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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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beglückwünsche Waldi Hartmann zur Verleihung des Sigi-Sommer-Talers und gratuliere der Narhalla zu ihrer Wahl!«
    Danke, Peer!
    Das Schönste beim Feiern mit Roten ist immer eine gewisse Diskrepanz zwischen sozialistischer Theorie und hedonistischer Praxis. Nur ein Beispiel dazu: Bei einer der »Kulturreisen« unser roten Clique (mit mir als Gastschwarzem), in denen es vor allem auf die fachkundige Überprüfung der Qualität der Produkte örtlicher Winzer ankam, haben wir im steirischen Graz Clement vom Bahnhof abgeholt. Wolfgang kam einen Tag später an, weil er noch einen Termin mit Stoiber am Tegernsee hatte, der arme Kerl. Bei uns war’s garantiert lustiger. Wir stellten uns am Haltepunkt der ersten Klasse auf und warteten auf unseren Wolfgang, der aber komischerweise nicht ausstieg. Auf einmal rief und winkte einer von ganz hinten, vom Ende der zweiten Klasse – Clement! Ich zu ihm: »Wolfgang, ich weiß genau, dass du nicht dahinten in der zweiten Klasse gesessen bist. Du bist erst kurz vor dem Bahnhof aus der ersten Klasse da hinter gegangen.« Clement war in vollem Umfang geständig. Zumindest beinahe: »Vielleicht hast du sogar recht, Waldi.«
    Ottfried Fischer, noch so ein Roter, habe ich als jungen Schauspieler und Kabarettisten im Alten Simpl kennengelernt. Wir sind gemeinsam an der Bar gesessen und haben uns langsam in Richtung der Tische eins bis drei vorgearbeitet, wo die wahren Größen der Kategorie von »Monaco Franze« Helmut Fischer sitzen durften. Den Zugang zu diesen Tischen musste man sich mit engagiertem Konsum hart erarbeiten, und Otti und ich waren dank unseres Fleißes auf einem guten Weg.
    Otti wurde damals immer bekannter in München. Als Sir Quickly aus der BR -Serie Irgendwie und Sowieso war er auf dem Weg zum lokalen Helden. Und das Geld auf seinem Konto wurde immer mehr. Eines Tages ist er mit einem nagelneuen 7 er BMW vorgefahren, in ein kleineres Auto hat er ja nicht reingepasst. Und eingebaut in diesen BMW war ein sündhaft teures Autotelefon, C-Netz, um die 15000 Mark hatte er dafür hinlegen müssen, das wusste ich. Ich habe gefragt: »Dicker, du als Roter mit einem Autotelefon, das geht ja gar nicht!« Seine Antwort: »Wenn die Weltrevolution ruft, muss ich erreichbar sein.«
    Es war immer lustig mit Otti, und bei der Hochzeit mit meiner zweiten Frau Birgit, der Wirtin aus der Zeitlupe, hat er sich sogar als Trauzeuge angeboten. Als ich dann aber in der Abendzeitung innerhalb von zwei Wochen von drei Hochzeiten gelesen habe, bei denen Otti als Trauzeuge amtierte, und nachdem er auch sonst bei jeder Telefonzelleneröffnung als Stargast dabei war, habe ich ihn mit Dank von seiner Aufgabe entbunden. So wurde Franz Georg Strauß mein Trauzeuge, also genau die andere Fakultät. Weltanschau lich ware ich immer flexibel. Was dazu geführt hat, dass sich unser Standesbeamter in Gröbenzell, ein glühender Strauß-Verehrer, sehr ausführlich um den Trauzeugen gekümmert hat und weniger um das Hochzeitspaar. Am peinlichsten war ihm, dass er Franz Georg um seinen Personalausweis bitten musste: »Ich kenn sie natürlich, Herr Strauß, wissen’s, aber Sie kennen ja die Bürokratie.« Franz Georg hatte seinen Ausweis dabei. Unser zweiter Trauzeuge, mein BR -Kollege Manfred Vorderwülbecke dagegen nicht. Worauf Otti trium phierend aufsteht, in seine Jackentasche langt und sagt: »Aber ich hab ihn dabei!« Doch der Dicke hatte Pech: Es hat sich dann herausgestellt, dass der Urgroßvater von Manfred Vorderwülbecke ein Gründungsbürger von Gröbenzell war – und aufgrund dieser lokalen Bekanntheit durfte Manfred auch ohne Ausweis als Trauzeuge amtieren. Da war er fast ein bisserl beleidigt, der Kapitalistenfresser und spätere Bulle von Tölz.
    Gut erinnere ich mich, wie er seine Frau Renate kennenlernte, die damals eine sehr fesche Reporterin bei Radio Charivari war. Otti, ich und ein paar Spezln hatten einen Tisch beim Sechstagerennen in der Olympiahalle. Irgendwann war der Dicke beim Bieseln, und da hat sie sich an unseren Tisch getraut und gefragt: »Meinen’s, der Herr Fischer gibt mir ein Interview?« Ich habe ihr geantwortet: »So wie du ausschaust, würde ich sagen, Ja. Wart einfach.« Dann kam er zurück, sie haben ein Interview gemacht, und ich habe schon gesehen, wie bei Otti die Äuglein blitzten. So wurden die beiden ein Paar.
    Meine schönste Otti-Geschichte will ich nicht vorenthalten: Für ein österreichisches Nachrichtenmagazin rief er 1987 den wegen seiner

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