Drimaxid 01 - Die Zelle

Titel: Drimaxid 01 - Die Zelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Bader

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früh«, tadelte ihn der Fremde.
    »Kannst also doch noch sprechen«, gab Adam barsch zurück.
    Dies wäre der richtige Augenblick gewesen um sein Unternehmen abzubrechen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren.
    Hinlegen und schlafen , flehten Adams Muskeln. Wir sind müde vom langen Stehen.
    Adam gönnte ihnen keine Auszeit und gebar sich wie ein ägyptischer Sklaventreiber, der die erschöpften Arbeiter weiter mit seiner Peitsche antreibt.
    Die Pyramide muss fertig werden. Die Pyramide muss höher werden. Mit der Spitze wollen wir die Sonne aufspießen und sie vom Himmel holen um sie dem Pharao als Geschenk zu bringen.
    Ein seltsamer Gedanke.
    Er verwarf die groteske Metapher, als handle es sich um ein wackliges Kartenhaus, das ihm nicht stabil genug war.
    Der Raum vor ihm war groß. Adams Sichtbereich war zwar noch stark eingeschränkt, aber er sah genug, um diese Feststellung zu untermauern. Aber was heißt »groß« überhaupt? Die Bedeutung des Wortes hängt von der Sicht des Betrachters ab. Adam zum Beispiel würde künftig jedes Zimmer, das größer als vier Mal vier Meter war (und das war dieser Raum mit Sicherheit) als »groß« beschreiben.
    Obwohl die Benommenheit schon den vagen Vorläufern einer Ohnmacht gleichkam, machte Adam einen mutigen Schritt nach vorne. Ein Wagnis. Ein Wahnsinn. Sein Bein knickte weich wie Butter unter seinem Körper weg. Er fiel und griff blind zu. Seine Finger bekamen einen blechernen Kasten zu fassen, an dem er sich hochzog. Der Kasten schepperte und fuhr hin und her. Wahrscheinlich stand er auf kleinen Rädern.
    Adam kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und untersuchte den blechernen Kasten genauer. Es handelte sich um irgendeine komplizierte, medizinische Apparatur, wie man sie in Krankenhäusern findet. Er gewahrte einen Bildschirm auf dem ein heilloses Durcheinander aus Zahlen abgebildet wurde und über den eine leuchtende Linie hüpfte.
    Während er sich schwer auf den blechernen Kasten stützte, ging er weiter. Er benutzte die Apparatur wie eine alte Frau ihre Gehhilfe. Plötzlich spürte er ein unangenehmes Zwicken in seiner linken Hand. Er tastete mit seiner Rechten die schmerzende Stelle ab. Jemand hatte ihm eine Nadel ins Handgelenk gerammt, an der ein Schlauch hing. Eine Infusion.
    Gegen den Hunger. Gegen den Durst. Gegen den Schmerz. Gegen das Fieber , flüsterte eine Stimme in seinem Kopf.
    Welches Fieber?
    »Warst du das?«
    Keine Antwort.
    Adam folgte dem dünnen Schlauch zu einem weiteren fahrbaren Gegenstand. Es handelte sich um einen dieser skurrilen Kleiderständer auf Rollen; ein stummer Geselle, an dem ein prall gefüllter Beutel hing. Zögerlich ließ er von dem blechernen Kasten ab und klammerte sich an der silbernen Stange unter der Halterung für den Beutel fest.
    Eine Medizin?
    »Gegen das Fieber«, antwortete der Fremde, als hätte er seine Gedanken gelesen. So viel Aufwand musste sich sein Gegenüber aber gar nicht machen. Adams Gestik und Mimik zu deuten war nicht besonders schwer.
    Welches Fieber?
    »Welches Fieber?«, fragte er jetzt laut.
    Keine Antwort.
    Der Unbekannte sprach, wenn ihm danach beliebte. Seine Worte ließen sich nicht erzwingen. Er sagte, was zu sagen war und wann es zu sagen war. Kein Wort mehr, aber auch keins weniger. Und niemals zum falschen Zeitpunkt. Alles war perfekt berechnet.
    Woher wusste Adam das nur?
    Mit tapsigen Schritten ging er weiter. Wie ein kleines Kind, das sich zum ersten Mal aufrecht fortbewegt und nicht mehr wie ein Tier auf allen Vieren kriecht.
    »Zu früh«, wiederholte der Fremde auf dieselbe rätselhafte Art und Weise wie vorhin.
    Warum hatte Adam das Gefühl, dass sein Gegenüber damit nicht (nur) Adams Gehversuche meinte? Langsam klärte sich seine Sicht. Als hätte er die ganze Zeit durch einen transparenten Duschvorhang gesehen, der durch den Dunst angelaufen war und sich jetzt wie von Geisterhand öffnete.
    Adam machte den Fremden aus. Ein schattenhafter Umriss in einer weißen, sterilen Landschaft. Sein Verstand eliminierte die Umgebung, so wie er vorhin in der Zelle die Tür eliminiert hatte, und konzentrierte sich auf den Unbekannten. Obwohl dieser verblüffende Ähnlichkeit mit den schwarzen Scherenschnittmännern aus seinen Träumen hatte, fürchtete Adam keinen Augenblick, dass er einer von ›ihnen‹ war.
    So sehr die Aura des Fremden Adam auch erschreckte. Der Unbekannte strahlte auch etwas … Vertrautes aus. Als wäre er ein alter Bekannter, den Adam zwar aus den Augen verloren,