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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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in Kanada.«
    Wieder stellte er die Pfanne in den Ofen. Er sagte, er liebe Käse über alles. Zwar behaupte sein Sohn, Milchprodukte seien
     nicht gesund, aber er halte dagegen, das mache mit neunundsiebzig auch nichts mehr aus. Er lächelte mit seinen weißen, regelmäßigen
     falschen Zähnen. Der Toast! Den hatte er glatt vergessen … Er schnalzte mit der Zunge, nahm zwei Brotscheiben aus einer Plastiktüte
     und schob sie in den Toaster.
    »Wunderbar!«, seufzte sie, und tatsächlich hatte sie ihr Omelett bereits zur Hälfte verspeist.
    »Soll ich uns eine gute Tasse Kaffee aufbrühen? Im Bo-Kaap gibt es eine hervorragende Rösterei. Die frischen Bohnen mahle
     ich selbst.«
    »Das wäre herrlich.« Am liebsten wäre Rachel aufgestanden und hätte ihn umarmt. Ihr Kummer lastete groß und schwarz auf ihr
     und wurde nur von seinem Feuereifer und seiner Gastfreundschaft in Schach gehalten.
    Er öffnete die Tür eines Küchenschranks und nahm eine große silberne Büchse heraus. Er dürfe nur nicht sein Omelett im Ofen
     vergessen! Das sei das Dilemma des Älterwerdens, das Vergessen. In seiner Jugend habe er so viele Dinge gleichzeitig geschafft,
     und jetzt sei das Einzige, woran er sich erinnern könne, seine Jugend. Er schöpfte Bohnen in eine Kaffeemühle, drückte einen
     Knopf. Das durchdringende Kreischen von Messern, die Bohnen zerkleinerten, hallte in der Küche wider. Er murmelte etwas vor
     sich hin, sie sah nur, wie er die Lippen bewegte. Er mahlte den Kaffee fertig, schob den Filter der Kaffeemaschine auf und
     gab das Pulver hinein. Er griff zu den Topflappen und öffnete die Herdklappe.
    »Eine Mischung aus Cheddar und Gruyère, riecht immer besser, als sie schmeckt. So geht das im Alter: Der Geruchssinn bleibt
     länger intakt als der Geschmackssinn.«
    Der Toaster spuckte zwei Scheiben aus. Er brachte sie ihr auf einem kleinen Teller. »Ein wenig Grünfeigenchutney? Ich habe |268| einen sehr guten Camembert dazu, dick und sahnig, aus einer kleinen Käserei in der Nähe von Stellenbosch«, sagte er, öffnete
     schon mal den Kühlschrank und holte ihn heraus, ehe sie etwas erwidern konnte.
    Er kehrte an den Ofen zurück, schob sein Omelett auf einen Teller, brachte es an den Tisch und setzte sich. Er aß einen Bissen.
     »Oft gebe ich auch Feta zu meiner Spezialmischung, aber das könnte für eine junge Frau zu salzig sein. Der Kaffee!« Er sprang
     mit erstaunlicher Energie wieder auf und füllte Wasser in die Kaffeemaschine. Er verschüttete ein wenig und wischte es mit
     einem weißen Lappen weg. Dann schaltete er die Maschine ein und setzte sich wieder.
    »West Lafayette. Da bist du aber weit weg von zu Hause.«

|269| 28
    Im sechzehnten Stock des Apartmenthauses stand der Mann mit dem kurzgeschnittenen grauen Bart vor dem Fenster, die Arme hinter
     dem Rücken verschränkt. Scharf hob sich seine Silhouette vor dem sonnenbeschienenen Panorama der Stadt ab.
    Vor ihm standen die sechs jungen Männer. Unbeeindruckt sahen sie ihn an, abwartend, drei schwarz, drei weiß. Ihnen allen gemeinsam
     waren ihre Jugend, ihre durchtrainierten Körper und ihre Unerschrockenheit.
    »Es sind Fehler gemacht worden«, sagte der Mann auf Englisch mit einem auffälligen Akzent. »Lernt daraus. Ich übernehme ab
     jetzt das Kommando. Betrachtet das nicht etwa als Zeichen des Misstrauens, sondern nutzt die Gelegenheit, um etwas dazuzulernen.«
    Ein, zwei von ihnen nickten kurz. Sie wussten, dass er es nicht mochte, wenn sie Gefühle zeigten.
    »Die Zeit arbeitet gegen uns. Deswegen will ich mich kurz fassen. Unser Freund bei der Metro stellt uns ein passendes Fahrzeug
     zur Verfügung, einen Transporter, der schon seit vier Monaten in der Garage von Groenpunt steht, ohne dass ihn jemand eingefordert
     hätte. Geht ihn holen, Oerson wartet am Tor. Lasst den Kleinbus im Parkhaus des Victoria Junction-Hotels zurück.«
    Er hob einen glänzenden Metallkoffer vom Boden auf und legte ihn vor sich auf den Tisch. Dann sah er einen der jungen Männer
     an. »Die Taurus?«
    »Liegt im Hafenbecken.«
    »Gut so.« Der Graubärtige öffnete die Verschlüsse des Koffers auf dem Tisch und drehte diesen um, so dass die jungen Männer
     den Inhalt sehen konnten. »Vier Stechkin APS, das ABP-Modell. Das B steht für
Bes-shumniy
, der russische Begriff für ›still‹, denn der Lauf ist ausgebohrt, um eine geringere Drehgeschwindigkeit |270| der Munition zu erzielen, und zusätzlich wird ein Schalldämpfer mitgeliefert. Die Waffe ist

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