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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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gesehen habe, und vielleicht ist mir auch eine Träne runtergerollt.
    Für mich ist er, für mich bleibt er immer der größte Sportheld aller Zeiten.
    Eine große Ali-Chance ist mir allerdings in Atlanta leider entgangen. Heribert Faßbender und ich haben uns damals die Moderation des Olympiastudios geteilt. Wir wollten unbedingt etwas zu Alis Auftritt machen, zu diesem emotionalen Moment, der die ganze Welt gerührt hat.
    Unsere Idee war, Joe Frazier, Alis alten Rivalen, ins Studio zu bitten. Er sollte uns erzählen, wie er Alis Auftritt erlebt hat und wie es ihm dabei gegangen ist. Mein lieber amerikanischer Kollege Ben Wett, ein großartiger Boxexperte, stellte für uns den Kontakt her. Alles klar, Frazier würde zu mir ins Studio kommen.
    Boah! Waldi war happy. Ein tolles Erlebnis, mit Joe Frazier über Muhammad Ali zu sprechen, über die alten Zeiten, ganz großes Kino.
    Leider kam der Anschlag von Atlanta dazwischen. Im Cen tennial Park am Olympiagelände explodierte eine Bombe in einem Papierkorb, an dem ich jeden Tag vorbeigegangen bin, unmittelbar in der Nähe unseres Hotels.
    Als ich am Morgen vor der Sendung aus dem Fenster im 45 . Stock schaute, waren ungefähr 170 00 Blaulichter zu sehen, unzählige Hubschrauber, der pure Wahnsinn, wie im Krieg. Alle Polizeiautos des Bundesstaates Georgia, so schien es, stan den genau vor meinem Fenster.
    Man muss sagen: Wenn die Amis etwas auffahren, dann aber richtig. Es gab keine Chance, aus dem Hotel ins IBC zu kommen, in unser Studio im Olympia-Fernsehzentrum.
    Es gab keine Chance, zum Interview mit Mr Frazier zu kommen und mich mit ihm über Ali zu unterhalten. Heribert Faßbender, der die Schicht vor mir hatte, blieb einfach im Studio – damit hatte Fassi nicht nur die Bombe in seiner Sendung, sondern auch noch Joe Frazier. Wenn es mich je in ein Fernsehstudio gezogen hatte, dann in dieses. Ich wusste genau: »Heute gehen die Quoten durch die Decke. Und ich sitze im Hotel fest.« Aber, wie sagen Fassis rheinische Landsleute so schön? »Man muss och jönne könne.«
    Trotzdem habe ich ihn gehasst, diesen Bombenleger. Vor allem weil ein Mensch sterben musste.
    Die letzte Ali-Geschichte dann 2005 in Berlin. Als sich der russische Bär Nikolai Walujew vor 10000 Leuten in der Max-Schmeling-Halle gegen John Ruiz den WM -Titel holte, boxte Ali im Rahmenprogramm. Natürlich nicht der große Muhammad, sondern seine wirklich bildschöne und tüchtige Tochter Laila.
    Doch Papa Muhammad sorgte dafür, dass ich mich vor Lailas Kampf geschlagene fünfundvierzig Minuten mit Wladimir Klitschko am Hallenmikro ausführlichst über Boxen unterhalten durfte – der vielleicht längste Boxvorlauf der Welt. Die Regieanweisung lautete: »Wir haben nichts mehr im Regal, Waldi. Du musst ziehen und Zeit schinden, so lange es nur geht.« Ich habe sogar noch ein Foto von mir und Ali 1 976 in die Kamera gehalten, vor lauter Verzweiflung – wieder eine halbe Minute rausgeholt.
    Der Grund für dieses Wassertreten: Wir mussten warten, bis der Champ als Zuschauer im Publikum auftauchte – mit diesem Knaller sollte der Kampf beginnen. Und er kam nicht und kam nicht und kam nicht. Und die Frau Tochter war stur und beharrte, dass sie ohne ihren Vater nicht anfangen würde.
    Was wirklich los gewesen war, hat mir danach Ben Wett gesteckt: Laila hatte im Hotelzimmer den Schutz liegen lassen, den sie beim Boxen trägt, und die ganze Wagenkolonne mit ihrem Vater zurück ins Hotel geschickt, um das fehlende Teil zu holen. Die ganze Halle und TV -Deutschland warteten, weil Frau Ali ihren Unterbodenschutz vergessen hatte und der Vater höchstpersönlich ihn holen musste.
    Auch das gab’s nur beim Größten – der immer noch der Größte war, egal ob sie ihn an diesem Abend mit einem Gehwägelchen in die Halle schaffen mussten.

6
    VIELLEICHT PASST DIR JA MEINE …
    Wie ich Uli Hoeneß’ Lederhose verzockte
    Nachdem Ali samt Tross wieder abgereist war, ging es für mich zurück nach Augsburg. Zurück in eine andere Welt, in eine kleinere Welt. Zum Beispiel zum FC Augsburg. Ich war schon ab 1973 gemeinsam mit Hans-Roland Fäßler Stadionsprecher beim FCA in der zweiten Liga, wir haben uns den Job geteilt. Roland war ja damals schon bei Bayern 3 , Gute Fahrt und gute Reise und solche Geschichten.
    Durch die Stadionsprecherei hatte ich freien Zugang zum gesamten Innenleben des Vereins bis hinein in die Kabine – was mir für meine Schreiberei natürlich sehr geholfen hat, auch als Hartmut Waldmann.

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