Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
Vom Netzwerk:
und setzte ihr nettestes Lächeln auf.
    »Ja, ja, das kennen wir. Ich komme ganz nach meinem Vater und er …«, sie zwinkerte Carras unauffällig zu, »… er ist unserer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    »Muss hübsch sein, eure Mutter«, meinte Gundel und strich sanft über Carras‘ nasse Locken.
    Fiona biss sich auf ihre noch immer eiskalten Lippen.
    »O Gott, wie nachlässig von mir«, rief jetzt Gundel. »Ich quassle hier herum und ihr seid noch immer triefnass! Runter mit den Klamotten, die müssen wir trocknen! Ich hab genug altes Zeug hier, das könnt ihr erst mal überziehen.«
    Geschäftig rannte sie zu einem grob gezimmerten Schrank, zog einen Hocker heran, den sie trotz ihrer Leibesfülle sogleich ziemlich behände bestieg, und hatte bald einen riesigen Berg abgetragener Klamotten zutage gefördert, den sie auf einem der Tische zu drei kleinen Haufen anordnete.
    »Für den Jungen ist sicher etwas ganz besonders Schönes dabei …«, murmelte sie dabei verzückt.
    Fionas Blick fiel auf Carras, der gerade an den schlammigen Schnürsenkeln seiner fleckigen Stiefel herumnestelte. Ja, es stimmte, er gehörte ganz offensichtlich zu jenen beneidenswerten Geschöpfen, die man, wenn man sie nur ansah, einfach gern haben musste. Sie dagegen … Geschäftig drückte ihr Gundel einen der Kleiderberge in die Arme und deutete eine schmale Treppe hinauf.
    »Da oben, die erste Tür rechts, haben wir ein Fremdenzimmer, in dem du dich in Ruhe umziehen kannst. Ihr habt doch Geld … oder etwa nicht?«
    Fiona nickte heftig, stieg vorsichtig die Holztreppe hinauf und beschloss, Carras mit seiner neuen Verehrerin allein zu lassen. Sie trat in das kleine Gästezimmer, in dem sie lediglich ein schmales Bettgestell, einen Stuhl und einen beinahe blinden Spiegel, der an der Wand lehnte, vorfand. Mit Schwung warf sie den Kleiderberg aufs Bett. Es war zugig hier oben. Der Regen prasselte noch immer aufs Dach und trommelte unnachgiebig gegen die schlierige Fensterscheibe. Sie hatte nicht vor, länger als nötig in dem Zimmer zu bleiben.
    Rasch durchwühlte sie die Sachen auf der kratzigen Rosshaardecke nach etwas Brauchbarem. Im Grunde war es ihr ziemlich gleichgültig, was sie finden würde. Nur trocken und warm sollte es sein. Da fiel ihr Blick auf ein schmal geschnittenes blauviolettes Strickkleid, das auf den Boden gerutscht war. Wer das wohl einmal getragen hatte? Die pummelige Wirtin vielleicht, als sie jung gewesen war? Kaum vorstellbar …
    Sie hob das Kleidungsstück auf und schnupperte vorsichtig daran. War sie Carras, oder was? Färbte wohl langsam ab. Es roch gut, irgendwie nach Lavendel, und es war warm und weich. Fiona riss sich die eigenen klammen Klamotten vom Leib und schlüpfte in das Kleid. Es passte wie angegossen und es fühlte sich wunderbar an. Sanft strich sie über das flauschige Gewebe bis hinunter zu den Knöcheln. Nachdenklich besah sie sich im Spiegel. Sie löste ihr noch immer feuchtes Haar und warf es mit einer geschmeidigen Bewegung über die Schultern.
    Jäh erstarrte sie. Mit einem Ruck drehte sie sich zur Tür – in der Lex stand! Wie lange schon …?
    Sekundenlang sahen sie sich regungslos in die Augen. Und Fiona las, was Lex für einen kurzen Moment nicht verbergen konnte. Was für ihn so neu war wie für sie.
    »He, hast du eigentlich eine Ahnung, wo Carras steckt?«, sagte Lex schließlich beton lässig.
     
    *
     
    Carras saß überaus selbstzufrieden auf dem hohen Küchentisch und ließ die Füße baumeln. Er fühlte sich hier wie im Paradies nach all den Tagen, an denen ihre Mahlzeiten – dank Lex – nur aus eilig hinuntergeschlungen Essensbrocken bestanden hatten. Aber hier, in der warmen, wohlriechenden Küche, in die ihn die gute Wirtin, unaufhörlich plappernd, geführt hatte, war er für heute sicher – vor Lex und vor den dicken Regentropfen, die noch immer gegen die Fenster prasselten.
    Und Gundel, die Kugel, meinte es wirklich gut mit ihm! Gerade drückte sie ihm seinen zweiten Krapfen in die Hand.
    »Noch etwas Süßes für den Süßen !«, flötete sie dabei und kicherte. Begeistert griff er nach dem Zuckerwerk, während sie ihn fasziniert anstarrte.
    »Du bist lustig«, murmelte er mit vollem Mund. Das meiste, was Menschen so taten, war in allererster Linie lustig – das war Carras’ Lebensphilosophie.
    »Ach, Gregor«, seufzte die Alte beglückt. »Sieht er nicht genauso aus wie unser Hänschen, als er noch ein kleiner Lümmel war?«
    Sie redete

Weitere Kostenlose Bücher