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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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keinen Weg, es zu vermeiden.«
    »Daran können wir wohl nichts ändern.
Was führt Sie wieder her?«
    Ich erzählte ihr von meinem Gespräch
mit dem Gerichtsmediziner. »Er scheint nicht besonders optimistisch, aber
immerhin ist er willens, der Sache nachzugehen, wenn ich ihm ein paar Sachen
bringe, mit denen er vergiftet worden sein könnte. Ich brauche irgendein
Behältnis für das Zeug, das wir finden.«
    »Wie wär’s mit einem Müllbeutel? Wir
nehmen immer die kleinen mit der Schnur zum Zuziehen.«
    »Perfekt«, sagte ich.
    Ich folgte ihr in die Küche, und wir
sammelten gemeinsam alles ein, was im Entferntesten in Frage kam. Der
Putzmittelschrank unter der Spüle entpuppte sich als eine wahre Fundgrube an
toxischen Substanzen. Es war ernüchternd, sich klar machen zu müssen, dass die
Durchschnitts-Hausfrau tagtäglich knietief im Gift watet. Manche Artikel
verwarf ich gleich, zum Beispiel den Abflussreiniger, weil ich mir sagte, dass
er wohl kaum eine tödliche Dosis von diesem haarknäuelzersetzenden Teufelszeug
zu sich genommen haben konnte, ohne es zu merken.
    Louise hatte einen scharfen Blick und
wies mich auf Produkte hin, die ich sonst womöglich übersehen hätte. In unseren
Sack wanderten Backofenspray, WC-Reiniger, Silberputzmittel, Salmiak, Spiritus
und ein Päckchen Ameisen-Fallen. Einen Moment lang stand mir das schiefe Bild
vor Augen, wie Morley mit zurückgelegtem Kopf Ameisen-Fallen hinunterschlürfte
wie eine Prozession lebender Goldfische. Etliche seiner Medikamente standen auf
dem Küchenfensterbrett aufgereiht, und wir warfen auch sie in meine Halloween-Tüte.
    Im Bad entnahmen wir dem
Medizinschränkchen alles, was mit Morleys Namen gekennzeichnet war, sowie ein
paar freiverkäufliche Arzneimittel, die in großen Mengen möglicherweise tödlich
sein konnten. Aspirin, Beruhigungsdragees, Natron-Brausetabletten, ein
Antihistamin-Präparat. Nichts davon wirkte besonders unheilvoll oder
gefährlich. Wir inspizierten sämtliche Papierkörbe, fanden aber nichts, was
auch nur im Entferntesten verdächtig schien. Die Durchsuchung der Garage
erbrachte ein paar Dosen und Flaschen, aber längst nicht so viele, wie ich
erwartet hatte. »Er hatte es wohl nicht so mit Insektenvertilger und
Düngemitteln«, sagte ich beiläufig. Louise packte gerade Terpentin und
Verdünner in meinen Sack.
    »Morley hat Gartenarbeit gehasst. Das
war Dorothys Sache.« Sie trat von den Borden zurück und drehte sich langsam um
ihre Achse, um noch einmal das Terrain zu überprüfen. »Sieht aus, als wär’s
das. Ach, das Motoröl«, sagte sie. Sie wandte sich mir zu und sah mich an.
    »Stecken Sie’s ruhig mit hinein«, sagte
ich. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass er sich eine Überdosis
Sears-Extra einverleibt hat, aber möglich ist alles. Was ist mit seinem Büro?
Hatte er dort im Bad auch einen Medizinschrank?«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht.
Bestimmt. Warten Sie, ich suche am besten gleich die Schlüssel, wo wir schon
dabei sind.«
    »Bemühen Sie sich nicht. Ich kann die
Frau vom Schönheitssalon bitten, mich von ihrer Seite aus reinzulassen.«
    Wir gingen wieder vor das Haus, und ich
nahm meine Autoschlüssel heraus. »Danke für Ihre Hilfe, Louise.«
    »Lassen Sie uns wissen, was diese Leute
finden«, sagte sie.
    »Das wird ein Weilchen dauern. Die
toxikologische Auswertung zieht sich manchmal einen Monat hin.«
    »Aber die Autopsie selbst? Da müssten
sie doch auch schon etwas sagen können.«
    »Vor der Trauerfeier passiert sowieso
nichts.«
    »Sehen wir Sie dort?«
    »Soweit ich es absehen kann, ja.«
    Auf der Fahrt zu Morleys Büro wurde ich
von Zweifeln übermannt. Das war doch einfach albern. Morley hätte niemals
irgendetwas gegessen, was mit Silberputzmittel oder Entroster versetzt war. Er
war zwar nicht gerade ein Epikuräer gewesen, aber er hätte es sicher gemerkt,
sobald er nur den ersten Löffel Entkalker oder Möbelpolitur zu sich genommen
hätte. Das mit den Medikamenten konnte ich nicht beurteilen. Keines der
Fläschchen war auch nur annähernd leer gewesen, was nicht dafür sprach, dass er
sich versehentlich oder auf andere Weise eine Überdosis zugeführt hatte. Zwei
Mittel waren Kapseln. Daran konnte natürlich jemand herummanipuliert haben. Ich
wusste ja, dass die Hintertür meistens unverschlossen oder sogar offen war. Da
konnte jeder hineinspaziert sein und die Kügelchen gegen irgendetwas Tödliches
ausgetauscht haben.
    Ich war jetzt bei Morleys Büro
angelangt und parkte in

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