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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Handbreit Schotter in die Luft fliegen ließ. »Netter Wagen«, sagte sie und wurde mit dem Oberkörper in den Sitz gepreßt. »Woher hast du den?«
    Er riß den Riegel mit den Zähnen auf, jagte das Auto im ersten Gang hoch und steuerte es mit der linken Hand und dem rechten Ellenbogen durch eine Reihe von Spurrillen und klaftertiefen Pfützen auf die Straße nach Fairbanks. Dann schaltete er in den zweiten, und das Chassis rumpelte über die waschbrettartige Fahrbahn, Dreck flog auf, Steinchen schlugen gegen die Kotflügel wie Maschinengewehrsalven, und sie rasten am Three Pup vorbei, ehe Pamela auch nur anfing zu glauben, daß er ihrer Frage auswich. »Hast du deinen Anruf erledigt?« brüllte er durch das Getöse.
    »Es war niemand im Laden«, sagte sie, und die harte Federung der gnadenlosen Sitze verfälschte ihre Worte zu einem zittrigen Vibrato. Er fuhr immer noch nicht langsamer, der Tacho stand auf hundertdreißig, und das auf einer Straße, die auch beim halben Tempo kaum sicher zu nennen war, und was hatte er eigentlich vor, ihr Ehemann mit den breiten Pranken, dem buschigen Haar und dem ins Profil eingeschweißten Grinsen, der die Schokolade im Mundwinkel kaute? Wollte er sie beeindrucken wie ein Teenager, der seine Freundin mit der aufgemotzten Karre seines Vaters abholte? Spielte er für sie den pubertären Macker, war es das, oder war er nur einfach höllisch gut drauf? Aber egal, was der Grund war, er würde den Wagen zerlegen, wenn er nicht langsamer fuhr – oder sie beide umbringen. Sie ergriff seinen Arm. »Sess«, sagte sie. »Sess, fahr doch endlich langsamer.«
    Abrupt fiel der Tachometer auf fünfundsechzig, und Sess drehte sich grinsend zu ihr. »Gefällt’s dir?« fragte er, im Mund lauter Schaum aus Schokolade und Spucke, der seine Vorderzähne bedeckte, so daß er aussah wie ein grimassierender Fernsehkomiker, wie Red Skelton oder irgendwer. Es lag etwas Wildes in seinem Blick, ein Brodeln der Gefühle, das sie noch nie bei ihm bemerkt hatte, und sie rief sich ins Gedächtnis, daß sie ihn immer noch entdeckte – schließlich waren das hier ihre Flitterwochen. Er war ihr Mann, und sie liebte ihn, doch wie gut kannte sie ihn nach nur zwei Wochen?
    Sie erwiderte sein Grinsen und drückte sein Handgelenk, das auf dem Schaltknüppel lag, während die Reifen auf die Straße schlugen und die Straße zurückschlug. »Klar, nette Kiste. Nur hat sie weder Rücksitz noch Kofferraum, also wie sollen wir ...«
    »Die Hunde, meinst du? Ach, die schnallen wir auf dem Dach fest.« Er trat kurz aufs Gas, der Wagen schoß mit einem Ruck vorwärts und fiel dann wieder leicht zurück, als er den Druck verringerte. Er grinste immer noch, und sie wollte gerade ihre Frage wiederholen – »Woher hast du den Wagen?« –, als ihr auffiel, daß im Zündschloß gar kein Schlüssel steckte, da war nur ein blitzender leerer Schlitz, der sie anstarrte wie ein blindes Auge. Und weiter unten, unter der Lenksäule, hing eine Art Stecker in einem Bündel loser Kabel.
    Ein Augenblick verstrich, das Gestrüpp flog zu beiden Seiten vorbei, die Bäume knatterten wie Fahnen in einer steifen Brise. Dann fischte er etwas unter dem Sitz hervor, den Kopf schief gelegt, um die Straße mit einem Auge im Blick zu behalten. »Hier«, sagte er, setzte sich wieder gerade und hielt ihr eine Dose Oly hin, »ich bin dir schon etwas voraus, und du hast doch gesagt, wir könnten uns heute ruhig jeder ein Bier gönnen.« Er klemmte sich eine zweite Dose zwischen die Oberschenkel und mühte sich mit dem Verschluß ab, dabei kam der Wagen kurz ins Schleudern, fing sich jedoch gleich wieder.
    Sie nahm das Bier, machte es auf und trank einen Schluck. »Du bist betrunken, liegt es daran? Benimmst du dich deswegen so seltsam?«
    Sein Grinsen war verflogen, als er unter dem Sitz gewühlt hatte, jetzt aber kam es zurück, breiter als zuvor. »Zum Teufel, nein, Pamela – ich meine, zwei Bier und ein Schokoriegel auf fast leeren Magen. Ich fühl mich einfach gut, sonst nichts. Fühl mich super. Einfach Spitze.«
    Sie hielt das Bier im Schoß und sah ihn forschend an. »Wo hast du den Wagen her, Sess?«
    Er blickte starr geradeaus, das Grinsen war auf seinen Lippen erstarrt. Er zuckte die Achseln, sah sie aber nicht an. »Von sonstwo.«
    »Ach so?« sagte sie und fand es nicht mehr lustig, nicht im geringsten. Es war ein Verbrechen, das war es. Unverantwortlich. Und falsch. »Und wieso steckt kein Zündschlüssel drin? Und was soll dieser

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