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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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»Danke«, sagte sie nur und schloss die Augen wieder.
    »Schon in Ordnung.«
    Plötzlich blitzte durch die Nebelschleier, die in ihrem Gehirn waberten, ein Gedanke auf. Eine Nachricht. Sie musste ihm etwas
     mitteilen. Ohne die Augen noch einmal aufzuschlagen, sagte sie: »Der Ermittler …«
    »Bennie Griessel.«
    »Ja. Ich habe ihm etwas zu erzählen.«
    »Ich kann es ihm ausrichten.«
    »Sagen Sie ihm bitte, er soll herkommen. Es geht um Adam …«
    »Ich werde ihm Bescheid geben.«
    Sie wollte noch etwas hinzufügen, doch es schlüpfte ihr wie ein silbrig-glatter Fisch aus den Händen in das dunkle Wasser
     des Vergessens. Sie seufzte, spürte Victor Barkhuizens Hand und drückte sie, langsam, nur um sicherzugehen, dass sie noch
     da war.
     
    »Ich würde gerne meinen Vater anrufen. Natürlich würde ich für das Gespräch bezahlen«, sagte Rachel Anderson, während sie
     half, die Teller zum Spülbecken zu tragen, seinen Protesten zum Trotz.
    »Das ist doch nicht nötig!«, sagte er. »Das Telefon steht auf meinem Tisch im Arbeitszimmer.« Dann lachte er. »Hoffentlich
     findest du es! Geh ruhig, ich wasche in der Zwischenzeit ab.«
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich will wenigstens abwaschen.«
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Bitte, ich bestehe darauf. Ich wasche unheimlich gerne ab.«
    »Wie charmant du flunkern kannst!«
    »Das ist wahr! Zu Hause erledige ich immer den Abwasch.«
    »Dann machen wir es eben zusammen«, sagte er, während er Spülmittel über die Teller spritzte und die Hähne aufdrehte. »Du
     wäschst ab, und ich trockne ab und räume das Geschirr weg. Wohnst du noch bei deinen Eltern?«
    »Ja, ich bin erst letztes Jahr mit der Schule fertig geworden. Zurzeit pausiere ich ein Jahr, bevor ich aufs College gehe.«
    |281| »Hier, du kannst diese Handschuhe anziehen. Und, an welche Uni willst du gehen?«
    »Nach Purdue. Meine Eltern arbeiten dort.«
    »Sind sie Akademiker?«
    »Mein Vater ist Dozent für englische Literatur, meine Mutter arbeitet an der School of Aeronautics & Astronautics. Sie gehört
     zu einem Forscherteam für Astrodynamik und Weltraumforschung.«
    »Du meine Güte.«
    »Meine Mutter ist mit Leib und Seele Wissenschaftlerin, der zerstreuteste Mensch, den ich kenne. Ich liebe sie über alles,
     sie ist brillant. Sie arbeitet an den Antrieben von Raumfahrzeugen, wie deren Umlaufbahnen sinken und wie sie wieder in die
     Erdatmosphäre eintreten. Ich kann das alles aufsagen wie auswendig gelernt, aber ich verstehe rein gar nichts von dem, was
     sie tut. Ich glaube, ich schlage nach meinem Vater. Und ich glaube, ich rede gerade zu viel.«
    Er legte ihr eine Hand auf den Oberarm. »Ich bin froh über jede Minute, die du mir Gesellschaft leistest, also rede, so viel
     du willst.«
    »Ich vermisse meine Eltern so sehr!«
    »Das glaube ich dir.«
    »Vielleicht ist es auch eher … Ich bin vor über zwei Monaten von zu Hause aufgebrochen, und jetzt, wo ich so lange von ihnen
     weg bin, habe ich das Gefühl … Ich glaube, ich war ziemlich schrecklich zu ihnen, ein richtiger Teenager!«
    »So waren wir doch alle. So ist das Leben.«
    »Ich weiß. Aber es hat eine ganz schlimme Wendung genommen …« Ihre Hände hingen reglos im Spülwasser, ihr Kopf sank ihr auf
     die Brust, und sie stand ganz still da.
    Zuerst sagte er nichts und blickte sie nur voller Mitgefühl an. Er sah, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. »Möchtest
     du darüber reden?«
    Sie schüttelte den Kopf, rang um Selbstbeherrschung. Allmählich ging es wieder. »Ich kann nicht. Ich hätte einfach nicht …«
    »Du bist fast fertig mit Abwaschen. Geh und ruf deinen Vater an.«
    |282| »Vielen Dank.« Sie druckste ein wenig herum. »Sie sind so nett zu mir … Ich …«
    »Aber was habe ich denn schon getan?«
    »Wäre es sehr unverschämt, wenn ich …?«
    »Ich glaube nicht, dass du einen Funken Unverschämtheit in dir hast. Los, sag schon, was du auf dem Herzen hast.«
    »Ich sehne mich so nach einem Bad, ich glaube, ich war noch nie im Leben so schmutzig. Ich beeile mich auch, das verspreche
     ich.«
    »Du lieber Himmel, natürlich kannst du baden, und nimm dir alle Zeit der Welt! Möchtest du ein Schaumbad? Meine Enkel haben
     mir Badezusatz zum Geburtstag geschenkt, aber ich benutze ihn gar nicht.«
     
    In der Kasteelstraat waren keine Parkplätze frei. Griessel musste sein Auto einen Block vom Van Hunks entfernt in der Langstraat
     abstellen. Die Politesse stürzte sich sofort wie ein Geier auf ihn. Er zahlte

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