Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
Ministerpräsident, ich hätte da ein Problem. Er hört aufmerksam zu, nickt und sagt: »Ja, wenn das ausgemacht war, dann müssen die das so machen. Ich kümmere mich drum.« Dann ratschen wir noch eine halbe Stunde über irgendwas, Wiederschauen, Herr Ministerpräsident.
Von der Staatskanzlei ging’s mit dem Auto zurück nach Frei mann, Eberhard Stanjek saß mit leichenblasser Miene in seinem Büro: »Waldi, was hast du gemacht?« – »Was soll ich gemacht haben, was ist los?« – »Warst du beim Streibl?« – »Ja, ich komme gerade aus der Staatskanzlei.«
Auf den dichten schwarzen Filz beim BR war offenbar Verlass. Streibl hatte sich bereits gekümmert und persönlich in der Perso nalabteilung angerufen, wo alles strammstand. Ich bekam mei nen Vertrag, haargenau so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Damit war die heuchlerische Mär von der Nichteinflussnahme der Politik auf den Rundfunk in Deutschland einmal mehr widerlegt. Man muss ganz deutlich klarstellen: Die CSU musste beim BR keine Türen eintreten, die wurden ihnen freundlich geöffnet. Zwischen Freimann und der Nymphenburger Straße entstanden regelrechte Trampelpfade: Wer was werden wollte, machte sich auf den Jakobsweg. Oder, in diesem Fall, den Stoiber-Weg. Das hat sich bis heute nicht geändert. Und genauso wie mein schwarzes Beispiel gibt es dafür auch jede Menge rote Beispiele.
Ich sage: Jeder, der in diesem öffentlich-rechtlichen System eine hohe Führungsposition erreicht, ist auf einem Parteiticket dort hingekommen oder wurde durch die hohe Politik abgenickt. Natürlich muss bei dem Kandidaten auch Qualität da sein. Aber Qualität allein reicht nicht, ohne politisches Ticket kommst du nicht weiter, egal ob im Jahr 1992 oder 2013 . Und Angela Merkel hat den Heute -Moderator Stef fen Seibert vom ZDF auch nicht als Regierungssprecher geholt, weil er ein nettes Gesicht hat oder weil er für linkes Gedankengut bekannt war. Sondern weil sie wusste, auf welcher Seite er stand.
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DIE FLEISCHGEWORDENE GROSSE KOALITION
Der schwarze Waldi und seine roten Spezln
Wie das Leben so spielt: Ich war zwar nie in der CSU , aber ich bezeichne mich gerne als wertkonservativ. Einige meiner besten Freunde sind allerdings Sozis, wie Hans-Roland Fäßler, mit dem ich seit gut vierzig Jahren durch dick und dünn gehe (und er mit mir). Roland war seinerzeit Juso-Vorsitzender in Augsburg, und ich war im Vorstand der Jungen Union. Mein natürlicher Feind war damals Heidemarie Wieczorek- Zeul, die Juso-Bundesvorsitzende, die bei 5000 Euro im Monat die höchste Steuerklasse anfangen wollte. Als Wirt war ich da bereits drüber, und deshalb war ich felsenfest davon überzeugt: Die rote Heidi will mich in die Verarmung treiben. Roland dagegen war ebenso fest der Meinung: Alle – aber dich doch nicht, Waldi!
Garantiert duze ich mich mit mehr Roten als Schwarzen. Ich war zum Beispiel nie per Du mit Edmund Stoiber. Er redet mich zwar manchmal mit Waldi an, wenn er meint, dass es gut für ihn ist, wenn er so tut, als ob wir dicke Freunde wären. Aber mit echtem Duzen hat das nichts zu tun. Ich duze lieber meine roten Freunde: Peer Steinbrück, Horst Ehmke, Wolfgang Clement, den ich über Roland kennengelernt habe. Wir haben uns öfter im Weinhaus Steinbach in Bad Honnef getroffen, wo es laut Johannes Rau die besten Bratkartoffeln Europas gab. Wobei: Der ehemalige Bundeswirtschafts minister Clement ist ja kein richtiger Roter mehr. War er wohl auch nie.
Kurzum, ich war nie ein Sozenfresser. Und warum? Vor allem aus zwei Gründen. Dem Dolce Vita sind die meisten SPD ler eh mindestens genauso zugeneigt wie ich. Die meisten meiner roten Spezln habe ich begleitet auf ihrem langen Weg von Kämpfern für die Armen und Entrechteten bis zur Erkenntnis, dass das Herz links sitzt, und der Geldbeutel rechts. Außerdem können die Sozis besser feiern, ganz einfach. Und hier schließt sich der Kreis zur Frage des Duzens, denn für die Genossen ist das ja völlig normal, das Genossen-Du. Nach dem Motto: Genießen wir dieses Glas, wir genossen es schon gestern.
Viele Schwarze in dieser Kategorie kenne ich nicht – außer den ehemaligen saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller. Der ist neben einigen Landtagsabgeordneten aus meiner Münchner Zeit der einzige schwarze Politiker, der beim Partymachen mühelos als Roter durchgeht. Die Schwarzen waren immer steifer, zurückhaltender, konservativer im Um gang. Soll ich vielleicht mit Herrn Pofalla einen trinken gehen? Oder
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