Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
der Kneipe verpflegt. Ich habe ein bisserl mit denen mittrainiert, war beim Joggen dabei. Seitdem kenne ich Uli, der unbedingt fit werden wollte für die WM 1978 in Argentinien.
Volker hat ihn tatsächlich hinbekommen. Uli fuhr zwar nicht zur WM , aber er konnte immerhin eine Zeit lang wieder spielen. Sein Comeback feierte er gegen Rot-Weiß Essen, wir waren ins Stadion eingeladen, 5 : 1 , Uli machte ein Tor und hat super gespielt. Die erste Wunderheilung im deutschen Sport! Ähnlich bei Alois Schloder, der auf Krücken zu uns kam, als hoffnungsloser Fall. Und nach Kottmanns Therapie kehrte er beschwingten Schrittes ins Landshuter Eisstadion zurück. Die haben ihn angeschaut wie Jesus beim Gang übers Wasser. Alle haben gesagt, das gibt es doch nicht.
Alois war geradezu missionarisch für uns tätig und hat im ZDF-Sportstudio ordentlich die Werbetrommel für uns gerührt, und auch Uli hat für uns Reklame gemacht. Dadurch war alles einfacher. Alle Siechen und Invaliden und hoffnungslosen Fälle des deutschen Sports kamen zu uns. Uli hat uns zum Feiern zu sich nach Hause eingeladen, Susi kochte, es gab Schampus. Sogar Franz Beckenbauer wollte damals zu Kottmann kommen, allerdings zog es ihn dann doch zu Cosmos New York und nicht nach Augsburg.
Die Betreuung unserer Sportler erfolgte liebevoll und allum fassend. Notfalls machten wir auch einmal eine Nacht durch, zum Beispiel mit einem namhaften Bundesligaspieler, mit dem wir zum Abschied von Augsburg einen Stripklub besuchten. Was man nicht alles tut für das Wohlergehen seiner Kunden!
Dummerweise war für elf Uhr am nächsten Morgen das Ab schlusstraining mit Kottmann angesetzt. Helmut Haller war auch da und hat ein paar Flanken geschlagen, er war mittlerweile eine Art Faktotum beim FCA . Nur mein Fußballer, mit dem ich die Nacht um die Häuser gezogen war, machte schlapp und brach beim ersten kleinen Schubser schmerzverzerrt zusammen. Volker wurde leichenblass und war entsetzt – er sah seine ganzen monatelangen gesundheitlichen Bemühungen mit einem Schlag ruiniert. Aber mein Fußballstar war gar nicht verletzt. Er war einfach nur fertig und entsetzlich müde und durfte endlich zurück, heim zu seinem Verein, zur Erholung von Waldi.
Ich bin die ganze Nacht und den nächsten Tag nicht zu Hause erschienen. Roland hat mir zwischendrin ausrichten lassen: »Deine Frau sucht dich in der ganzen Stadt, und sie ist bewaffnet.« Als ich irgendwann endlich wieder auftauche in meiner Kneipe, ist meine Frau immer noch mordlustig. Und ein paar Tage später steht er , mein Fußballer, plötzlich wieder in der Tür. Meine Frau lässt das Glas fallen, schreit geradezu hysterisch: »Was will der wieder hier?« Er: »Ich muss noch mal zwei Wochen herkommen« – sein Trainer hielt ihn für noch nicht fit genug.
Handy gab es noch nicht, Telefon hatten die Jungs auch nicht auf dem Zimmer. Telefonieren war nur in meiner Kneipe möglich. Die Trainer haben sich also immer bei mir gemeldet, um sich nach den Fortschritten ihrer Jungs zu erkundigen. Das Ergebnis unserer Quasi-Tag-und-Nacht-Betreuung fand bisweilen direkten Niederschlag in den Telefo naten, etwa so: Heinz Höher, Trainer des VfL Bochum, ruft an, verlangt nach seinem Linksaußen Heinz-Werner Eggeling, der danach leichenblass zu mir kommt: »Hömma Waldi, dat is jetzt Kacke. Der Trainer will, dass ich nach Hause komm. Der meint, ich hab zu viel Kontakt mit den Einheimischen, weil ich am Telefon schon Grüß Gott sag.« So ganz falsch lag Höher wohl nicht, immerhin schien sich Eggeling sichtlich wohl bei uns zu fühlen und orderte gleich bei seiner Ankunft einen Gin Tonic.
Das Rehazentrum war Gold wert für mich, für meine Kontakte in der Bundesliga. Dieter Brei aus Düsseldorf war da, Gerd Zewe, dadurch lernte ich den späteren Löwen-Trainer Rudi Bommer kennen. Damals ist ein Netzwerk entstanden, das mir später im Fernsehen viel gebracht hat.
1979 , mit einundreißig , habe ich dann das Pub verkauft, mich scheiden lassen, alle Zelte abgebrochen – und mich auf meinen Job beim BR konzentriert, für den ich ja schon seit 1977 freiberuflich unterwegs war. Ich weiß noch, irgendwann 1979 stehe ich plötzlich mit dem blauen Mikro an der Säbener Straße, für den BR -Sport. Da sagt der Uli Hoeneß, frisch bestellter Bayern-Jungmanager, staunend zu mir: »Was machst denn du jetzt da?« Und ich zu ihm: »Du, ich habe den gan zen Krempel verkauft und lebe davon. Ich bin jetzt Sport reporter.«
Damit hatte Waldis zweites
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