Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
wäre alles einfacher, heute hätte die Lady ein Profil bei Facebook oder bei Xing, aber damals war das noch schwierig.
1988 war die Hochzeit angeblich bereits geplant, doch dann läuft am 3 . Oktober im Autoradio plötzlich Trauermusik: Der König ist tot. Franz Georg rief mich an, er wollte reden. Wir sind in ein Restaurant in der Innenstadt, in dem auch der Ministerpräsident gerne war. Im Fenster brannten schon Kerzen neben einem Bild von FJS , und das war in der ganzen Stadt so. Die Trauerkundgebung werde ich nie vergessen. Wir sind von der Hirsch-Gereuth-Straße losgefahren, an Hun derttausenden von Menschen vorbei, München hat geweint. Danach wollte ich niemanden mehr sehen, bin in meine Kneipe, die Zeitlupe, habe mir eine Flasche Wodka aufgemacht und die Tränen laufen lassen.
Aber zurück zu TV Weiß-Blau. Das erste halbe Jahr dort lief super. Wir haben hingebungsvoll und recht erfolgreich die Abendzeitung verfilmt – bis der Süddeutsche Verlag beschloss: Wir steigen aus. Das war eine rein wirtschaftliche Entscheidung, keine inhaltliche. Zu dieser Zeit hatte die ganze Redaktion nur noch Angst. Die haben nicht mehr übers Programm nachgedacht, sondern sich nur noch gefragt: Steht mein Schreibtisch morgen noch da? Ich bat den Verlagsgesellschafter Dr. Johannes Friedmann um ein klärendes Gespräch. Ihn kannte ich noch, als er eine Art Promipraktikum beim BR gemacht hatte.
Nach dem Gespräch mit Friedmann wusste ich, die steigen aus. Das war der Anfang vom Ende meines weiß-blauen Privatfernsehabenteuers. Zuvor hatte ich vier Kamerateams gehabt und dreißig Leute. Danach blieben ein Team und fünfzehn Leute. Damit kannst du in München kein vernünftiges Fernsehen auf die Beine stellen. Das habe ich Franz Georg Strauß auch öffentlich auf einer Pressekonferenz gesagt: »Damit kann man kein Fernsehprogramm machen. Und damit kann auch ich nicht weitermachen.«
Danach alle aufgeregt zu mir: »Wie hast jetzt das gemeint?«
»So, wie ich es gesagt habe.«
»Also, dann müssen wir darüber reden.«
»Müssen wir, richtig.«
Und so hieß es im September 1987 für mich: TV Weiß-Blau, ade. Worauf sich für mich die Frage stellte, was mache ich jetzt. Gut, ich hatte zwar den Rückfahrschein. Aber zurück zum BR wollte ich eigentlich nicht dringend. Denn ich wusste genau, was mich dort erwarten würde: die branchenübliche Häme! Du gehst nach nicht mal einem Dreivierteljahr dort wieder in die Kantine, und alle grinsen: »Oh, jetzt kommt der Herr Chefredakteur.« Oder: »Bei uns ist es halt doch am Schönsten, gell, Herr Hartmann.« Nein danke, das brauchte ich nicht.
Also fädelte Wilfried Scharnagl (über den Strauß mal gesagt hatte: Er schreibt, was ich denke, und ich denke, was er schreibt) als ZDF -Fernsehrat und Vorsitzender des »Schwarzen Freundeskreises« in diesem Gremium einen Termin mit Intendant Dieter Stolte ein. Es verging keine Woche, und Stolte lud mich zum Frühstück ins Münchner Nobelhotel Vier Jahreszeiten ein, wo er mir die Moderation des Heute-Journals antrug, was gut in die politische Farbenlehre gepasst hätte. Wie gesagt, ich war nie CSU -Mitglied, aber das Gerede vom Parteibuch, das du als politischer Fernsehjournalist angeblich brauchst, ist eh Unsinn. Eine zuverlässige politische Nähe zu einer Partei reicht völlig aus. Im Gegenteil: Wenn es mal wieder Angriffe gegen den Schwarzfunk gab, konnte man problemlos sagen, was wollt ihr eigentlich, der Hartmann ist ja nicht einmal in der CSU . Das ist denen am allerliebsten – wenn du die Geisteshaltung hast, aber die nicht auf dem Papier steht.
Stolte zeichnete mir meinen möglichen Karriereweg haargenau voraus: Erst Korrespondent für Bonn direkt , dann Heute-Journal , danach Rückkehr nach München entweder als Leiter des ZDF -Landesstudios München oder in einer hohen Position beim Bayerischen Rundfunk. Und genau diesen Weg, der für einen Schwarzen damals vorgezeichnet war, ist dann Sigmund Gottlieb gegangen, der heutige BR -Chefredakteur.
Der ZDF -Sport war wegen der massiven Bajuwarenallergie von Sportchef Dieter Kürten keine Alternative. Schon bei Harry Valérien, der sich ja mit fünfundsechzig auf der Höhe seines Schaffens befand, hatte Kürten angeblich nur auf den Tag der Pensionierung gewartet. Zwei Gockel auf einem Misthaufen sind halt immer einer zu viel. Wenigstens war Dieter auf der Beerdigung von Harry 2012 so ehrlich zuzugeben, dass sie nie Freunde waren und dass ihm Harry erst an seinem achtzigsten
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