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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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zweiten Schnürsenkel, zog den Sportschuh aus, warf ihn beiseite und zog
     ihr dann beide Socken aus. »Halte du ihr anderes Bein fest«, sagte er zu dem dritten Mann, »denn gleich wird sie ziemlich
     ausflippen.«
    Er reckte sich nach der Gartenschere, einem großen Werkzeug mit grünen Griffen. »Okay, jetzt zum letzten Mal: Wo ist das Video?«
    »Tot und begraben«, antwortete Rachel.
    Jetzt hielten ihr zwei Männer die Beine fest und drückten sie mit aller Kraft herunter, so dass ihre Fersen schmerzhaft auf
     den Zementboden gepresst wurden.
    »So nicht«, sagte Jay zu dem einen. »Ich will, dass sie sieht, was ich tue. Rutsch mal ein Stück.«
    Er griff nach ihrem rechten Fuß, die Hand um den Ballen und den großen Zeh gelegt. Er näherte die Gartenschere ihren Zehen,
     sah sie an und legte die Schneiden um ihren kleinen Zeh. Sie versuchte mit aller Kraft, sich loszureißen. Aber die Männer
     waren zu stark für sie. Jay drückte auf die Handgriffe. Der Schmerz war |374| unmittelbar und heftig, so dass sie unwillkürlich aufschrie, in einem unmenschlichen Laut.
    Durch das Blut blieb der Zeh an der silbernen Schere kleben. Jay schüttelte ihn ab, und er fiel in den Staub.
    »Da waren’s nur noch neun …«, sagte der, der ihr rechtes Bein festhielt, und kicherte nervös.
    Sie weinte hysterisch.
    »Wo ist das Video?«, fragte Jay ausdruckslos und griff erneut ihren Fuß.
    »
Fuck you!
«, schrie sie.
    Er grinste hässlich, packte ihren Fuß, schob die Gartenschere unter den nächsten Zeh und drückte zu.
    »In meiner großen Tasche!«, schrie sie, überwältigt von den Schmerzen, der Brutalität und der Demütigung.
    »Gut. Wo ist die Tasche?«
    »In der Jugendherberge.«
    Dann klingelte Jays Handy, und alle vier zuckten vor Schreck zusammen.
     
    Die Direktorin kehrte durch die Glastüren zurück, in der Hand einen transparenten Plastiksack mit blutigen Kleidungsstücken.
     Griessel sagte zu Bill Anderson: »Es tut mir furchtbar leid, aber ich muss jetzt Schluss machen. Sobald es etwas Neues gibt,
     rufe ich Sie an, ich verspreche es!«
    Stille. »Ich glaube nicht, dass Ihre Versprechen besonders viel bedeuten«, erwiderte Bill Anderson. Dann folgte das hörbare
     Klicken, als er mit einem Knall den Hörer auflegte. Griessel stand da wie versteinert, hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl,
     ungerecht behandelt zu werden, und dem Wissen, dass er als Vater genauso empfunden hätte.
    Die Direktorin hielt ihm die Tüte hin. »Das ist alles, Kaptein, ich weiß nicht, ob Ihnen das weiterhilft.«
    Er kam zu sich, steckte das Telefon weg und nahm die Plastiktüte an. »Sie haben hier nicht zufällig ein Paar Handschuhe für
     mich?«
    »Juffrou, bitte holen Sie dem Kaptein ein Paar Chirurgenhandschuhe«, sagte die Direktorin zu der Krankenschwester, die |375| daraufhin sofort den Flur entlangeilte. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Kaptein?«
    »Nur noch eine Frage: Wie geht es meiner Kollegin, Inspekteur Kaleni?«
    »Die schwarze Polizistin?«
    »Ja. Gibt es schon etwas Neues?«
    »Ihre Chancen stehen besser als die des jungen Mannes da drinnen. Die Schussverletzung an ihrem Hals – es sieht so aus, als
     sei die Kugel vom Kieferknochen abgeprallt, so dass nur die Wand der Carotis verletzt wurde, oberhalb des vierten Halswirbels.
     Und sie hat offenbar Sofortmaßnahmen am Unfallort erhalten, um die Blutung zu stillen. Das war ihr Glück.«
    »Wird sie durchkommen?«
    »Es ist noch zu früh, um sicher sein zu können.«
    Die Schwester brachte die Handschuhe, und Griessel bedankte sich bei ihr.
    »Lassen Sie es mich wissen, wenn ich noch irgendetwas für Sie tun kann«, sagte die Direktorin und ging dann zum Aufzug.
    »Vielen Dank,
dok
«, sagte Griessel. Er stellte die große Plastiktüte auf dem Schalter der Schwester ab und streifte hastig die Handschuhe über.
     Eine Hose, ein Hemd, braune Lederstiefel – mehr konnte man nicht erkennen. Er öffnete den Sack und zog das Hemd heraus. Ein
     weißes T-Shirt, dunkel vor Blut. Also keine Brusttasche. Er zog die Schuhe aus der Tüte und stellte sie beiseite. Dann die
     Hose, eine Jeans mit abgenutztem braunen Ledergürtel. Er fasste in die Taschen, zog einen Schlüsselbund heraus, sah ihn sich
     an. Ein Autoschlüssel, auf dem Mazda stand, vier weitere Schlüssel – zwei Haustürschlüssel und zwei kleinere. Für Hängeschlösser?
     Sie nutzten ihm nichts. Er legte die Schlüssel neben die Schuhe. In der anderen Hosentasche fand er ein weißes,

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