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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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Carras sah dem Wolfsmann erstaunt und ratlos hinterher.
    »Der Karren scheint im Schlamm festzustecken«, murmelte sie und beschattete die Augen. »Wahrscheinlich versucht da jemand ein Pferd anzutreiben, um ihn freizubekommen.«
    In diesem Augenblick ertönte das jämmerliche Wiehern von Neuem.
    »Der Kerl da unten«, rief Carras aufgebracht. »Ist der von allen guten Geistern verlassen, das arme Pferd so zu schlagen?«
    Lex hatte das Fuhrwerk fast erreicht. Fiona folgte ihm mit Carras, so schnell sie konnte, den steilen Weg hinab.
    Von dem heranstürmenden Wolfsmann zusätzlich erschreckt, scherte das gepeinigte Pferd mit aller Macht aus und riss dabei den mit schweren Kartoffelsäcken überladenen Karren fast um.
    »Was bist du denn für ein Schwachkopf? « rief ein Mann von untersetzter Statur und mit vor Anstrengung und Wut krebsrotem Gesicht. »Wenn du mit anpacken willst, dann hilf mir lieber, diesen dämlichen Gaul …«
    Weiter kam er nicht. Lex riss ihm die Peitsche aus der Hand und verpasste dem Kerl einen solchen Schlag auf den Rücken, dass der laut aufjaulte. Der zweite Hieb zerfetzte seine Joppe, und als Lex zum dritten Mal ausholte, fiel der Bauer winselnd auf die Knie und flehte um Gnade.
    In diesem Moment kam Carras keuchend neben Lex zum Stehen. »He, was tust du da? Lass das!«, schrie er seinen Gefährten an.
    Doch der hörte ihn augenscheinlich nicht. Obwohl er sein Opfer fest im Visier hatte, schien sein Blick seltsam nach innen gekehrt. Und schon fräste die Knute eine blutige Spur in den Rücken des Pferdeschinders. Als Lex offenbar ohne die geringste Regung von Mitleid die Peitsche erneut durch die Luft zischen ließ, fiel ihm Fiona in den Arm. Völlig außer Atem hatte sie die Gruppe erreicht. Keine Sekunde zu früh.
    »Lass den Mist, Lex, du wirst ihn töten!«
    »Er hätte es verdient …«, antwortete dieser mit kalter Stimme.
    »Lex, bitte! Sieh mich an!«
    Fieberhaft überlegte Fiona, wie sie die Lage entschärfen könnte.
    »Geh mir aus dem Weg!«, befahl Lex mit flackerndem Blick. »Sofort! Ich bin noch nicht fertig mit diesem …!«
    »Wozu soll das gut sein? Wem willst du es damit eigentlich zeigen …?«, rief Fiona.
    Lex stutzte und starrte sie erstaunt an.
    Sie hielt seinem Blick stand. Es kam ihr vor, als würde der Wolfsmann einen inneren Kampf ausfechten. Schwer atmend ließ er schließlich den Arm sinken. Sekundenlang verharrte er reglos und fuhr sich dann mit einer fahrigen Geste über die verschwitzte Stirn.
    Fiona sah ihm fest in die Augen. »Lex, das ist ein Mensch.«
    »Na und? Was hat das denn damit zu tun? Hast du etwa nicht gesehen, was dieser Schinder mit dem Pferd gemacht hat?«
    Voller Verachtung spuckte er auf den Boden.
    Sie legte ihre Hände beschwichtigend auf seine Arme.
    »Du hast recht, das hätte er nicht tun sollen. Aber …«
    Carras ging langsam und mit beruhigenden Worten auf die erregte Stute zu. Überrascht beobachtete Fiona, wie behutsam und sicher er mit dem Tier umging, als wüsste er genau, was zu tun war.
    »Dieser Tierquäler!«, murmelte er voller Abscheu.
    Sie trat zu ihm, sah die blutigen Striemen auf dem Rücken des Tiers und presste die Lippen aufeinander. Als sie sich angewidert zu dem Bauern umwenden wollte, wies Lex wortlos zum Waldrand. Sie sah gerade noch, wie der Bursche gebückt im Unterholz verschwand. Er hatte die paar Sekunden, die er sich unbeobachtet glaubte, genutzt, um sich eiligst aus dem Staub zu machen.
    Der Wolfsmann rührte sich nicht vom Fleck. Er spie noch einmal zur Seite, schleuderte voller Ekel die Peitsche zu Boden und starrte auf den blutverschmierten Riemen.
    Plötzlich musste Fiona an die langen, schmalen Narben denken, die sie auf seinem Rücken entdeckt hatte, damals, nach der ersten Vollmondnacht, als sie ihn hatte pflegen müssen.
    »Lex, ich …«, setzte sie an.
    Er atmete tief durch und wandte sich abrupt um. »Wir sollten den Karren wieder flottkriegen!«
    Verdutzt starrte sie ihn an. Carras protestierte.
    »Das Pferd ist verletzt und erschöpft, Lex! Der Wagen ist einfach zu schwer, das schafft es allein nicht.«
    »Eben drum«, versetzte der Ältere. Mit einem Satz sprang er auf den Wagen und beförderte die zentnerschweren Säcke einen nach dem anderen hinaus. Während Lex anschließend die Hinterachse des Wagens aus dem Morast befreite, nahm Carras die Stute beim Zügel und lockte sie.
    »Na komm, meine Gute. Komm, zieh noch mal. Es ist viel leichter, als du denkst. Das haben wir gleich. Na

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