Drop City
schließlich sein Job, das tat er hier draußen, nicht viel anders als Sess Harder oder Joe Bosky oder irgendein anderer Nordlandtyp. Und wer war er? Er war Pan, der Pan des Nordens, und Nanuk den Eskimo konnte man getrost vergessen.
Dank der Strömung dauerte es nicht länger als eine Viertelstunde bis zu Harders Haus am Zusammenfluß von Thirtymile und Yukon, und Ronnie entdeckte auch prompt Sess und seine Alte, die gemeinsam einen Baumstamm zurichteten, da sie offenbar ihr Blockhaus zum Fluß hin erweitern wollten. Er schwang die Pinne scharf nach rechts und lenkte so das Boot in Richtung des Ufers, weil er Sess kurz fragen wollte, ob sie irgendwas aus dem Ort brauchten, ein völlig normaler Akt der Höflichkeit hier draußen, so etwas hätte jeder getan, außerdem nutzte Ronnie sowieso praktisch jede mögliche Ausrede, um mit diesem Mann einfach nur zu reden , um vor ihm zu sitzen und ihn auszuquetschen, über Hechtfallen und Treibnetze und die beste Methode zum Räuchern und Pökeln einer Ente.
»Was hast du denn jetzt vor?« Verbie lehnte sich in die Kurve, der Wind zauste ihr kurzes rotes Haar. Sie versuchte sich umzudrehen, um ihm Paroli zu bieten, aber sie hatte Angst, aus dem Boot zu kippen.
Pan schnupperte in die Luft, genoß den Geruch des Flusses, den der Wind herantrug. Das Boot schoß dahin. Pan würdigte sie keiner Antwort.
»Wir haben keine Zeit für so was, Pan. Ronnie . Komm schon. Du weißt genau, wie schwer es wird, diesem kleinen Scheißer von Ladenbesitzer was rauszuleiern, der wegen der Essensmarken letztesmal fast einen Anfall gekriegt hat, und dann müssen wir die Post holen und das alles und morgen abend zurück sein – und dabei können wir nur hoffen , daß Lydia und Harmony auch wirklich in Fairbanks waren, um das Fensterglas und die Batterien und was weiß ich noch alles zu holen.«
»Hey, das hier ist Alaska , Verbs«, sagt er, während er den Motor abschaltete und das Boot mit dem Rest des Schwungs ans Ufer gleiten ließ. »Diese Leute sind unsere Nachbarn. Ich meine, ich will sie doch nur fragen, ob sie was brauchen – glaubst du nicht, daß sie dasselbe für uns machen würden?«
»Nein«, sagte sie, »nein, das würden sie nicht. Nicht wenn ihre Mutter im Sterben läge und vierundzwanzig andere Menschen von ihnen abhingen und sie noch vor dem Winter drei Häuser und eine Versammlungshalle hochziehen müßten ...«
Sie war echt eine Nervensäge. Eine geborene Nervensäge. Wie Alfredo. Wie Reba. Das waren eben die Freuden des Kommunelebens. »Fünf Minuten«, sagte Pan. »Ich schwör’s.«
Sess hob kaum den Kopf, als das Boot bei ihm anlegte. Pamela und er hatten gerade einen Stamm aufgelegt, die Wand war bereits brusthoch, und er glättete jetzt das Holz mit einem Zugmesser, die flachen Späne flogen unter seinen Händen davon wie schwärmende Insekten. Er trug ein altes Thermohemd mit abgerissenen Ärmeln, seine geflickten Jeans und Arbeitsstiefel, und das Hemd hatte er schon so oft durchgeschwitzt, daß es an eine Batikarbeit erinnerte, in acht zunehmend blasseren – und duftigeren – Gelbschattierungen. Die Haare hingen ihm in die Augen und ringelten sich in seinem Nacken und über die Ohren, es war fast lang genug für einen Hippie. Und sein Rasiermesser strapazierte er auch nicht übermäßig, wie man sah.
Ronnie band das Boot fest und sprang ans Ufer, Verbie kletterte hinter ihm über das Dollbord und holte sich nasse Füße, und jetzt blickte die Frau auf und winkte. Sie trug schmutzige Jeans und ein Holzfällerhemd, das ihr drei Nummern zu groß war, das Haar hatte sie sich zum Pferdeschwanz gebunden, und ihre nackten Arme waren mit Schmiere oder vielleicht auch Schlamm bedeckt. Wenn Sess der Originaldropout war – Sess Harder, der Mann der Berge –, dann war sie immerhin schon auf dem besten Wege dorthin, von der Collegekönigin zur Pionierin und Ehegefährtin, die Fische ausnahm und schuppte und Gänse und Enten rupfte. War das Leben nicht wunderschön?
Die Hunde belferten, rissen an ihren Ketten, reckten die Schnauzen gen Himmel. Hinten lag der Garten, rund tausend Quadratmeter Kürbisse, Erbsen und was nicht noch alles, Tomaten in einem Gewächshaus, das aus schlichter Plastikfolie über einem Weidenholzrahmen bestand, und rechts davon das Vorratslager, eine kleine Hütte auf Pfählen, knapp drei Meter über der Erde, zum Aufbewahren von Fleisch im Winter. Sess hatte zusammengedrückte Öldosen rund um die vier Pfosten genagelt, um Wiesel und diverse
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