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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Stimme. »Wir sind eine Rock-Band. Große Tournee oben in Alaska, die stehen da volles Rohr auf uns – also, nicht daß wir nicht auch gern mal für euch Kanadier spielen würden, aber das muß bis zum nächstenmal warten. Wir sind ausgebucht, verstehst du, was ich meine?«
    Einer nach dem anderen hörten die Leute auf zu singen, weil sie gemerkt hatten, daß vorn irgend etwas los war. Star beugte sich vor. Marco versank in seinem Sitz.
    » Was für eine Band?« rief Norm ungläubig aus. »Du meinst, du kennst uns nicht?«
    Der Mann im Regenmantel schüttelte den Kopf. Jetzt konnte Star sein Gesicht sehen – er grinste. Sie sah seine Zähne aufblitzen, und sein Gesicht war so rot, als hätte er schon die ganze Zeit über die Luft angehalten.
    »O Mann, ich pack das nicht«, sagte Norm, dabei warf er einen Blick den Mittelgang entlang und grinste sie an, »ich pack das einfach nicht. Aber ich geb dir einen Tip«, sagte er. »›Sugar Magnolia‹?, ›Truckin‹?, ›Friend of the Devil‹? Sagt dir alles nichts? O Mann, ich pack das nicht. Na schön, Premstar, dann sag du’s ihm ...«
    Ihr dünnes Flötenstimmchen: »The Grateful Dead.«
    Der Mann in der gelben Jacke grinste immer noch, und jetzt grinste Norm zurück, als wäre es eine Art Wettbewerb. »Du hast doch schon von uns gehört, stimmt’s?«
    »O ja«, sagte der Mann, etwas gedämpft durch den gelben Regenhut, »sicher doch, ja, ich hab von euch gehört.«
    »Also, ich geb dir gern ein Autogramm, Mann. Kein Problem«, sagte Norm, streckte die Hand aus, und der Mann schlug ein.
    Dann sagte er etwas, was Star nicht verstand, worauf Norm sich umdrehte und nach hinten blickte. »Okay, Leute, würdet ihr bitte diesem Herrn hier eine Minute lang eure Aufmerksamkeit widmen? Er möchte nur jeden fragen, ob ihr alle die amerikanische Staatsangehörigkeit habt, ja? Ist das okay?«
    Und nun kam der Mann im Regenmantel den Gang entlang, rotgesichtig und grinsend, und Star sah, daß er schon älter war – graue Haare an den Schläfen –, sogar älter als Norm. Er wollte keinen Ärger. Er wollte gar nichts, außer vielleicht möglichst rasch wieder aus dem Bus raus und zurück in sein Häuschen. »Amerikanischer Staatsbürger?« fragte er. »Amerikanerin?« Jeder sagte dazu ja, und dann fragte er, nur der Abwechslung halber, auch mal: »Geburtsort?«, und die Leute antworteten Buffalo, San Diego, Charleston, Staten Island, Kansas City, Hornell. Sie beobachteten sein Gesicht, als er den Gang entlangkam, und sie beobachteten seine Schultern, als er wieder zurückging. Che und Sunshine schliefen weiter. Auch die Hunde hoben nicht mal die Köpfe.
    Als er die Stufen hinabstieg, gab es verhaltenes nervöses Gelächter, das sich zu einem unbezähmbaren Sturm von Juchzern und Jubelrufen und wieherndem Kreischen steigerte, sobald die Tür zuflappte und Norm den Bus in Gang setzte, um in Richtung der Lichter Kanadas davonzubrausen. Nur Star blickte noch einmal zurück. Das letzte, was sie sah, war Lester, der sich über den Lincoln beugte, und einen Mann in gelber Regenjacke, der ihn abtastete.

20
    Obwohl sie den Bus mit Bleifuß vierundzwanzig Stunden pro Tag quer durch Kanada trieben, dann über die unendlichen Weiten aus aufspritzendem Schotter, die sich Alaska Highway nannten, und obwohl sie nur zum Tanken und für die körperlichen Bedürfnisse von einunddreißig Klaustrophobikern anhielten, machte das alte Gefährt nicht schlapp. Nach Marcos Zählung hatten sie dreimal eine Panne, die erste knapp vor Prince George, die zweite an der höchsten Stelle des Muncho Pass und dann noch eine mitten in der Wildnis, aber Mendocino Bill und Tom Krishna zeigten sich jedem Problem gewachsen, und sie lagen nie länger als ein bis zwei Stunden fest. Die Leute spielten Karten, lasen, hingen herum, klimperten auf der Gitarre. Sie vögelten unter einer Decke, reichten Becher mit Kaffee, Coca-Cola und Kräutertee herum, von Sitz zu Sitz und Reihe zu Reihe, kifften was, nickten ein, wachten wieder auf und nickten von neuem ein. Norm schlief fast überhaupt nie. Und wenn, dann hing er über einer der Sitzbänke, als hätte man ihm die Knochen herausgerissen. Marco und Alfredo lösten ihn am Lenkrad ab und schroteten durch eine Landschaft, deren Eintönigkeit einem in den Augen weh tat. Sogar Pan sprang einmal ein, ließ Star den Studebaker fahren und trat den Bus durch die letzten Stunden vor Morgengrauen, als niemand sonst die Augen offenhalten konnte. Sie trafen weder Mounties noch

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