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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und wir kippen ein paar Drinks...«
    »Was haben Sie getrunken?«
    »Er hat sich so ein Weibergesöff
gemixt, Wodka-Tonic mit irgendwas. Ich hatte Bourbon, mit einem kleinen Schuss
Wasser. Klasse-Bourbon, muss ich echt sagen.«
    »Sie haben also getrunken...«
    »Genau. Wir haben uns ein paar hinter
die Binde gegossen, und er hat der Frau in der Küche gesagt, sie soll uns was
zu knabbern bringen. Dieses grüne Zeug. Guacamole und Salsa und solche
dreieckigen Chips, die so grau sind. Ich hab ihn gefragt: >Was zum Teufel
ist das?< und er hat gesagt: >Das sind blaue Mais-Tortilla-Chips<.
Sahen aber mehr grau aus, wenn Sie mich fragen. Wir haben rumgesessen und
getrunken und geredet, bis es fast Mitternacht war.«
    »Was war mit dem Abendessen?«
    »Gab kein Abendessen. Nur das
Knabberzeug, deshalb waren wir ja so blau.«
    »Und was war dann?«
    »Dann hat er das gesagt — dass er sie
umgelegt hat.«
    »Was genau hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, er hat geklingelt und
sie ist runtergekommen und hat das Licht über der Tür angeknipst. Er hat
gewartet, bis er kein Licht mehr durch den Spion gesehen hat, weil sie das Auge
dran hatte. Dann hat er losgeballert. Bumm!«
    »Warum haben Sie mir das nicht gleich
erzählt?«
    »Ich dachte, das kann ich nicht
bringen«, sagte er im Brustton moralischer Überzeugung. »Ich meine, ich bin
doch hingegangen, um ihn zu fragen, ob er mir Geld leiht. Ich wollte nicht,
dass es so aussieht, als ob ich sauer auf ihn wär, weil er mich abgewimmelt
hat. Hätte mir doch keiner geglaubt, wenn ich die Sache so erzählt hätte.
Außerdem war er ja nett zu mir, und ich wollte nicht als hinterfotziger Arsch
dastehen — entschuldigen Sie mein Französisch.«
    »Wieso hätte er zugeben sollen, dass er
sie getötet hat?«
    »Wieso nicht? Wenn er mal
freigesprochen ist, können sie ihn doch nicht noch einmal vor Gericht stellen.«
    »Nicht vor ein Strafgericht.«
    »Na und? Was juckt ihn ein blöder
Zivilprozess?«
    »Und Sie sind bereit, das vor Gericht
zu wiederholen?«
    »Von mir aus.«
    »Sie werden unter Eid aussagen müssen«,
sagte ich, um sicherzustellen, dass ihm wirklich klar war, worum es ging.
    »Ich weiß. Nur...«
    »Nur was?«
    »Ich hätt gern ein bisschen was dafür«,
sagte er.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, eine Hand wäscht die andere.«
    »Geld wird Ihnen niemand dafür geben.«
    »Ich weiß. Ich mein auch nicht Geld.«
    »Was denn?«
    »Ich hätt gern einen kleinen Nachlass
bei meiner Bewährung, so was in der Art.«
    »Curtis, ein Geschäft ist nicht drin.
Das steht überhaupt nicht in meiner Macht.«
    »Ich hab ja nichts von Geschäft gesagt,
aber eine kleine Anerkennung könnt ich gebrauchen.«
    Ich sah ihn lange und ernst an. Warum
glaubte ich nichts von dem, was er mir erzählte? Weil er aussah wie jemand, der
die Wahrheit nicht einmal erkennen würde, wenn sie ihn ansprang. Ich weiß
nicht, was mich zu meiner nächsten Frage trieb. »Curtis, sind Sie je wegen
Meineids drangekriegt worden?«
    »Meineid?«
    »Verdammt noch mal! Sie wissen genau,
was Meineid ist. Beantworten Sie einfach meine Frage, und lassen Sie uns
weitermachen.«
    Er kratzte sich am Kinn und sah mir nicht
ganz in die Augen. » Drangekriegt nicht.«
    »Ach, zum Teufel noch mal«, sagte ich.
    Ich zwängte mich aus der Sitzbank,
wandte mich ab und marschierte in Richtung Hinterausgang. Ich hörte, wie er
aufsprang. Ich drehte mich kurz um und sah, wie er ein paar Scheine auf den
Tisch warf und mir nachsetzte. Ich trat auf den Parkplatz, wobei mich die
grelle Sonne, die auf den weißen Kies knallte, kurz zurückzucken ließ.
    »Hey! Halt, warten Sie! Ich sag Ihnen
die Wahrheit.«
    Er griff nach mir, und ich zog meinen
Arm weg. »Sie werden im Zeugenstand ein schwaches Bild abgeben«, sagte ich,
ohne meine Schritte zu drosseln. »Sie haben eine Menge auf dem Kerbholz, unter
anderem auch Meineidsgeschichten.«
    »>Geschichten< nicht. Nur eine.
Na ja, zwei, wenn man diese andere Sache mitzählt.«
    »Ich will nichts mehr hören. Sie haben
Ihre Geschichte schon einmal umgemodelt. Und Sie werden es wieder tun, wenn Sie
das nächste Mal gefragt werden. Barneys Anwalt wird Sie auseinander nehmen.«
    »He, ich kapier nicht, warum Sie so von
mir denken«, sagte er. »Nur, weil ich einmal gelogen hab, heißt das noch lange
nicht, dass ich nicht auch die Wahrheit sagen kann.«
    »Sie können Lüge und Wahrheit noch
nicht mal unterscheiden, Curtis. Das ist es, was mir Sorge macht.«
    »Ich kann

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