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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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rauskriegen würde? Sie fühlte sich zufrieden. Oder nein: sie war verwirrt. Denn seit ihrer Hochzeit ließ er sie zum erstenmal allein, es war das erste von Hunderten von künftigen Malen und noch Hunderten danach, und er verlangte von ihr schlicht und einfach, daß sie dasaß und auf ihn wartete, und außerdem hatte sie verdammt noch mal dafür zu sorgen, daß der Fleischtopf auf dem Ofen stand und das Fell sauber abgeschabt war, wenn er zurückkam. Sie erschlug einen Moskito auf dem Oberarm, was einen Abdruck ihrer mit Bärenblut befleckten Hand hinterließ. Sie wedelte sich die Fliegen aus dem Gesicht. War es wirklich das, was sie wollte?
    Das Ulu kratzte, die Fliegen stoben auf und ließen sich nieder. Sonst gab es keinen Laut auf dieser Welt. Sie bearbeitete die Bärenhaut aus reiner Trägheit, weil sie nichts Besseres zu tun hatte, schabte wie in Trance, und erst als das Kanu am Horizont auftauchte, kam sie wieder zu sich. Sie sah es schon aus einem knappen Kilometer Entfernung, weil sie das fasrige rote Fleisch und die weißen Sehnen der Haut nur eine gewisse Zeit betrachten konnte, ehe sie den Blick in die Unendlichkeit heben mußte und sich davonträumte, und da war dieser Aluminiumpfeil, der im gleißenden Sonnenlicht auf der Strömung dahinhüpfte, mit zwei Menschen darin – zwei Frauen –, die sich in die Paddel stemmten. Pamela wischte sich die Hände an einem dreckigen Lappen ab, versuchte irgendwie, ihr Haar in Ordnung zu bringen. Es war Star – das konnte sie jetzt sehen –, Star mit Merry, beide trugen Umhänge und breitkrempige Wildlederhüte, und sie manövrierten das verbeulte silberfarbene Kanu durchs Wasser, als hätten sie das schon ihr halbes Leben lang getan. Sie sah zu, wie sie die Kurve zum Ufer nahmen, dann hob sie die Hand zum Gruß und ging ihnen entgegen.
    Star trällerte ihren Namen, als der Kanu knirschend auf den Kies fuhr und Merry hinaussprang, um es festzumachen. »Wir dachten, wir kommen mal rüber und versüßen dir den Tag – klingt doch nett, oder?« rief Star hinüber, kletterte aus dem Kanu und schwenkte eine große Weinflasche wie eine Trophäe. »Die Mädchen machen einen drauf!«
    Sess war weg. Das Bärenfell war ein zusammensackendes, stinkendes und schmieriges Gewirr aus rohem Fleisch und Insekten, und im Blockhaus herrschte ein Gestank wie im Schlachthaus. Der Winter lauerte gleich um die Ecke – es waren gerade mal zwölf Grad in der Sonne –, und sie war voll des Selbstmitleids, hatte gerade begonnen, sich elend und ausgeschlossen zu fühlen, da kamen zu ihrer Rettung diese zwei Freundinnen. Sie nahm die Flasche aus Stars Händen entgegen, schraubte den Verschluß ab, führte sie an die Lippen, und es war, als würde der süße Geschmack direkt in die Adern fließen. Arm in Arm in Arm stapften sie dann zu dritt die Böschung hinauf. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich über euren Besuch bin«, sagte Pamela.
    Als sie den Picknicktisch erreichten, blieb Merry wie angewurzelt stehen. »Mein Gott, was ist denn das?« fragte sie. »Ist das ein Bär? Ein Grizzlybär?« Merry war immer leicht weggetreten, sie hatte etwas von einem naiven Kinderstar an sich, und sie wirkte hier in der freien Natur unsagbar verloren und fehl am Platz. Jeder verrückte Kauz, Nordland-Schlauberger und Freizeitjäger im Three Pup hatte ihr die üblichen Horrorgeschichten über Grizzlys eingeflüstert – wie sie Sexualpheromone und menstruierende Frauen meilenweit riechen konnten, wie stark und unerschrocken sie waren, wie zerfetzte Leichen ihren Weg pflasterten –, und jetzt schrak sie vom Tisch zurück, als könnte das Fell wieder zum Leben erwachen und sie in eine mörderische Umarmung schließen.
    »Das ist ein Schwarzbär. Ein Weibchen. Sess hat sie gestern abend hier im Garten erwischt.«
    »Wow. Ist ja irre. Und was machst du jetzt daraus, ein Bärenfell als Teppich?«
    »Klar, was denkst du denn?« bemerkte Star und goß sich auch einen Schluck hinter die Binde. Pamela und Merry sahen ihr zu, sahen etwas verschütteten Wein in blutroten Bahnen ihren Arm hinunterlaufen. Star wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und hielt Pamela die Flasche hin. »Vielleicht sollten wir uns ein paar Becher besorgen und die Sache etwas damenhafter angehen«, sagte sie, und alle drei brachen in Gelächter aus.
    »Ein Bärenfell«, sinnierte Merry, »das ist echt cool, ich meine, vor allem hier im Norden – aber was ist mit dem Rest, also mit dem ganzen Tier, das gestern noch da

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