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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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sich die Dritte Kohorte auf. Bluter, Neuschnee, Breitborke und die drei jungen Wölfe stellten sich den bewaffneten Männern entgegen, während Fangzahn, Graufuß und Beller die Flüchtigen abfingen.
    Im selben Moment sprang die weiße Wölfin zwei Männer gleichzeitig an und kratzte ihnen die Augen aus. Schreiend gingen sie zu Boden. Ein dritter Mann eilte seinen Freunden zu Hilfe und wollte mit einer Axt nach Neuschnee schlagen. Doch Breitborke, der beleibte Wolf, warf sich auf ihn. Dabei streifte ihn die Axt des Mannes. Kurz jaulte er schmerzerfüllt auf, drückte den Kerl aber dennoch zu Boden und vergrub die Zähne in seinem Körper.
    Neben den beiden wirbelte Bluter, den ein Mann mit einem Holzbalken fortgestoßen hatte, über den sandigen Boden. Trotz der Schwere des Schlags rappelte sich der Wolf auf der Stelle wieder auf und preschte drohend auf seinen Angreifer zu. Schreiend, die Linke auf seine offenbar schon verletzte Schulter gepresst, floh der Mann – vergebens.
    Erneut hielt Serafin nach Neuschnee Ausschau. Er sah die weiße Wölfin mit Beller und Graufuß zusammentreffen, die längst mit jenen fertig waren, die verzweifelt hatten fliehen wollen. Zu dritt rannten die Wölfe auf das Fachwerkgerüst mit der blau-weißen Fahne zu. Wild gruben sie nach der Verankerung, zerbissen sichernde Seile und warfen sich schließlich gegen die hölzernen Stützen. Die Pfeiler gerieten ins Wanken. Die Wölfe sprangen beiseite, als die Balken ächzend in sich zusammenfielen und die Lanzburger Fahne unter lautem Getöse mit in die Tiefe rissen.
    »Ja, ja, ja!«, jubelte Blitzschweif und boxte in die Luft, so als würde er selbst am Kampf teilhaben. »Jetzt wisst ihr, wer die Schwarze Sichel ist, ihr Menschen! Tierfeinde! Waldzerstörer! Euch werden wir’s zeigen! Ja!«
    »Was gibt uns das Recht dazu?«, meinte Serafin betrübt, während er sich fragte, wie viele Menschen gerade unter dem Gerüst begraben worden waren.
    Ginster, der dicht neben ihm stand, blickte teilnahmslos geradeaus.
    Blitzschweif drehte sich überrascht zu ihm um.
    »Menschen sind Sünder!«, erklärte er verwundert. »Jeder weiß, dass sie den Tod verdienen!«
    »Selbst, wenn das wahr ist«, entgegnete Serafin, »was gibt uns das Recht, sie zu töten?«
    Der Wolfsjunge zog verdutzt die Stirn kraus, dann aber drehte er sich zu der Staubwolke um, die das umgestürzte Gerüst hinterlassen hatte und seine Begeisterung wuchs wieder. »Wir haben das Recht dazu, weil … weil wir stärker sind! Ja, genau!«
    »Stark? Sind wir denn stark?«, murmelte Serafin, während er beobachtete, wie sich Fangzahn erbarmungslos auf die Frauen stürzte, die über die Felder hatten fliehen wollen.
    »Bist du blind?«, rief Blitzschweif und deutete mit einer ausholenden Bewegung auf das zerstörte Dorf. »Natürlich sind wir stark!«
    »Wahre Stärke«, sagte Serafin » ist etwas anderes.«
     
    *
     
    Mona wankte in einer dichten Staubwolke durch den Weiler. Sie war nicht mit Ingrid und den anderen Frauen davongelaufen. Sie hatte sich nach wenigen Metern losgerissen und war zurückgerannt. Sie wollte sehen, was mit Anton war! Sie erkannte verschwommen zerborstene Häuser und blutige Menschenleiber. Wie Schatten huschten Wölfe durch das Nichts. Sie hörte die Schreie der sich verzweifelt wehrenden Männer und ein Knarzen und Krachen, wo sich die Wölfe vermutlich gegen die Bauten warfen.
    Mona beachtete die Bestien nicht. Sie war zu betäubt, um Angst zu verspüren. Sie blickte sich um und rief immer wieder nach Anton, bis sie zu dem letzten hölzernen Gerippe kam, das noch unbeschadet zum Himmel ragte; jenes Baugerüst, vor dem sie irgendwann gestanden und wild mit Saftkrug und Kuchen gewinkt hatte. Wie lange war das her? Es fühlte sich an, als wären es Jahre …
    »Anton? Hörst du mich? Komm runter!«, wiederholte sie mit zitternder Stimme die Worte, die sie ihm damals lauthals zugerufen hatte. »Komm runter …!«, wiederholte sie schwach.
    »Mona? Bist du das?«, kam es fassungslos von oben.
    Vor Schreck gaben ihre Füße nach.
    »Wir sind hier! Jens, Ludwig und ich! Wir sind seit … seit dieser Wahnsinn begonnen hat, nicht unten gewesen!«, rief er.
    Anton! Sie rang nach Luft.
    »Bitte … komm runter!«, keuchte sie.
    »Spinnst du? Komm du lieber rauf!«, rief Anton heiser.
    »Nicht so laut!«, mahnte einer der anderen Jungen mit zitternder Stimme.
    »Ja, aber«, stammelte Mona, »die zerstören die Häuser! Komm! Schnell! Ich zeig dir den

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