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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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hat es nicht mit dem schönen Projekt – aber so spannend wie das Elfmeterschießen gegen Argentinien wäre der Ehmke-Waldi-Krimi garantiert geworden.
    Als ich Ehmke gesagt habe, dass das mit dem Krimischreiben eher doch nichts für mich ist, hat er mich richtig beschimpft: »Ach, haben sie dich weichgeklopft, willste kein Nestbeschmutzer sein? Das ist feige!« Später traf ich Ehmke auf irgendeinem Fest, er umarmte mich und sagte: »Ich liege dir zu Füßen, du hast uns vor einer Riesenblamage bewahrt.« Denn in dem Buch sollte es unter anderem darum gehen, wie Schröder die Weltmeisterschaft für seine Wiederwahl instrumentalisieren wollte, wozu es ja dann wegen Angela nicht mehr kam. Zudem hatte sich auch noch Frau Strunz kurzfristig in Frau Effenberg verwandelt – und damit gezeigt, dass die Realität bessere Geschichten schreibt, als es sich jeder Romanautor ausmalen könnte. Danach war auch Horst klar: Unser Stoff war doch nicht ganz so prickelnd, wie er sich das erhofft hatte.
    Zur späten Beruhigung des leider bereits verstorbenen Matthias Beltz darf ich noch nachtragen, dass es zwischen Strauß und Ehmke nicht immer um die hohe Politik ging. Wie mir Ehmke erzählte, kamen sich die beiden honorigen Althumanisten eines sehr späten Abends wegen der Konjugation eines altgriechischen Verbs gehörig in die Haare. Jeder wollte recht haben, und keiner wollte nachgeben. Am nächsten Tag fand Ehmke die Lösung, konnte es auch beweisen. Und so ging er während einer Bundestagsdebatte an den Platz zu Strauß und hielt ihm den Zettel mit der Griechenlösung unter die Nase. Strauß nickte zustimmend, was in allen Zeitungen am nächsten Tag zu wilden Spekulationen über geheime Verhandlungen zwischen CSU und SPD führte. Stimmte fast – man hatte verhandelt, bis spät in die Nacht, aber nicht über große Politik, sondern über altgriechische Kon jugationen.
    Zur Bonner Republik gehörten aber auch seine Geschichten über den phasenweise schwer depressiven Willy Brandt, der sich drei Tage im Schlafzimmer einschloss, bis Ehmke kam, die Vorhänge öffnete und den Kanzler wieder zur Arbeit befahl: »Willy, steh auf, wir müssen regieren!« Dann hat Willy Herbert Wehner und Egon Bahr als »Arschlöcher« beschimpft, ist aufgestanden und regieren gegangen.
    Im Übrigen: Das authentischste und meiner Meinung nach beste Interview, das ich in den letzten Jahren geführt habe, stand im September 2012 ausgerechnet im Genossenkampfblatt aus Berlin, der taz . Und dann auch noch in der sonntaz , der Wochenendausgabe, über zwei Seiten und farbig, nicht irgendwo versteckt im Sportteil. Zugegeben, ich war skeptisch, ob ich mit der taz überhaupt reden will, weil ich mir dachte, die wollen mich doch ohnehin nur genüsslich anpinkeln. Von wegen: Chefreporter Peter Unfried war glänzend vorbereitet, besser als ich es bei anderen sogenannten »Edelfedern« je erlebt habe. Und das Ergebnis (hier leicht gekürzt) war ein ebenso faires wie unterhaltsames Gespräch, in dem ich das eine oder andere Klischee vom Trachtenjanker-Waldi widerlegen konnte – und andere Klischees mit viel Genuss gern bestätigt habe, weil sie eben keine Klischees sind, sondern der Wahrheit entsprechen. Lesenswert, wie ich finde!
    taz: Was unterscheidet Sie von der Figur des »Waldi«, die Sie seit vielen Jahren beruflich darstellen, Herr Hartmann?
    WALDEMAR HARTMANN: Sie irren: Ich stelle Waldi nicht dar, ich bin Waldi. Eins zu eins. Das ist seit 35 Jahren so. Ich spiele keine Rolle. So wie ich privat am Stammtisch sitze, so sitze ich auch im Fernsehen in »Waldis Club«.
    taz: In Ihnen steckt doch sicher ein sensibler Feingeist Waldemar.
    HARTMANN: Danke. Ich bin natürlich kein Haudrauf und auch kein polternder Schenkelklopfproduzent, wie ich auf Medienseiten oder von Feuilletonisten dargestellt werde. Da haben sich Klischees gebildet, die dann auch bleiben, weil der Journalismus leider kein Rechercheberuf mehr ist, sondern ein Abschreibberuf geworden ist. Deshalb halte ich mich an den Rat von Harald Schmidt: Du kriegst die Klischees eh nicht aus der Welt, also bediene sie.
    taz: Deshalb frage ich, weil Sie mal sagten, Sie bedienten auf Schmidts Rat hin ein »Waldi-Klischee«.
    HARTMANN: Ich habe Sie schon verstanden. Ich könnte ja so tun, als ob ich privat Chopin höre und eine Schmetterlingssammlung pflege, aber das tue ich nicht. Ich verstelle mich nicht, aber ich werde eben auch völlig überzeichnet dargestellt.
    taz: Die inhaltliche Kritik an Ihrer

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