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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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Denn den gab es noch immer – und mehr denn je, weil ich als Hartmut Waldmann auch noch fester FCA -Berichterstatter der Augsburger Allgemeinen war. Interessenkonflikt? Pfui, was für ein unschönes Wort!
    Nach Helmut Hallers Rückkehr aus Turin war 1973 das Hallerluja-Jahr ausgerufen worden, der große Hype rund um den FCA mit damals sensationellen 22000 Zuschauern im Schnitt. Alle drehten am ganz großen Rad. Der bekannte, 20 12 verstorbene Schiri Manfred Amerell war zwischenzeitlich Geschäftsführer beim FCA , der für drei Monate Max Merkel als Trainer verpflichtet hatte, welcher dann natürlich auch bei mir in der Kneipe aufschlug.
    Es ging alles ein bisserl durcheinander in diesem verrück ten Jahr – auch mit meinen diversen Funktionen, die langsam unübersichtlich wurden. Ich weiß noch, wie sich Amerell in einem Leserbrief an die Augsburger Allgemeine beschwerte, er habe ja schon viel erlebt im Fußball – aber dass ein Kneipenwirt unter falschem Namen in der ersten Zeitung am Platze die Fußballberichte schreibe, das spotte ja jeder Beschreibung, das sei völlig abwegig. Und diesen Leserbrief, mit dem er mich ein bisserl tratzen wollte, schrieb der FCA -Geschäftsführer über seinen eigenen Stadionsprecher.
    Aber Schiedsrichter waren immer schon ein ganz spezieller Schlag.
    Es gab mal einen Schiri in der Bundesliga, der war fanatischer Fan des 1 . FC Nürnberg. Er ist 2001 verstorben, deswegen kann ich hier seinen Namen nennen: Es war der Sportkamerad Manfred Neuner aus Leimen, der bis 1992 pfiff. Dann wurde er suspendiert, weil er sich ein Jagdgewehr hat schenken lassen und dadurch in Verruf geriet. Für ihn existierte nur ein Verein, sein heiliger Club. Genau wie damals für mich auch. Und irgendwann treffe ich ihn an einer Hotelbar und sage zu ihm: »Manni, du musst noch ein paar von deinen Kollegen überreden, die müssen für den Club pfeifen, die Nürnberger haben es nötig. Weil du allein nicht ausreichst, um den Abstieg zu verhindern.«
    Neuner hat mir dann erzählt, in seinem pfälzischen Dialekt, dass er regelmäßig den DFB -Schiri-Einteiler bekniet: »Bitte lass mich nicht den Club pfeifen. Das wissen die Leute doch, dass ich Nürnberg-Fan bin.« Manchmal musste er aber doch ran. Und immer, wenn Manni den Club pfeifen musste – oder durfte –, hatte ich den Eindruck, dass er brutal für ihn gepfiffen hat. Und wenn er bei anderen Mannschaften, Konkurrenten vom Club, eingesetzt war, hat er so gepfiffen, dass es gut für Nürnberg war. Einmal hat Manni einen Elfer für den Club gepfiffen, das war aber so was von kein Elfmeter. Sein augenzwinkernder Kommentar zu mir: »Was will isch denn mache? Sonst treffe die doch nie.«
    Ein anderer Schiri (Name dem Autor bekannt) hat einmal Bayern gegen Lautern gepfiffen. Nach dem Spiel treffe ich ihn, und er fragt mich, wie er war. »Ganz gut«, sag ich, »aber den Scholl hättest du vom Platz stellen müssen. Das war ganz klar Rot.«
    »Jaaaaa«, druckst er rum, und ich merke, wie er mit sich ringt. Dann meint er: »Auf dich kann ich mich doch verlassen, oder?«
    »Na klar. Ich schweige wie ein Grab.« Also kruschelt er in seiner Tasche. Und zum Vorschein kommt: ein unterschriebenes Trikot von Mehmet Scholl.
    Seine Erklärung: »Waldi, mein Sohn hat gesagt, wenn du ohne Trikot von Mehmet Scholl heimkommst, schau ich dich nie mehr an. Ich kann den doch nicht vom Platz stellen und sagen, Herr Scholl, Sie fliegen, aber danach hätte ich gern ihr Trikot.«
    Zurück nach Augsburg. 1975 holte der FCA Volker Kott mann als neuen Trainer, einen ehemaligen erfolgreichen deut schen Leichtathleten in der 4 x 400 -Meter-Staffel. Er hatte es davor wundersamerweise geschafft, beide damaligen Kölner Bundesligisten zu trainieren, Fortuna Köln und den 1 . FC Köln, was sich eigentlich wegen fundamentaler fußballerischer Differenzen gegenseitig ausschließt.
    Roland und ich hatten sowohl als Stadionsprecher als auch als Journalisten mit Kottmann zu tun, und ja, zugegeben: Die Trennung hätte vielleicht etwas schärfer sein können. Solche Verflechtungen und so ein Filz im Journalismus sind ein Thema für sich, und zwar ein ziemlich unerschöpfliches.
    Volker Kottmann erwies sich als gesellig, und er war mit einer sehr lieben Schauspielerin vom Augsburger Stadttheater verbandelt. Im Rosenaustadion war er weniger beliebt. Die ersten »Kottmann-raus«-Rufe ließen nicht lange auf sich warten.
    Irgendwann wollte er mit der ganzen Truppe in meinem Club antanzen, Leberkäs,

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