Dreizehn Stunden
fünfunddreißig Jahre alt, aber
die verlässlichste Automatikpistole der Welt. Neun Millimeter, zwanzig Patronen im Magazin. Die Munition ist weniger als sechs
Monate alt. Die Schalldämpfer bedeuten allerdings nicht, dass man den Schuss nicht hört. Der Knall erinnert an eine ungedämpfte
2.2-Pistole, laut genug, um Aufmerksamkeit zu erregen, was wir nicht wollen. Die Waffen sind nur für den Notfall. Verstanden?«
Alle nickten, begehrliche Blicke auf die Waffen gerichtet.
»Sie hat eine erheblich höhere Durchschlagskraft als die Taurus. Denkt daran! Die Nummern sind abgefeilt, so dass man die
Waffen nicht mit uns in Verbindung bringen kann. Achtet darauf, Handschuhe zu tragen, und werft sie weg, sobald es nötig ist.«
Er hielt einen Augenblick inne, falls es noch Fragen gab.
»Na schön. Wir gehen folgendermaßen vor.«
Inspekteur Fransman Dekker war auf dem Weg zum Arbeitsplatz von Natasha Abader, als ein hochgewachsener Weißer ihn aufhielt.
»Sind Sie von der Polizei?«
»Ja«, antwortete Dekker. Das Gesicht des Mannes kam ihm irgendwie bekannt vor.
»Mein Name ist Iván Nell«, sagte der Mann, mit einer Betonung, als müsse man seinen Namen kennen.
»Habe ich Sie nicht schon mal im Fernsehen gesehen?«
»Doch, ich war einer der Mentoren in
Superstars.
«
»Sie sind Sänger.«
»Stimmt.«
»Meine Frau hat sich
Superstars
gerne angesehen. Freut mich, Sie kennenzulernen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, wir haben heute Morgen ziemlich viel
zu tun«, sagte Dekker und ging weiter in Richtung Natasha.
»Deswegen bin ich hier«, erklärte Nell. »Wegen Adam.«
Dekker blieb unwillig stehen. »Inwiefern?«
»Ich glaube, ich bin der Letzte, der ihn lebend gesehen hat.«
»Gestern Abend?« Dekker war jetzt ganz Ohr.
|271| Nell nickte. »Wir haben bis um zehn Uhr im Bizerca Bistro beim Abendessen gesessen. Hier in der Nähe, am Pier Place.«
»Und danach?«
»Danach bin ich nach Hause gegangen.«
»Aha.« Dekker dachte einen Augenblick lang nach. »Und er?«
»Ich weiß nicht, wohin Adam gegangen ist. Aber als ich es heute Morgen im Radio gehört habe …« Nell blickte sich zu den anderen
um, die offenbar für seinen Geschmack zu dicht in ihrer Nähe waren, darunter auch Natasha, die aufgestanden und auf sie zugekommen
war. »Können wir uns irgendwo unter vier Augen unterhalten?«
»Worüber?«
Nell rückte näher an Dekker heran und sagte gedämpft: »Ich glaube, sein Tod könnte etwas mit unserem Gespräch gestern Abend
zu tun haben, ich weiß nicht …«
»Worüber haben Sie denn geredet, Meneer Nell?«
Nell schien sich unbehaglich zu fühlen. »Können wir uns nicht irgendwo anders unterhalten?« Ein drängendes Flüstern.
Dekker unterdrückte einen Seufzer. »Sie müssen sich schon noch einen Augenblick gedulden.«
»Natürlich. Ich möchte nur nicht, dass Sie denken, Sie wissen schon …«
»Nein, Meneer Nell, ich weiß es nicht«, erwiderte Fransman Dekker. Er sah Natasha an, die geduldig einige Schritte von ihnen
entfernt wartete, dann wandte er den Blick wieder Nell zu. »Wie gesagt, es kann einen Moment dauern.«
»Ich warte.«
Herumzusitzen und zu warten fiel Bennie Griessel schwer. Deshalb verließ er die Leitstelle und ging durch die belebte Wache
und die Sicherheitsschleuse hinaus auf die Buitenkantstraat, den Kopf voll, die Stimmung gedrückt. Sie würden sie nicht finden.
Er hatte inzwischen vierzehn Streifenwagen im Einsatz, die nach einem ausgefeilten Raster nach ihr suchten. Ein weiterer Einsatzwagen
stand in der Langstraat. Ein Team bewachte das Cat & Moose. Er hatte zehn Zwei-Mann-Fußstreifen, von denen zwei den Kompanjiestuin
durchsuchten. Der Helikopter war von |272| Table View zurückgekehrt und hatte die ganze verdammte Stadt abgegrast. Inzwischen suchten sie schon bis hinaus nach Kampsbaai,
Bantrybaai und Seepunt, aber noch immer gab es kein Lebenszeichen von dem Mädchen.
Wo konnte sie sein?
Er ging zu seinem Auto, holte die Chesterfields aus dem Handschuhfach, schloss die Tür und blieb auf dem Bürgersteig stehen,
das Päckchen Zigaretten in der Hand.
Was übersah er?
Gab es irgendetwas, was ihm im Chaos dieses Vormittags entgangen war? Er kannte dieses Gefühl: An dem Tag, an dem ein Verbrechen
geschah, stürmten so viele Informationen auf ihn ein, dass es in seinem Kopf von unzusammenhängenden Puzzleteilchen wimmelte.
Er brauchte Zeit, manchmal eine Nacht Schlaf, so dass er die losen Fäden in seinem
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