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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hätte sie bestimmt
bemerkt. Sie haben es noch mit Mund-zu-Mund-Beatmung versucht und erst dann
gemerkt, dass es keinen Sinn hatte.«
    »Damit entfallen Zyanid, Paraldehyd,
Äther, Disulfid und Nikotinsulfat. Aber das alles könnte man sowieso niemandem
heimlich unterjubeln.«
    »Arsen?«
    »Schon eher. Die Symptome, die Sie
schildern, würden ganz gut dazu passen. Nur nicht, dass er sich zwischendurch
besser fühlte. Das gefällt mir gar nicht. Zu schade, dass er nicht in der
Ambulanz war. Die hätten es rausgefunden.«
    »Ich nehme an, da seine Frau so krank
ist, wollte er keine Umstände machen«, sagte ich. »Alle hatten die
Magen-Darm-Grippe. Er hat wahrscheinlich gedacht, es sei nichts weiter.«
    »War es ja vielleicht auch nicht«,
sagte Burt. »Aber noch etwas: Wenn es etwas war, was er gegessen hat, und wenn
wir annehmen, dass der Magen-Darm-Trakt die Eintrittspforte war, dann ergibt
sich ein Zeitraum, in dem sowohl chemische Umwandlungs- als auch
Ausscheidungsprozesse stattgefunden haben. Mal ganz allgemein gesagt: Chemische
Substanzen, die in einen lebenden Organismus gelangen, werden entweder
Stoffwechselprozessen unterzogen oder ausgeschieden oder beides, was bedeutet,
dass sich die Menge an nachweisbarem Gift immer weiter reduziert. Das
Verdauungssystem tut sein Werk. Zu allem Überfluss kotzt der Mann die Beweismittel
auch noch aus. Wenn das Gift rasch tötet, sind bei der Autopsie fast immer noch
erhebliche Mengen zu finden. Dass er einbalsamiert wurde, macht es auch nicht
besser. Wenn die Konservierungsflüssigkeit in das Kreislaufsystem gespritzt
wird und die inneren Organe durchtränkt, schwimmen dem Toxikologen alle Felle
davon.«
    »Aber würde sich denn trotzdem noch
etwas nachweisen lassen?«
    »Wahrscheinlich schon. Wir müssten
Proben von der Einbalsamierungsflüssigkeit nehmen und mit dem vergleichen, was
sich an Fremdstoffen und — Verbindungen in den inneren Organen findet. Ich will
Ihnen sagen, was das Beste wäre, wenn es Ihnen wirklich ernst damit ist.
Bringen Sie mir sämtliche Haushaltsprodukte, die Sie bei ihm zu Hause finden
können. Filzen Sie den Müll auf verdächtige Essensreste. Suchen Sie nach
Pillenfläschchen, Rattengift, Kakerlaken-Pulver, Putz- und
Desinfektionsmitteln, Insektenvertilger und dergleichen. Ich kann ja mal mit
dem Leichenbestatter reden und hören, ob er irgendetwas beizusteuern hat. Diese
Leute sind ganz schön gewitzt, wenn sie erst einmal wissen, wonach man sucht.«
    »Sie werden es also tun?«
    »Na ja, wenn sie die Papiere
unterschreibt, werden wir’s einmal versuchen.«
    Mich packte Erregung, zu gleichen
Teilen mit Angst gemischt. Wenn ich mich irrte, würde ich ziemlich dumm
dastehen.
    »Warum grinsen Sie so?«, fragte er.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie mich
ernst nehmen.«
    »Ich werde dafür bezahlt, dass ich
Leute im Zweifelsfall ernst nehme. Sehr oft ergibt sich der Nachweis einer
Vergiftung nur dadurch, dass irgendwelche Angehörigen oder Freunde einen vagen
Verdacht haben. Wir werden Morley hierher schaffen und ihn uns ansehen.«
    »Und die Beerdigung?«
    »Die Trauerfeier kann ruhig
stattfinden. Wir lassen ihn danach herbringen und machen uns gleich dran.« Er
hielt inne und sah mich forschend an. »Haben Sie schon einen Verdacht, wer es
war, falls sich herausstellen sollte, dass Sie Recht haben?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«,
sagte ich. »Ich versuche immer noch herauszukriegen, wer Isabelle Barney
umgebracht hat.«
    »An Ihrer Stelle würde ich mich nicht
zu intensiv bemühen.«
    »Wieso?«
    »Weil diese Art Neugier Morley
vielleicht das Leben gekostet hat.«
     
     
     

16
     
    Auch wenn ich es selbst nicht glauben
konnte — ich war schon wieder auf dem Weg zu den Shines. Burt Walker hatte mich
beauftragt, ihm sämtliche Haushaltsprodukte zu bringen, die potenziell als Gift
fungieren konnten. Louise stand draußen beim Briefkasten, als ich anhielt. Wenn
sie erstaunt war, mich zu sehen, ließ sie sich nichts anmerken. Sie wartete
geduldig, bis ich geparkt hatte und ausgestiegen war. Wir schlenderten wie alte
Freundinnen zum Haus.
    »Wo ist Dorothy?«, fragte ich.
    »Sie hat sich hingelegt.«
    »Hat es ihr sehr zugesetzt?«
    Ihr Blick war offen und ehrlich. »Meine
Schwester ist ein realistischer Mensch. Morley ist tot. Wenn ihn jemand
vergiftet hat, will sie es wissen. Natürlich setzt einem das zu. Wie sollte es
auch nicht?«
    »Es tut mir wirklich sehr Leid, dass
ich sie noch zusätzlich belasten muss, aber ich sehe

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