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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ihre Erklärungen sehr dankbar, Mademoiselle. Alles in allem hätte Lord Edgware also besser daran getan, nicht zu heiraten?«
    »Viel besser.«
    »Eine dritte Heirat hat er nie erwogen?«
    »Wie denn? Seine Frau lebte ja.«
    »Wenn er ihr die Freiheit gegeben hätte, wäre er selbst frei geworden.«
    »Ich sollte meinen, die Ungelegenheiten mit zwei Frauen wären hinreichend gewesen«, versetzte Miss Carroll grimmig.
    »Dann sind Sie überzeugt, dass die Frage einer dritten Heirat niemals angeschnitten wurde? Nie, Mademoiselle? Denken Sie gut nach!«
    Der Sekretärin schoss das Blut in die Wangen.
    »Sie haben eine seltsame Art, Fragen zu stellen, Monsieur Poirot. Natürlich war niemals von einer dritten Heirat die Rede.«

14
     
    » W arum fragten Sie Miss Carroll so hartnäckig nach der Möglichkeit einer Wiederverheiratung Lord Edgwares, Poirot?« – Wir saßen nebeneinander im Auto und fuhren unserer Wohnung entgegen.
    »Warum, mon ami? Weil ich mir seinen plötzlichen Gesinnungsumschwung zu erklären suche. Jahrelang setzt er dem Drängen seiner Frau und dem Drängen von Rechtsanwälten aller Art eisernen Widerstand entgegen, erklärt, dass er nie in die Scheidung einwilligen würde. Und dann gibt er eines guten Tages plötzlich nach!«
    »Oder er behauptet es«, erinnerte ich ihn.
    »Sehr wahr, Hastings. Er behauptet es; aber wir haben keinerlei Beweise, dass jener Brief tatsächlich geschrieben wurde. Wenn er ihn jedoch geschrieben hat, so hat es einen Grund dafür gegeben. Und der nächstliegende, der sich ohne Weiteres anbietet, ist, dass Lord Edgware eine dritte Ehe zu schließen beabsichtigte.«
    »Was Miss Carroll mit aller Entschiedenheit in Abrede stellt«, fügte ich hinzu.
    »Ja… Miss Carroll…«, sagte Poirot nachdenklich.
    »Sie halten sie für eine Lügnerin? Warum denn? Haben Sie nicht den Eindruck eines aufrechten, geraden Menschen von ihr gewonnen?«
    »Bisweilen lässt sich vorsätzliche Falschheit sehr schwer von uneigennütziger, nachlässiger Ungenauigkeit unterscheiden, mon ami.«
    »Wie?«
    »Vorsätzlich täuschen – das ist eine Sache. Aber von den eigenen Meinungen und Ideen so überzeugt sein, dass Einzelheiten keine Rolle spielen – das, mein guter Hastings, ist ein kennzeichnendes Merkmal für besonders ehrliche Menschen. Bedenken Sie, dass sie uns schon eine Lüge erzählt hat. Sie sagte, dass sie Jane Wilkinsons Gesicht gesehen habe, was sich als unmöglich herausstellte. Wie kommt sie nun zu einer derartigen Aussage? Auf folgende Weise, Hastings: Sie schaut über das Geländer und erblickt Jane Wilkinson in der Halle. Kein Zweifel steigt in ihr auf, ob es wirklich Jane Wilkinson ist. Sie weiß es. Sie erklärt, das Gesicht deutlich gesehen zu haben, weil – von der Tatsache fest überzeugt – genaue Einzelheiten sie nicht kümmern. Nachher wird ihr nachgewiesen, dass sie das Gesicht gar nicht gesehen haben kann. ›So…? Pah, was tut das, ob ich ihr Gesicht sah oder nicht – es war Jane Wilkinson!‹ Und so geht’s mit jeder anderen Frage. Sie weiß es. Meine Frage nach Lord Edgwares Wiederverheiratung nimmt sie nicht ernst, einfach deshalb, weil ihr nie so etwas in den Sinn gekommen ist. Sie nimmt sich nicht die Mühe zu überlegen, ob nicht doch irgendwelche geringfügigen Anzeichen in diese Richtung deuten. Und deshalb stehen wir am selben Fleck wie zuvor. Wohl verstanden, Hastings, ich halte sie nicht für eine vorsätzliche Lügnerin, sofern… Bei Gott, das ist eine Idee!«, unterbrach er sich plötzlich.
    »Was denn? Was, Poirot?«, drängte ich neugierig.
    Aber er schüttelte bereits den Kopf. »Nein – das ist unmöglich.« Und er weigerte sich, mehr zu sagen.
    »Sie scheint das junge Mädchen sehr lieb zu haben«, brachte ich das Gespräch wieder in Gang.
    »Ja. Welchen Eindruck hinterließ Miss Geraldine Marsh bei Ihnen, Hastings!«
    »Sie tat mir leid – ganz entsetzlich leid.«
    »Ich weiß, Schönheit in Bedrängnis hat Sie noch jedes Mal mitgenommen. Aber« – er wurde plötzlich ernst – »dass sie eine sehr unglückliche Kindheit verlebt hat, steht klar und deutlich auf ihrem Gesicht geschrieben.«
    »Jedenfalls werden Sie jetzt eingesehen haben, wie verkehrt Jane Wilkinsons Mutmaßung war, Geraldine könne mit dem Verbrechen etwas zu tun haben.«
    »Fraglos ist ihr Alibi befriedigend – obwohl Japp mir bisher noch nichts Entsprechendes mitgeteilt hat.«
    »Aber mein lieber Poirot! Sie wollen doch damit nicht andeuten, dass Sie, nachdem Sie sie

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