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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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Nazivergangenheit isolierten und verfemten österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim an – als Franz Josef Strauß. Otti hat das wunderbar gemacht und Waldheim seiner, also Straußens Solidarität versichert (»Mia miassn zammhoitn!«) und ihn aufs Oktoberfest eingeladen. Der Bundespräsident war schwer gerührt und hat die Einladung nach München angenommen: »Vielen Dank, Herr Ministerpräsident!« Eine wunderbare Nummer. Bloß danach hatte Otti die Hosen voll – und als eine Veranstaltung vor der Tür stand, zu der auch Franz Georg Strauß kommen sollte, ging ihm die Düse, und er wollte nicht kommen. Anruf von Otti bei mir: »Waldi, meinst nicht, dass die jetzt recht sauer sind auf mich?« Also habe ich bei Franz Georg nachgefragt – und von Verärgerung konnte gar nicht die Rede sein. »Der Ahnherr hat sein Gespräch mit Waldheim gehört und hat sich kaputtgelacht.« So sind Ottfried Fischer und Franz Georg Strauß zu Spezln geworden, als große bayerische Koalition zwischen links und rechts. Wobei: Natürlich war Franz Georg durch und durch ein Schwarzer – aber immer liberal und weltoffen. Kurz gesagt: ein sehr angenehmer Mensch.
    Otti wurde später zu Deutschlands Schauspieler mit dem kleinsten Mienenspiel und dem größten Einkommen. Wir haben immer noch Kontakt, bis heute, und auch in seiner schwersten Zeiten, als die einstige Eiche zur Trauerweide verkümmerte, was mir im Herzen wehgetan hat. Seinen Humor hat er nie verloren. Und bei seiner wunderbaren Verabschiedung nach der letzten Ausgabe von Ottis Schlachthof hat der BR gezeigt, dass er das durchaus hinkriegt mit einem würdevollen und warmherzigen Abschied. Nur leider halt nicht immer …
    In einem Zeit -Interview hat Harald Schmidt einmal gesagt: »Waldi ist die fleischgewordene Große Koalition.« Weil ich mit allen auskomme. Und wenn ich die Parteienlandschaft heute betrachte – da gibt es eh keine großen Unterschiede her. Zwischen einem Steinbrück und einem CDU -Mann aus dem Sozialbereich gibt es null Unterschied in der Sicht auf die Welt. Da geht es einzig und allen ums Firmenzeichen. Fahre ich Audi oder fahre ich BMW ? Und in Fällen von populistischen Entscheidungen wie beispielsweise dem neuen Flensburger Punktesystem, macht den Schwarzen eh keiner was vor. Ich bin kein Ideologe, mich interessiert: Wer macht was? Wer kann was?
    Einer meiner Lieblingssozen war und ist Horst Ehmke – nach Meinung meines Vaters damals ein Kommunist, ein führender Vertreter der fünften Kolonne Moskaus. Das war mir aber egal. Und Franz Josef Strauß war’s auch egal. Wenn Ehmke in München war, hat er öfter bei Strauß vorbeigeschaut, was natürlich niemand wissen durfte. Aber Strauß-Sohn Franz Georg hat mir dann immer gesteckt, wenn Ehmke am Abend in den Alten Simpl kam, die legendäre Münchner Künstler- und Kabarettistenkneipe. Und dort habe ich ihn flüchtig kennengelernt, den Ehmke. Was viele Jahre später in der NDR -Talkshow von Bettina Tietjen und Eva Herman am Hamburger Flughafen dazu führte, dass Ehmke, die Frankfurter Linkenlegende Matthias Beltz und ich in der Runde saßen und Ehmke nach der Sendung zu mir sagte: »Ich kenne Sie doch von irgendwoher.« Und er meinte nicht meine Sendungen, sondern persönlich. Darauf ich: »Ich kenne Sie auch. Alter Simpl.« – »Stimmt! Ich bin der Horst!« – »Und ich bin der Waldi! Und immer wenn du im Alten Simpl aufgetaucht ist, wusste ich, dass du davor bei Strauß warst.« – »Stimmt auch!«
    Matthias Beltz, neben Joschka Fischer einer der alten Frank furter Straßenkämpfer und späterer Extraklassekabarettist, hörte zu, witterte Hochverrat an der reinen linken Lehre: »Horst, bitte sag mir, dass das nicht wahr ist!« Ehmke erklärte ihm vergeblich, dass Politik nun mal so funktioniert, dass man Mehrheiten suchen muss. Und es waren viele Gläser Rotwein notwendig, um den roten Matthias versöhnlich zu stimmen. Um drei Uhr hat uns die Flughafen-Security aus der Bar entfernt, der Airport musste zugesperrt werden. Fort setzung der Debatte danach an der Hotelbar. Und von da an zählte Horst Ehmke zu meiner linken Zelle. Was so weit führte, dass Ehmke, ein leidenschaftlicher und alles andere als erfolgloser Krimiautor, zur WM 2006 zusammen mit mir einen Fußballkrimi schreiben wollte. Er hatte mir sogar schon ein Exposé zugeschickt, mit gut hundert Seiten, in dem er skizzierte, wie er sich die Bundesliga vorstellt. Ich sollte dazu meine sportlichen Insiderkenntnisse einbringen. Geklappt

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