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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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unterscheiden.«
    Ich schloss meinen Wagen auf, öffnete
die Tür und kurbelte das Fenster herunter, um den Luftwiderstand beim Zumachen
zu reduzieren. Ich stieg ein und klappte die Tür zu, wobei ich um ein Haar
seine Hand eingeklemmt hätte, die auf dem Rahmen ruhte. Ich öffnete das
Handschuhfach, nahm eine meiner Visitenkarten heraus und warf sie ihm durchs
Fenster zu. »Rufen Sie mich an, wenn Sie sich entschlossen haben, die Wahrheit
zu sagen.«
    Ich ließ den Wagen an und preschte,
Staub und Kies hinter mir aufwirbelnd, vom Parkplatz.
    Ich fuhr zurück zum Büro, das Radio
voll aufgedreht. Es war fünf nach halb vier und natürlich gebührenpflichtige
Parkzeit. Ich dachte nicht daran, dass Lonnies Parkplatz frei sein musste, da
er ja in Santa Maria war. Ich kurvte durch die Gegend, bei jeder Runde ein
Stück weiter weg, um eine Parklücke in noch einigermaßen zumutbarer Entfernung
zu finden. Schließlich fand ich ein etwas fragwürdiges Plätzchen, wo meine
hintere Stoßstange in eine Einfahrt ragte. Damit riskierte ich zwar einen
Strafzettel, aber vielleicht hatten die Politessen ja schon Feierabend.
    Den Rest des Nachmittags verbrachte ich
mit Kleinkram. Mein Termin mit Laura Barney war zwar erst in einer Stunde, aber
im Grunde schlug ich nur die Zeit tot, während ich auf eine Möglichkeit lauerte,
mit Lonnie zu reden, der, wie Ida Ruth mir wiederholt versicherte, im Moment
leider nicht erreichbar war. Ich lungerte in der Nähe ihres Schreibtischs
herum, um auf jeden Fall zur Stelle zu sein, falls er zufällig anrufen sollte.
»Er ruft nie an, wenn er zu tun hat«, sagte sie geduldig.
    »Rufen Sie ihn jemals an?«
    »Wenn ich klug bin, nicht. Er wird sehr
ärgerlich, wenn ich’s tue.«
    »Meinen Sie nicht, er würde es gerne
wissen wollen, wenn sich sein Hauptzeuge als Niete entpuppt?«
    »Was hat er davon? Jetzt ist diese
Sache dran. Er ist mit anderen Dingen beschäftigt. Ich arbeite seit sechs
Jahren für ihn, und allmählich kenne ich ihn. Ich kann ihm eine Nachricht
hinterlassen, aber er wird sie einfach ignorieren, bis dieser Prozess vorbei
ist.«
    »Und was soll ich tun, bis er wieder da
ist? Ich kann es mir nicht leisten, Zeit zu verplempern, und ich hasse
Leerlauf.«
    »Tun Sie, was Sie wollen. Ihn werden
Sie vor Montag früh um neun garantiert nicht erreichen.«
    Ich sah auf meine Uhr. Es war immer
noch Mittwoch, 16 Uhr 05. »Ich habe in einer halben Stunde einen Termin beim
St.-Terry-Krankenhaus. Danach werde ich dann wahrscheinlich nach Hause fahren
und putzen«, sagte ich.
    »Wieso putzen? Das sieht Ihnen gar
nicht ähnlich.«
    »Ich mache alle drei Monate Großputz.
Das ist ein Ritual, das ich von meiner Tante übernommen habe. Sämtliche
Teppiche klopfen, Bettwäsche an der Luft trocknen...«
    Sie sah mich angewidert an. »Warum
machen Sie nicht eine schöne Wanderung in den Los Padres?«
    »Ich treibe mich nicht in der freien
Natur rum, wenn ich es irgendwie vermeiden kann, Ida Ruth. Dort oben in den
Bergen gibt es Zecken, so groß wie Wasserwanzen. Wenn einen so ein Biest am
Knöchel erwischt, saugt es einem das ganze Blut aus dem Leib. Und außerdem
kriegt man vermutlich auch noch die Beulenpest.«
    Sie lachte und machte eine wegwerfende
Handbewegung.
    Schließlich räumte ich diversen
Kleinkram von meinem Schreibtisch und schloss hinter mir ab. Ich war gespannt
auf David Barneys Ex-Frau, rechnete aber nicht damit, dass sie mich besonders
weiterbringen würde. Ich ging die Treppe hinunter und marschierte die
dreieinhalb Blocks zu meinem Wagen. Erfreulicherweise steckte kein Strafzettel
an der Windschutzscheibe. Unerfreulicherweise sprang der Motor nicht an, als
ich den Anlasser betätigte. Ich brachte ihn zwar dazu, ein eifrig bemühtes,
mahlendes Geräusch von sich zu geben, aber er kriegte einfach nicht die Kurve.
    Ich stieg aus, ging zum Fleck und
öffnete die Motorklappe. Ich starrte auf den Motor, als wüsste ich, was ich da
vor mir hatte. Das einzige Teil der Auto-Innereien, das ich identifizieren
kann, ist der Keilriemen, und der schien ganz okay. Ich bemerkte, dass
irgendwelche kleinen Dinger von einem runden Etwas abgegangen waren. Ich sagte:
»Oh«, und stöpselte sie wieder fest. Ich wollte gerade wieder einsteigen, als
ein Wagen halb in die Einfahrt einbog und stehen blieb. Ich betätigte erneut
den Anlasser, und der Motor sprang an.
    »Kann ich was helfen?« Der Mann am
Steuer hatte sich über den Vordersitz gebeugt und kurbelte das Beifahrerfenster
hinunter.
    »Nein, danke.

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