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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sein vor Zorn.«
    »Ich muss sagen, dass sie mich durch ihren Geist noch mehr bezaubert hat als durch ihre Schönheit«, erklärte Sir Montague. »Sie machte ein paar sehr verständige Bemerkungen über griechische Kunst.«
    Sehr verständig…! Ich lächelte innerlich, da ich mir Jane vorstellte, wie sie mit ihrer magischen, heiseren Stimme »Ja« und »Nein« oder »Wirklich wundervoll« girrte. Und Sir Montague Corner war der Mann, der die Fähigkeit, seinen eigenen Bemerkungen mit gebührender Aufmerksamkeit zu lauschen, als Gradmesser der Intelligenz nahm.
    »Edgware ist unleugbar ein sonderbarer Heiliger gewesen«, sagte Widburn, »und wird sich genug Feinde gemacht haben.«
    Hierauf wandte sich seine Gattin an Hercule Poirot. »Stimmt es, dass er mit einem Messer in den Nacken gestochen wurde?«
    »Jawohl, Madame. In durchaus fachgerechter, wirksamer – um nicht zu sagen wissenschaftlicher – Weise.«
    »Ich merke, welch künstlerisches Vergnügen Ihnen der Fall bereitet, Monsieur Poirot«, warf der Hausherr ein.
    »Darf ich jetzt die Ursache meines Hierseins erläutern?«, bat mein Freund. »Mir wurde gesagt, dass man Lady Edgware während des gestrigen Dinners ans Telefon rief. Gestatten Sie mir, dass ich Ihrem Personal hierüber einige Fragen vorlege?«
    »Gewiss, gewiss. Ross, wollen Sie bitte klingeln?«
    Auf dieses Klingelzeichen erschien der Butler, ein hochgewachsener Mann von mittlerem Alter und priesterlichem Gebaren.
    Sir Montague erklärte, worum es ging.
    »Wer ging an den Apparat, als es läutete?«, begann dann Poirot sein Verhör.
    »Ich selbst, Sir. Das Telefon befindet sich in einer der Halle angegliederten Nische.«
    »Fragte man nach Miss Wilkinson oder nach Lady Edgware?«
    »Nach Lady Edgware, Sir.«
    »Wie war der genaue Wortlaut?«
    Der Butler überlegte eine Sekunde. »Wenn ich nicht irre, Sir, sagte ich ›Hallo!‹, worauf eine Stimme sich erkundigte, ob dort Chiswick 4 34 34 sei. Auf meine bejahende Antwort hieß man mich am Apparat warten. Hierauf vergewisserte sich eine andere Stimme noch einmal von der Richtigkeit der Nummer und fragte dann: ›Ist Lady Edgware bei Ihnen zu Tisch? Dann möchte ich sie gern sprechen.‹ Ich benachrichtigte die Dame, die sich von der Tafel erhob und unter meiner Führung zum Telefon ging.«
    »Und weiter?«
    »Lady Edgware nahm den Hörer auf, sagte: ›Hallo, wer spricht?‹, und dann: ›Ja, ja, Lady Edgware persönlich.‹ Ich wollte mich gerade zurückziehen, als sie sich umwandte und verwundert bemerkte, die Verbindung sei unterbrochen worden; es hätte jemand gelacht und offenbar den Hörer aufgelegt. Ob der Betreffende mir nicht seinen Namen genannt habe…? Dies musste ich verneinen, Sir, und damit war das Ganze erledigt.«
    »Glauben Sie wirklich, Monsieur Poirot, dass dieser Anruf mit dem Mord in Zusammenhang steht?«, riss Mrs Widburn das Wort an sich.
    »Unmöglich, darüber zu urteilen, Madame. Immerhin ist es ein sonderbarer Vorfall.«
    »Finden Sie? Man erlaubt sich doch manchmal einen Scherz.«
    »C’est toujours possible, Madame.«
    »War es eine Männer- oder eine Frauenstimme?«, wollte Poirot vom Butler wissen.
    »Meiner Meinung nach eine Frauenstimme, Sir.«
    »Hoch oder tief?«
    »Tief, Sir. Mit sorgfältiger, deutlicher Aussprache.« Er zauderte. »Mir klang es beinahe wie die Stimme einer Ausländerin. Mit rollendem R.«
    »Donald, Donald, vielleicht ist es eine schottische Stimme gewesen!«, rief Mrs Widburn neckend dem jungen Ross zu.
    »Nicht schuldig!«, gab er lachend zurück. »Ich saß nämlich mit bei Tisch.«
    Aber Poirot gab den Butler noch nicht frei.
    »Würden Sie die Stimme, wenn Sie sie noch einmal hörten, wiedererkennen?«, fragte er.
    Der Mann blickte unsicher vor sich hin.
    »Das kann ich nicht sagen, Sir.«
    »Ich danke Ihnen, mein Freund.«
    »Bitte sehr, Sir.« Der Butler verneigte sich gemessen und schritt zur Tür.
    Sir Montague Corner, dem es offenbar gefiel, seine Hausherrnrolle mit altmodischer Grandezza zu spielen, überredete uns, dazubleiben und am Bridge teilzunehmen. Ich lehnte ab – mein Geldbeutel glaubte sich den hohen Einsätzen nicht gewachsen. Und der junge Ross fühlte sich als Zuschauer anscheinend ebenfalls wohler. Jedenfalls endete der Abend mit einem beträchtlichen finanziellen Gewinn für Poirot und Sir Montague. Dann dankten wir unserem Gastgeber und brachen, gemeinsam mit Ross, auf.
    »Ein drolliger kleiner Mann«, meinte Poirot, als wir durch den parkartigen Garten zum

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