Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
Kartoffelsalat, so richtig gemütlich – aber nur, wenn’s davor im Spiel gegen die SpVgg Fürth gut laufen würde. Zunächst tat es das, 2 : 0 zur Halbzeit. Ich rief bei meiner Frau in der Kneipe an: »Bitte den Ofen anheizen, Leberkäs in die Röhre, wir haben fast schon gewonnen.«
Leider nur fast. Am Ende stand es 3 : 2 für Fürth, es gab noch mehr »Kottmann-raus«-Rufe, und der Mob tobte vor dem Stadion. Es war Zeit für eine Notaktion. Roland brachte Kottmanns bildschönes Mercedes 280 SL Cabrio, das in Augsburg jeder kannte, weg vom Stadion und in Sicherheit. Und ich schmuggelte in meinem Auto den Trainer, der sich hinten im Fußraum zusammengekauert hatte, aus dem Rosenaustadion. Wir drei fuhren zu mir heim, es gab Leberkäs in rauen Mengen, wir hatten ja Essen für die ganze Mannschaft vorbereitet, und Cognac war auch ausreichend vorhanden.
Dabei haben wir beschlossen, dass Fußballtrainer eindeutig der falsche Beruf für Volker Kottmann ist. Denn: Er hatte sechs Semester Medizin studiert, genoss in diesem Bereich schon einen sehr guten Ruf. Nicht nur der Bayern-Star und spätere Orthopäde Jupp Kapellmann schwärmte in höchsten Tönen von ihm. Kottmann hatte sensationelle Tricks drauf, auf mechanischem Weg Verletzte schnell wieder fit zu bekommen. Er stärkte die Muskeln, er zog ein spezielles Krafttraining durch, der Mann verfügte über ein ganz eigenes Verständnis von medizinisch betreuter Reha. Damit hatte er schon in Köln als Trainer Verletzte wie Hennes Löhr, die eigentlich schon von allen abgeschrieben waren, wieder hin bekommen. Kottmann selbst war ebenfalls der Meinung, Trai ner sei nichts für ihn, das Medizinische liege ihm viel besser.
So wurde an diesem Abend in Waldis Wohnzimmer der Beruf des Fitmachers erfunden, den es bis dahin gar nicht gegeben hatte. Wo wir schon dabei waren, machten wir gleich Nägel mit Köpfen: Wir eröffneten zusammen in Augsburg ein Rehazentrum – wir hatten ja sonst nichts zu tun. Später wurde Volker Kottmann der erste große Fitness- und Rehaguru des deutschen Sports.
Roland kannte Augsburgs damaligen Oberbürgermeister Hans Breuer, und wir verfielen auf die Idee, dieses Rehazen trum im Bundesleistungszentrum für Kanusport in Augsburg- Spickel einzurichten. Das lag nach den Olympischen Spielen ohnehin brach. Ich bastelte einen Folder, machte in der Fußballbundesliga ein bisserl Reklame für das neue Angebot. Und die erhoffte Entlassung unseres Kottmann beim FCA war auch kein Problem. Die passierte wie erwartet gleich am Montag darauf.
Also haben wir einen Pachtvertrag unterschrieben und den Prospekt an alle sechsunddreißig deutschen Profifußballklubs geschickt. Der Deal lautete wie folgt: Medizinische Versorgung da draußen am alten Eiskanal, Verpflegung der maladen und pflegebedürftigen Fußballer findet bei mir in Waldy’s Pub statt, das ich gerade aufgemacht hatte. In meinem Messing- und Mahagoniparadies, das ich mit einer Baustellenparty eröffnen musste, weil die Handwerker nicht rechtzeitig fertig wurden. Die ersten beiden Prominenten im Rehazentrum Waldy’s Pub mit garantierter 360 -Grad-Rundum-Betreuuung waren Alois Schloder, Kapitän der deutschen Eishockeynationalmannschaft, und Gerhard Welz, Torwart des 1 . FC Köln.
Mit dem Prospekt bin ich zu Robert Schwan gefahren, damals in den letzten Zügen als Großmanager des FC Bayern, und in Personalunion der höchstpersönliche Finanzguru von Franz Beckenbauer. Das Problem war ja, dass diese neuarti gen Rehamaßnahmen damals keine Berufsgenossenschaft und keine Krankenkasse bezahlte. Dafür mussten die Vereine selbst in die Tasche greifen.
Schwani, der mit seiner schlohweißen Mähne an einen alten, weisen Pavian erinnerte, nur mit ständig glühender Pfeife im Mund, hat mich behandelt wie einen dahergelaufenen Schulbuben: »Wieso sind Sie da und nicht der Kottmann?« Er hat mich gnadenlos abblitzen lassen, dabei wäre es für uns die beste Werbung gewesen, wenn der FC Bayern seine Verletzten zu uns geschickt hätte. Aber es gab noch ein Hintertürchen: Kottmann kannte Dettmar Cramer ganz gut, den damaligen kleinen Bayern-Trainer, den Sepp Maier den »Laufenden Meter« nannte und der sich gerne mal in Napoleon-Klamotten fotografieren ließ.
Und tatsächlich: Cramer schickte versuchsweise zwei Verletzte zu uns zum Probebehandeln: Bernd Dürnberger und einen gewissen Uli Hoeneß, schwer am Knie verletzter früherer Superstar der Bayern. Die kamen nach Augsburg – und wurden bei mir in
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