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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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etliche kleinere Geschäfte passierte:
eine Pizza-Bude, eine Tankstelle, eine Transporter-Vermietung, einen Laden für
Heimwerker- und einen für Gartenbedarf. Dahinter, wo die Straße eine leichte
Linkskurve machte, lag ein Bar-Grillrestaurant namens Wander Inn. Die Tür stand
offen. Curtis schnippte seine Zigarette auf den Bürgersteig und verschwand im
Eingang. Ich fuhr auf den Schotterparkplatz hinter dem Gebäude und parkte auf
einem von zehn freien Stellplätzen. Ich ging durch den Hintereingang, vorbei an
den Toiletten und an der Küche, wo ich den Mann am Frittierbecken ein Drahtsieb
voller goldgelber Pommes frites trockenschütteln sah.
    Das Lokal war ganz Plastik und
Bierdunst, illuminiert von einem breiten Strahl Tageslicht, das zur Vordertür
hereinfiel. Schon um diese Uhrzeit hüllte der Zigarettenqualm alles in einen
leichten Nebelschleier wie auf alten Fotos. Das einzig Bunte waren die grellen
Grundfarben des Flippers, auf dem eine Barbarella mit riesigen
Spitzkegelbrüsten im hautengen Raumanzug und schenkelhohen, gelben Stiefeln
breitbeinig auf dem Erdball ritt. Hinter ihr schoss ein großes, rotes, Dildo-förmiges
Raumschiff in Richtung Mond.
    An der Bar wandten sechs Männer die
Köpfe nach mir um, aber Curtis war nicht darunter. Ich sichtete ihn in einer
Nische, eine Bierflasche an den Lippen. Sein Adamsapfel ruckte auf und ab wie
ein Pumpkolben. Er stellte die leere Flasche auf den Tisch und verharrte einen
Moment, um eine Serie dröhnender Rülpser zu produzieren wie ein wütender
Seelöwe, der sein Weibchen anbellt.
    Eine Kellnerin in weißer Bluse,
schwarzen Hosen und Tennisschuhen kam aus der Küche, bewehrt mit einem Tablett
mit heißem Essen, das sie zu seinem Tisch trug. Ich wartete, bis sie ihm einen
Cheeseburger und einen Berg Pommes frites hingestellt hatte, was er beides mit
üppigen Dosen Salz und Ketchup überschüttete. Er türmte Salat, Tomatenscheiben,
Gürkchen und Zwiebeln auf den Burger, legte dann die obere Brötchenhälfte
wieder darauf und quetschte das ganze Gebilde platt. Zum Abbeißen musste er es
mit beiden Händen zum Mund führen. Ich ging zu seiner Nische und schlüpfte ihm
gegenüber auf die Bank. Er gab seiner Begeisterung so lebhaft Ausdruck, wie es
ihm mit vollem Mund und ketchupverschmierten Lippen möglich war. »Hey, wie
geht’s? Ist ja toll! Schön, Sie zu sehen. Ist ja ein Ding. Woher wussten Sie,
dass ich hier bin?« Er schluckte den Inhalt seiner Backentaschen hinunter und
wischte sich mit einer Papierserviette über die untere Gesichtshälfte. Ich
reichte ihm eine zweite Serviette aus dem Spender und beobachtete, wie er sich
die Finger abputzte, worauf er prompt darauf bestand, mir die Hand zu
schütteln. Ich sah keine höfliche Möglichkeit, dem zu entgehen, obwohl mir klar
war, dass meine Hand noch eine Stunde nach Zwiebeln riechen würde.
    Ich stützte mich auf die verschränkten
Unterarme, um weitere Kontakte im Vorfeld abzubiegen. »Curtis, ich muss mit
Ihnen reden.«
    »Ich hab Zeit. Möchten Sie ein Bier?
Nur zu, ich spendier Ihnen eins.«
    Ohne meine Einwilligung abzuwarten,
signalisierte er dem Barkeeper seine Bestellung, indem er seine Bierflasche
hochhob und zwei Finger in die Luft reckte. »Möchten Sie auch was essen?
Bestellen Sie sich was«, sagte er.
    »Ich habe gerade gegessen.«
    »Na, dann ein paar Fritten. Bedienen
Sie sich. Woher haben Sie gewusst, dass ich wieder draußen bin? Das letzte Mal,
als wir uns gesehen haben, saß ich noch im Bau. Sie sehen toll aus.«
    »Danke. Sie auch. Das war übrigens
gestern«, erinnerte ich ihn. Curtis sprang auf und ging hinüber an die Bar, um
das Bier zu holen. Während er weg war, aß ich ein paar von seinen Pommes
frites. Sie waren handgeschnitten, mit Schale und richtig schön knusprig. Er
kam mit dem Bier zurück, und ich sah, wie er Anstalten machte, sich neben mich
zu quetschen.
    »Nichts da«, sagte ich. Er benahm sich,
als seien wir liiert, und die Typen an der Bar äugten neugierig zu uns herüber.
    Ich weigerte mich, zur Seite zu
rutschen, und er musste sich wohl oder übel wieder auf seinen alten Platz
setzen. Er streckte mir ein Bier entgegen und grinste mich fröhlich an. Curtis
schien zu glauben, dass ihm an diesem Nachmittag zu all dem schönen Bier, den
Zigaretten und den ganzen gesättigten Fettsäuren auch noch eine nette Begegnung
im Bett beschieden war. Er stützte das Kinn auf die Faust und probierte es
wieder mit dem seelenvollen Hundebaby-Blick. »Sie werden doch nicht so

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