Biest war groß, zu groß für einen Wolf.
    Brüllend nahm er Steine vom Boden und schleuderte sie auf das Ding. Doch es wich keinen Schritt zurück, kam auf leisen Pfoten immer näher auf ihn zu.
    Zwieker wich auf seinen wackligen Beinen Schritt um Schritt zurück, die Augen auf das Biest gerichtet. Plötzlich stieß er mit dem Rücken gegen einen zackigen Felsen.
    Als hätte es darauf gewartet, stieß sich das Monster von der Erde ab – und flog auf ihn zu.
    Er rannte, rannte so schnell wie er noch nie gelaufen war zurück zum Dorf. Schweiß rann über sein Gesicht, tropfte ihm in die Augen. Endlich, das erste Haus! Dort würden sie ihm helfen.
    Doch da hörte er die Bestie dicht hinter sich. Hörte ihre Krallen hart auf den steinigen Boden schlagen. Hörte ihr Hecheln immer näher und näher kommen , spürte ihren Atem im Nacken.
    Direkt hinter ihm!
    Brüllend drehte er sich um und schlug dem Vieh im letzten Augenblick mit voller Wucht seine Schnapsflasche ins Gesicht.
    Das Glas zerbarst. Das Tier jaulte auf, wich zurück und wankte. Blut tropfte auf den Boden.
    Zwieker lachte. Der Schlag hatte gesessen!
    Da richtete die Bestie ihren funkelnden Blick auf ihn.
    Er meinte, den Wolf lächeln zu sehen, als dieser den Kopf leicht schief legte und das eigene Blut von den Lefzen leckte.
    »Was … Was bist du?«, keuchte Zwieker.
    Mit einem Schlag wurde es ihm klar. Natürlich, der Teufel! Das musste der Teufel sein!
    Der zerborstene Rest der Schnapsflasche rutschte aus Zwiekers zitternden Fingern. Das Glas schlug auf die Kieselsteine und zerbrach in tausend Stücke. Er stolperte noch ein paar Schritte zurück, ehe sich der Teufel auf ihn stürzte und zu Boden warf. Verzweifelt rang Zwieker mit dem Satan, der ihm die spitzen Zähne in den Hals rammen wollte. In seiner Todesangst gelang es ihm, das Monster hart von sich zu stoßen. Zu schwindelig, um sich aufzurichten, kroch er weiter – zurück ins Dorf, zurück zu Rosa.
     
    *
     
    Und so manche im Dorf, auch wenn sie es niemals zugeben würden, hatten ihn schreien hören. Doch weil es nicht ungewöhnlich war, dass der Trunkenbold um diese Zeit rumorte, hatte sich keiner dazu bequemt, aufzustehen und aus dem Fenster zu schauen.
    Niemand hatte gesehen, wie der Werwolf Zwieker zu Boden warf – und zubiss, immer wieder, ehe er satt in den Wald zurückkehrte.
    Niemand wusste, dass Zwieker kurz bevor die Dunkelheit ihn umfing, trotz der Schmerzen, trotz des Suffs, für einen letzten Moment ganz klar sehen konnte. Da wünschte er sich, Rosa noch einmal zu begegnen.
    Um sie um Verzeihung zu bitten.
     
    *
     
    Wo, um Gottes willen, war Fiona?
    Nanna wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie blieb stehen, um Atem zu schöpfen.
    Diese Nacht war gefährlich, das empfand sie jetzt zutiefst. Sie hätte ihr Fräulein niemals allein lassen sollen! Ihr war im Grunde schon lange klar, dass seltsame Dinge um sie herum

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