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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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seiner nachlässigen Haltung auf und sah meinen Freund mit einem gänzlich neuen Ausdruck an.
    »Warum wollen Sie das wissen? Was hat es mit dem zu tun, was wir hier erörtern?«
    »Ich bin ein bisschen neugierig veranlagt – das ist alles. Im Übrigen aber haben Sie alles so ausführlich erklärt, dass es keiner weiteren Frage meinerseits bedarf.«
    Ronald streifte ihn mit einem raschen Blick. Es war beinahe, als ob er Poirots freundlicher Nachgiebigkeit nicht traute, als ob er ihn lieber argwöhnisch gesehen hätte.
    »Carlotta Adams?«, begann er. »Warten Sie mal – nun, ein Jahr oder etwas länger werde ich sie kennen. Richtig, anlässlich ihres vorjährigen Gastspiels wurden wir miteinander bekannt.«
    »Sie kennen sie gut?«
    »Ziemlich. Miss Adams gehört nicht zu den Frauen, die man im Handumdrehen kennen lernt; sie ist zurückhaltend und verschlossen.«
    »Aber Sie mögen sie gern?«
    Der junge Lord Edgware starrte ihn prüfend an. »Wenn ich nur wüsste, was Sie eigentlich die junge Dame angeht? Etwa, weil ich neulich abends mit ihr zusammen war? Ja, ich mag sie sogar sehr gern. Sie hat eine liebe Art, hört einen Menschen an und gibt ihm das Gefühl, dass er letzten Endes doch etwas taugt.«
    Poirot nickte. »Das verstehe ich. Dann werden Sie um so betrübter sein.«
    »Betrübter? Worüber?«
    »Dass sie tot ist.«
    »Was?« Mit einem Satz war der junge Mann auf den Füßen. »Carlotta tot? Ah, Monsieur Poirot, Sie erlauben sich einen Scherz! Carlotta war, als ich sie das letzte Mal sah, vollkommen lebendig!«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«, fragte Poirot.
    »Vorgestern.«
    » Tout de même, sie ist tot.«
    »Um Gottes willen, wie denn? Ein Verkehrsunfall? Überfahren?«
    Poirot betrachtete die Decke. »Nein. Sie nahm eine Überdosis Veronal.«
    »Das arme Ding! Wie furchtbar!«
    »N’est-ce-pas?«
    »Tot, gerade jetzt, da sich alles so gut anließ? Sie wollte ihre kleine Schwester zu sich kommen lassen und hatte noch hundert andere Pläne. Verdammt, das nimmt mich mehr mit, als ich Ihnen sagen kann.«
    »Ja, es ist traurig zu sterben, wenn das Leben verheißungsvoll vor einem liegt. Glauben Sie, auch mir geht ihr Tod sehr zu Herzen, Lord Edgware… Und nun müssen wir uns verabschieden.«
    »Oh… Auf Wiedersehen.« Ronald nahm ziemlich verwirrt die ihm gebotene Hand. »Leben Sie wohl, Monsieur Poirot.«
    Als ich die Tür öffnete, prallte ich fast mit Miss Carroll zusammen.
    »Man hat mir gesagt, dass Sie noch nicht fort seien. Und da ich noch gern ein paar Worte mit Ihnen reden möchte, wollte ich Sie bitten, mit auf mein Zimmer zu kommen.«
    »Selbstverständlich, Mademoiselle.«
    »Es betrifft das Kind… Geraldine«, ergänzte sie, während wir die Schwelle ihres Büros überschritten. »Was hat sie für einen Unsinn geschwatzt! Widersprechen Sie nicht, Monsieur Poirot. Unsinn nenne ich es, und Unsinn war es.«
    »Sie hat ein wenig die Nerven verloren.«
    »Ja, gewiss. Um ehrlich zu sein: Sie hat wenig frohe Stunden in ihrem Leben gekannt. Lord Edgware übte eine Schreckensherrschaft aus. Er war nicht der Mann, dem man die Erziehung eines Kindes hätte anvertrauen dürfen; er fühlte sich nur wohl, wenn er Angst und Furcht um sich verbreitete, und genoss es mit geradezu krankhaftem Vergnügen.«
    »Das deckt sich mit dem Eindruck, den er auf mich machte, Mademoiselle.«
    »Ah, dann glauben Sie also nicht, dass ich übertreibe? Ein außerordentlich belesener Mann, mit einem Verstand, der den Durchschnitt weit überragte… und dennoch! Wenn ich selbst unter dieser Schattenseite seines Wesens auch nicht zu leiden hatte, so darf ich sie doch nicht leugnen. Offen gestanden überraschte es mich nicht, dass seine Frau ihn verließ. Die jetzige Frau, meine ich. Ich habe keine gute Meinung von ihr, doch als sie Lord Edgware heiratete, bürdete ihr das Schicksal Schlimmeres auf, als sie verdiente. Nun, sie verließ ihn – ohne dass Schlimmeres geschah. Aber Geraldine, die Arme, konnte ihn nicht verlassen. Und manchmal habe ich das Gefühl gehabt, als wollte er durch die brutale Art, mit der er sie behandelte, Rache an ihrer Mutter, seiner ersten Gattin, nehmen. Sie soll eine gutherzige Frau gewesen sein, weich und anschmiegsam. Wenn Geraldine sich vorhin nicht so aufgeführt hätte, würde ich diese traurigen Familiengeschichten gar nicht aufrühren; aber jetzt fühle ich mich dazu verpflichtet, damit Sie kein schiefes, hässliches Bild von dem Kind gewinnen.«
    »Ich bin Ihnen für

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