Dreizehn Stunden
23
Kaptein Bennie Griessel. Verdammt! Kaum zu glauben!
Er saß da, noch ganz überwältigt von seiner Beförderung, und wünschte, er könnte aufspringen, zu seiner Wohnung fahren und
Carla schreiben:
Mein liebes Kind, Dein Vater ist heute zum Kaptein befördert worden
. Und am Abend würde er auf Anna zugehen, die an einem Tisch bei Kerzenschein im Primi Piatti saß, und er würde sich zu ihr
hinunterbeugen, sie auf die Wange küssen und sagen: »Kaptein Bennie Griessel, sehr erfreut, Sie kennenzulernen.« Überrascht
würde sie zu ihm aufblicken, »Bennie!« sagen und ihn auf den Mund küssen.
»Wie hat Dekker die Nachricht aufgenommen, dass er mit Kaleni zusammenarbeiten soll?«, unterbrach ihn John Afrika in seinen
Träumereien.
»Ich habe ihm versichert, dass er den Fall behalten würde, da hat er sich damit abgefunden«, antwortete Griessel. »Er hat
es akzeptiert.«
Afrika wirkte skeptisch, nickte aber nur. »Hast du ihr schon Bescheid gesagt?«
Er hatte es völlig vergessen. Er würde sich zusammenreißen müssen. »Nein, ich hatte noch keine Gelegenheit dazu.«
»Wisst ihr, was Mbali bedeutet?«, fragte der Provinzkommissaris. »Blume. Es bedeutet ›Blume‹ auf Zulu.«
Afrika grinste. »Sie spricht fünf Sprachen und hat einen IQ von hundertsiebenunddreißig. Nicht schlecht für eine Blume.«
»Eines Tages wird sie auf meinem Stuhl sitzen«, prophezeite der kleine Xhosa.
»Sie glaubt, sie säße schon drauf«, erwiderte Afrika, und dann lachten die beiden Offiziere leise und gutmütig. Griessel grinste,
nicht sicher, ob ein Kaptein es wagen durfte, in ihr Lachen einzustimmen.
|222| Der Distriktkommissaris wurde plötzlich ernst. »Es gibt neue Verwicklungen, Bennie. Der Vater von Rachel Anderson behauptet,
sie könne sich nicht an die Polizei wenden. Er meint, sie habe damit sagen wollen, dass sie uns nicht vertraut.«
»Dass sie uns nicht vertraut?«, fragte Griessel. Die beiden Komissarisse nickten synchron und warteten, dass er das Rätsel
für sie löste.
»Das hat sie am Telefon zu ihm gesagt?«
Wieder nickten sie.
»Augenblick mal«, sagte Griessel und rutschte auf dem staatlichen Behördenmetallstuhl mit den grauen Polstern nach vorne.
»Möglicherweise verhält es sich ganz anders. Vusis Theorie lautet, dass sie eine Drogenschmugglerin ist und dass das auch
auf ihre Freundin zutraf. Das würde in vielerlei Hinsicht passen – wie sie eingereist sind, der Klub, die Russen, der abgeschnittene
Rucksack, die nächtliche Jagd. Ihre Scheu, sich an die Polizei zu wenden, hat also nichts mit Misstrauen uns gegenüber zu
tun, sondern damit, dass sie sich schuldig gemacht hat. Sie kann ja schlecht in eine Wache hineinmarschieren und sagen: ›Helfen
Sie mir, ich habe für eine halbe Million Drogen eingeschleust und anschließend Demidov aufs Kreuz gelegt.‹«
Aus den Gesichtern seiner beiden Vorgesetzten sprach große Erleichterung. Doch dann runzelte John Afrika die Stirn. »Das können
wir aber weder dem Generalkonsul noch dem Vater sagen. Nicht, ehe wir Beweise haben.«
»Wir haben übrigens ihrem Vater versprochen, dass du ihn anrufst«, sagte der Provinzkommissaris, und als er Bennies wenig
begeisterte Reaktion sah, fügte er nachdrücklich »Kaptein« hinzu.
»Umgehend«, sagte John Afrika.
»Um ihn zu beruhigen«, sagte der schmale Xhosa.
»Es würde sehr viel Druck vom Kessel nehmen.«
»Wenn er weiß, dass ein hoher Offizier für den Fall verantwortlich ist.«
»Aber wir dürfen mit dieser Drogengeschichte nichts überstürzen.«
»Ich hole dir die Nummer«, sagte der Provinzkommissaris und stand auf.
|223| »Du kannst dich in Direktor Arendses Büro setzen«, sagte John Afrika. »Er hat Urlaub.« Afrika erhob sich ebenfalls. »Komm,
ich zeige es dir.«
Plötzlich wurde der Strom wieder eingeschaltet, und das ganze Gebäude erwachte bebend wieder zum Leben.
»Sie wollen ihn nicht verhaften?«, fragte Willie Mouton ungläubig, während das Neonlicht über seinem Glatzkopf plötzlich flackerte
und sich dann hell darin spiegelte.
»Wir haben wieder Strom«, verkündete Groenewald, der Anwalt, als wäre es ein Wunder.
»Es besteht im Augenblick kein Anlass für eine Verhaftung«, erklärte Dekker, der an der Tür stand. »Kann ich Ihnen jetzt ein
paar Fragen stellen?«
»Mir?«
Dekker ging zu einem Stuhl neben dem Anwalt. »Ja, bitte. Über Adam Barnard. Und die Geysers.«
»O ja. Natürlich. Setzen Sie sich bitte«, antwortete
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