Drop City
zweifelnd an. »Sie meinen Peaches? Er heißt Peaches«, sagte sie und warf einen Blick zu Pamela. »Der ist nichts fürs Haus, aber wenn Sie auf dem Land wohnen und ein bißchen Platz haben, na ja, dann könnte es wohl gehen. Nur ist er recht scheu, müssen Sie wissen.«
»Das liegt daran, daß er Wolfsblut in sich hat«, sagte Sess, und seine Laune hatte sich abrupt gebessert – sie hörte es an seiner Stimme. »Siehst du die scharfen Winkel da in den Hinterbeinen, Pamela? Und die Schnauze? Die spitze Schnauze zeigt, daß seine Wirbel ein Stück länger sind, und deshalb können die Brustmuskeln dort besser ansetzen, und damit kann er richtig gut rennen. Das hier ist ein echt schneller Hund. Und ziehen kann der auch.« Und dann war er im Käfig, drei bis vier Hunde schnüffelten mit wedelndem Schweif an seinen Händen. Der Wolfshund zog sich in die letzte Ecke zurück, aber Sess kauerte sich einfach nieder und streckte die rechte Hand aus. »Peaches«, sagte er leise und kratzig, »was ist denn das für ein Name für einen Hund? Komm her, Junge, komm schon.« Es dauerte eine Minute, Pamela und die Frau sahen vor dem Käfig zu, und dann kam der Hund zu ihm, zwei Meter weit, mit der wölfischen Demutsgeste: er kroch auf den angewinkelten Läufen und schleifte den Bauch auf dem Boden. Sess streichelte ihm die Ohren nach hinten und fuhr mit der Hand über seine Schnauze. »Den nehm ich«, sagte er.
Im Supermarkt durfte sie nicht mehr einkaufen, als sie beide auf dem Rücken tragen konnten, wofür er keine weiteren Erklärungen abgab, und er kam auch nicht mit ins Geschäft, um mit ihr den stählernen Einkaufswagen durch die Gänge des Überflusses zu schieben wie jedes Ehepaar seit der Schöpfungsgeschichte. Statt dessen blieb er mit dem Hund draußen auf dem Parkplatz – am hintersten Ende, wo das Gestrüpp knietief war –, und obwohl Sess eine selbstgebastelte Leine und ein Halsband dabeihatte, benutzte er sie nicht, noch nicht. Er führte den Hund nur mit seiner Stimme, und als Pamela in den Laden ging, kauerte er vor ihm, sah ihn nur an, der leise, beruhigende Fluß seiner Worte wirkte auf das Tier wie eine Beschwörungsformel. Am liebsten hätte sie den halben Laden leergekauft, aber sie mußte sich beschränken: auf ein paar Kosmetika, Zahnpasta, frisches Obst und Gemüse – nach dem sie geradezu hungerte – und so viel Pasta und Tomatenmark und Tomatensauce, wie sie als Packesel tragen konnten. Als sie mit dem Einkaufswagen aus dem Supermarkt kam, erhob sich Sess und kam über den Platz auf sie zu, ohne auch nur zu dem Hund zurückzusehen, doch das Tier senkte den Kopf und folgte ihm auf dem Fuß.
Auf der Rückfahrt war Sess ausgelassen und plapperte drauflos, als hätte er eben im Lotto gewonnen. Die Einkäufe hatten sie hinter den Sitzen verstaut, und der Hund – er wollte ihn nicht durch den Namen »Peaches« erniedrigen – saß zusammengerollt in ihrem Schoß, den Kopf zum Fenster hinausgestreckt. Sess fuhr jetzt langsamer, aber er schoß manchmal abrupt nach vorn und wechselte krachend die Gänge, als wollte er sie aus dem Getriebe reißen, rumste durch die Schlaglöcher und warf breite Bahnen von kaffeefarbenem Pfützenwasser auf, als wäre das Auto ein Motorboot, das durch eine schlammige Lagune pflügte. Alle paar Minuten streckte er den Arm aus, um ihren Arm zu streicheln oder den Hund zu tätscheln.
»Trotter«, sagte er, »wie wär’s mit Trotter. Das ist doch ein hübscher Name. Sehr aussagekräftig, was meinst du? Oder Lucius. Lucius hat mir schon immer gefallen. Als Name, meine ich ...«
Sie hatte beinahe vergessen, daß sie in einem gestohlenen Wagen saßen und ein gefährliches Spiel mit einem Mann spielten, der einem anderen Mann die Schlittenhunde abknallte, weil sie einfach im Augenblick lebte, und sie hatten gerade beide ein frisches Bier aufgemacht, zur Feier dieses prachtvollen Hundes auf ihrem Schoß und der beiden anderen, für die Sess je fünf Dollar hinterlegt hatte, bis er demnächst mit Richard Schraders Pickup zurückkehren würde. »Wie wär’s mit Yukon King?« fragte sie.
Er lachte und streichelte den Hund, der gleich den Kopf drehte, um ihm einen Blick voller bereitwilliger Treue zu schenken. »An den Namen hab ich nie gedacht. Aber klar, was wäre wohl passender, als ihn nach einem echten Schauspielerhund zu nennen, der wahrscheinlich einem Schlitten nicht aus dem Weg gehen konnte, selbst wenn der ihn überfahren würde, und wußtest du übrigens, daß Lassie
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